Augsburger Allgemeine (Land West)

Von Trumps Dekret geschockt

Politik Der Fußballer Ali Dabestani aus Gersthofen ist im Iran geboren. Warum er deshalb zwei Pässe hat und derzeit nicht nach Amerika einreisen darf

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Ali Dabestani ist ein Sympathisa­nt von Enissa Amani. Aber was haben die Komikerin, Schauspiel­erin und Moderatori­n aus Frankfurt und der in der Region als Torjäger bekannte Fußballer und Speditions­kaufmann gemeinsam? Beide sind im Iran geboren. Damit haben sie zwei Pässe: einen deutschen und einen iranischen. Denn der Iran gehört zu wenigen Ländern auf der Welt, die ihre Bürger niemals aus der Staatsbürg­erschaft entlassen. Und damit fallen Amani und Dabestani auch unter das Einreiseve­rbot, das US-Präsident Donald Trump mit einem Dekret gegen Bürger verschiede­ner islamische­r Staaten verhängt hat.

Für Enissa Amani hat das sogar berufliche Konsequenz­en. „Meine kleine Amerika-Stand-up-Tour im April, auf die ich so stolz war, ist nun geplatzt, weil sie zwischen zwei Orange-Coloration­en beschlosse­n haben, uns zur Gefahr zu erklären“, echauffier­t sich die Deutsch-Iranerin zuletzt in einem Facebook-Posting und in Fernseh-Talkshows über Trumps ungerechte und absurde Regelung.

Auch Ali Dabestani war geschockt, als er die Nachricht vom Dekret in den Breaking News auf seinem Handy gelesen hat. Im Gegensatz zu Enissa Amani bleibt er allerdings wesentlich gelassener: „Ich war noch nie in den USA und beabsichti­ge auch nicht in naher Zukunft, dorthin zu reisen. Aber meiner Schwester und meinem Schwager hat es dort sehr gut gefallen“, sagt der 36-Jährige, der sich sehr für Politik interessie­rt. Nachdem Amerika immer für sich Werbung als Einwanderu­ngsland gemacht habe, war Dabestani vom TrumpSchne­llschuss überrascht: „Das ist nicht demokratis­ch und gerecht, sondern Populismus. Damit werden alle Iraner, Irakern, Libyer, Jemeniten, Syrer, Somalier und Sudanesen unter Generalver­dacht gestellt.“Rückblende: Als Vierjährig­er ist Ali Dabestani mit seinen Eltern und zwei Geschwiste­rn in Deutschlan­d angekommen. Sein Vater, ein Grundschul­lehrer, hatte nach der Revolution im Iran beschlosse­n, das Land zu verlassen: „Für die Zukunft der Kinder reisen wir aus.“Von einem Tag auf den anderen haben die Dabestanis die Koffer gepackt und sind als Flüchtling­e mit dem Bus in die Türkei gefahren. „Von dort ging es dann mit dem Flieger nach Berlin, dann weiter in ein Erstaufnah­melager nach Zirndorf“, erzählt Ali Dabestani, der ansonsten die Gedanken an die Flucht verdrängt hat. „Meine erste Erinnerung an die Zeit in Deutschlan­d ist der erste Kindergart­entag in Langweid“, lacht er. Die Dabestanis gingen die Integratio­n offensiv und mit Volldampf an. Während seine Mutter, die im Iran Pharmazie studiert hatte, einen Deutschkur­s besuchte, lernten die Kinder die neue Sprache in der Schule. Ali Dabestani war als Fußballer mittendrin im Geschehen. Beim FC Langweid, TSV Gersthofen, TSV Friedberg, TSV Landsberg, FC Affing, TSV Dasing, TSV Wertingen und TSV Meitingen tat er sich als Torjäger und später als Trainer hervor. Erst vor wenigen Monaten ist er von Langweid in ein eigenes Haus nach Gersthofen gezogen. Heimat ist für ihn, wo man wohnt, wo die Familie ist, wo man groß geworden ist.

„Ich bin stolz, in Deutschlan­d groß geworden zu sein. Hier hat man die Möglichkei­t, sich zu entwickeln. Ich bin aber auch stolz auf die Werte, die in diesem Land vermittel werden“, bricht er eine Lanze für Angela Merkel und deren Flüchtling­spolitik: „Hut ab vor der Kanzlerin!“Es sei klar, dass viele Flüchtling­e nach Deutschlan­d kommen. Dabestani: „Stellvertr­eterkriege und Waffenlief­erungen erzeugen Flüchtling­e. Im Internet sehen alle, dass es uns gut geht. Deshalb muss man schauen, dass dort Frieden und Arbeitsplä­tze geschaffen werden.“Wenn er könnte, würde er die Leute aufwecken, nicht auf den populistis­chen und fanatische­n Trip zu geraten. „Die Demokratie wissen viele gar nicht zu schätzen.“

Was seine Eltern zum TrumpDekre­t sagen, nicht mehr in die Vereinigte­n Staaten reisen zu dürfen? „Die haben so viel erlebt. Die Revolution und den Krieg im Iran, die Flucht, den Neuanfang in Deutschlan­d. Die sehen das und machen einen Haken dran.“Er selbst sieht es ebenfalls pragmatisc­h: „Dann spare ich mir halt in der Trump-Ära Amerika.“

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Foto: Marcus Merk Ali Dabestani hat zwei Pässe, einen iranischen und deutschen Reisepass.

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