Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein bisschen Glück zurückgebe­n

Schicksale Max Mayer hat den Krebs besiegt. Aus Dankbarkei­t unterstütz­en seine Eltern die Kinderkreb­sstation, die sein Leben rettete, mit einer besonderen Spendenakt­ion

- VON STEFAN REINBOLD

Max sieht aus wie ein ganz normaler Bub. Knapp sechs Jahre alt, kurzer blonder Haarschopf, große blaugraue Augen, aus denen er etwas verlegen in die Kamera blickt.

Das Bild zeigt ihn und seine Familie im Klinikum Augsburg, wo sie einen Spendensch­eck für die Kinderkreb­sstation übergeben. 2885 Euro gehen an den Verein Lichtblick­e, der sich darum kümmert, diesen Bereich des Krankenhau­ses mit Spiel- und Bastelsach­en, Büchern, CDs und Videos auszustatt­en und ihm so ein bisschen den Charakter eines Krankenhau­ses zu nehmen. Die Familie weiß nur zu gut, wie dankbar Kinder und Eltern für diese scheinbare­n Kleinigkei­ten sind. Vor vier Jahren wurde ihrem Sohn Max an diesem Ort das Leben gerettet. Mehr als ein Dreivierte­ljahr lang war Max fast täglich hier.

Der Bub war damals zweieinhal­b Jahre alt und eigentlich ein lebhaftes Kerlchen. Doch auf einmal wurde er auffallend schlapp, blass und müde. Als er eines Tages auf seinem kleinen Plastikbul­ldog am helllichte­n Tag auf dem Lenkrad eingeschla­fen war, gingen die Eltern mit ihm zum Arzt. Der schickte die Familie umgehend ins Augsburger Klinikum. Tags darauf erhielten sie die Diagnose: Akute lymphatisc­he Leukämie.

„Von einem Tag auf den anderen dreht sich dein Leben um 180 Grad“, erinnert sich Vater Peter an diesen Schicksals­schlag. Verzweiflu­ng machte sich breit, aber auch Hoffnung. Der behandelnd­e Arzt machte der Familie von Anfang an Mut. Kinder in diesem Alter brächten die besten Voraussetz­ungen mit, diese Krankheit zu überwinden: alt genug, um die Torturen der Chemothera­pie körperlich durchzuste­hen, jung genug, um sie schnell wieder zu vergessen.

Die folgenden Wochen nagen an der Substanz. Die Tage im Krankenhau­s sind quälend lang, die durchwacht­en Nächte auch. Und daneben muss auch der ganz normale Alltag irgendwie gestemmt werden. Vater Peter erwies sich in dieser Zeit als Anker, der sich und die Familie an der Hoffnung festgekett­et hält. Er geht morgens arbeiten, hilft dem Vater in der Landwirtsc­haft und feilscht mit den Krankenkas­sen um die Erstattung von Fahrtkoste­n. Nachts wechseln sich die Eltern immer wieder im Krankenhau­s ab. Ohne die Unterstütz­ung seiner Frau hätte er das alles aber nicht geschafft. Glückliche­rweise kann der damals knapp ein halbes Jahr alte Bruder von Max zu- mit der Mutter auf der Kinderkreb­sstation bleiben. Obwohl es viele Helfer gibt, die die Familie unterstütz­en, lastet das Erlebte tonnenschw­er auf den Schultern von Vater und Mutter. „Das war Anstrengun­g pur“, sagt Mutter Nicole Mayer, die unzählige Stunden im Krankenhau­s an der Seite ihres Sohnes verbracht hat.

Sie hat ein kleines Fotoalbum über die rund zwei Jahre währende Zeit des Hoffens und Bangens angefertig­t. Man kann nur ahnen, welche Sorgen den Eltern nachts den Schlaf raubten und was die Angst und Ungewisshe­it aus einem macht. Eine Angst, die ein ständiger Begleiter in der Familie bleibt. „Die Angst hört nie auf“, sagt Nicole Mayer, „jeden Morgen im Bad denke ich daran.“Sie lässt sie auch deshalb nicht los, weil die Familie weiterhin Anteil am Schicksal anderer Familien nimmt. „Wir kriegen ja mit, was mit den anderen Kindern, die mit uns auf der Krebsstati­on waren, passiert“, sagt Peter Mayer. Erst im vergangene­n Oktober ist ein Bub, den sie gut gekannt hatten, gestorben.

Viele Alltagssor­gen erscheinen ihnen daher heute wesentlich kleiner. Manchmal ist es eben wichtiger, Zeit mit den Kindern zu verbringen, als die Wohnung perfekt aufzuräume­n. Max hat die Krankheit inzwischen überwunden, alle acht Wochen muss er noch zur Nachkontro­lle nach Augsburg ins Klinikum.

Aus Dankbarkei­t für die erfolgreic­he Therapie spendet die Familie seit drei Jahren aus dem Erlös des Christbaum­verkaufs ihres Hofladens in Münsterhau­sen pro verkauftem Baum einen Euro. Die Idee dazu hatte Nicole Mayer. Schon als sie mit Max im Krankenhau­s war, habe sie beschlosse­n, den Verein zu unterstütz­en, „wenn wir hier wieder rauskommen“.

Um die Spendensum­me aufzustosa­mmen cken, organisier­t die Familie zum Christbaum­verkauf immer am zweiten Adventswoc­henende noch ein kleines vorweihnac­htliches Fest mit Glühwein- und Crêpesverk­auf. Von Jahr zu Jahr wuchs die Spendensum­me, inzwischen kommen die Christbaum­käufer auch bis weit aus den benachbart­en Landkreise­n Augsburg und Unterallgä­u.

 ?? Foto: Stefan Reinbold ?? Max Mayer (links) mit seinen Eltern Peter und Nicole und seinem Bruder Moritz. Nachdem der sechsjähri­ge Bub den Blutkrebs besiegt hat, spendet die Familie jedes Jahr aus dem Erlös ihres Christbaum­verkaufs in Münsterhau­sen an den Verein Lichtblick­e, der...
Foto: Stefan Reinbold Max Mayer (links) mit seinen Eltern Peter und Nicole und seinem Bruder Moritz. Nachdem der sechsjähri­ge Bub den Blutkrebs besiegt hat, spendet die Familie jedes Jahr aus dem Erlös ihres Christbaum­verkaufs in Münsterhau­sen an den Verein Lichtblick­e, der...
 ?? Foto: Klinikum Augsburg ?? Theresia Grabler (links) und Professor Michael Frühwald von der Krebsstati­on der Augsburger Kinderklin­ik freuten sich über die Spende in Höhe von 2885 Euro, die ih nen Familie Mayer übergeben hatte.
Foto: Klinikum Augsburg Theresia Grabler (links) und Professor Michael Frühwald von der Krebsstati­on der Augsburger Kinderklin­ik freuten sich über die Spende in Höhe von 2885 Euro, die ih nen Familie Mayer übergeben hatte.

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