Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein bisschen Glück zurückgeben
Schicksale Max Mayer hat den Krebs besiegt. Aus Dankbarkeit unterstützen seine Eltern die Kinderkrebsstation, die sein Leben rettete, mit einer besonderen Spendenaktion
Max sieht aus wie ein ganz normaler Bub. Knapp sechs Jahre alt, kurzer blonder Haarschopf, große blaugraue Augen, aus denen er etwas verlegen in die Kamera blickt.
Das Bild zeigt ihn und seine Familie im Klinikum Augsburg, wo sie einen Spendenscheck für die Kinderkrebsstation übergeben. 2885 Euro gehen an den Verein Lichtblicke, der sich darum kümmert, diesen Bereich des Krankenhauses mit Spiel- und Bastelsachen, Büchern, CDs und Videos auszustatten und ihm so ein bisschen den Charakter eines Krankenhauses zu nehmen. Die Familie weiß nur zu gut, wie dankbar Kinder und Eltern für diese scheinbaren Kleinigkeiten sind. Vor vier Jahren wurde ihrem Sohn Max an diesem Ort das Leben gerettet. Mehr als ein Dreivierteljahr lang war Max fast täglich hier.
Der Bub war damals zweieinhalb Jahre alt und eigentlich ein lebhaftes Kerlchen. Doch auf einmal wurde er auffallend schlapp, blass und müde. Als er eines Tages auf seinem kleinen Plastikbulldog am helllichten Tag auf dem Lenkrad eingeschlafen war, gingen die Eltern mit ihm zum Arzt. Der schickte die Familie umgehend ins Augsburger Klinikum. Tags darauf erhielten sie die Diagnose: Akute lymphatische Leukämie.
„Von einem Tag auf den anderen dreht sich dein Leben um 180 Grad“, erinnert sich Vater Peter an diesen Schicksalsschlag. Verzweiflung machte sich breit, aber auch Hoffnung. Der behandelnde Arzt machte der Familie von Anfang an Mut. Kinder in diesem Alter brächten die besten Voraussetzungen mit, diese Krankheit zu überwinden: alt genug, um die Torturen der Chemotherapie körperlich durchzustehen, jung genug, um sie schnell wieder zu vergessen.
Die folgenden Wochen nagen an der Substanz. Die Tage im Krankenhaus sind quälend lang, die durchwachten Nächte auch. Und daneben muss auch der ganz normale Alltag irgendwie gestemmt werden. Vater Peter erwies sich in dieser Zeit als Anker, der sich und die Familie an der Hoffnung festgekettet hält. Er geht morgens arbeiten, hilft dem Vater in der Landwirtschaft und feilscht mit den Krankenkassen um die Erstattung von Fahrtkosten. Nachts wechseln sich die Eltern immer wieder im Krankenhaus ab. Ohne die Unterstützung seiner Frau hätte er das alles aber nicht geschafft. Glücklicherweise kann der damals knapp ein halbes Jahr alte Bruder von Max zu- mit der Mutter auf der Kinderkrebsstation bleiben. Obwohl es viele Helfer gibt, die die Familie unterstützen, lastet das Erlebte tonnenschwer auf den Schultern von Vater und Mutter. „Das war Anstrengung pur“, sagt Mutter Nicole Mayer, die unzählige Stunden im Krankenhaus an der Seite ihres Sohnes verbracht hat.
Sie hat ein kleines Fotoalbum über die rund zwei Jahre währende Zeit des Hoffens und Bangens angefertigt. Man kann nur ahnen, welche Sorgen den Eltern nachts den Schlaf raubten und was die Angst und Ungewissheit aus einem macht. Eine Angst, die ein ständiger Begleiter in der Familie bleibt. „Die Angst hört nie auf“, sagt Nicole Mayer, „jeden Morgen im Bad denke ich daran.“Sie lässt sie auch deshalb nicht los, weil die Familie weiterhin Anteil am Schicksal anderer Familien nimmt. „Wir kriegen ja mit, was mit den anderen Kindern, die mit uns auf der Krebsstation waren, passiert“, sagt Peter Mayer. Erst im vergangenen Oktober ist ein Bub, den sie gut gekannt hatten, gestorben.
Viele Alltagssorgen erscheinen ihnen daher heute wesentlich kleiner. Manchmal ist es eben wichtiger, Zeit mit den Kindern zu verbringen, als die Wohnung perfekt aufzuräumen. Max hat die Krankheit inzwischen überwunden, alle acht Wochen muss er noch zur Nachkontrolle nach Augsburg ins Klinikum.
Aus Dankbarkeit für die erfolgreiche Therapie spendet die Familie seit drei Jahren aus dem Erlös des Christbaumverkaufs ihres Hofladens in Münsterhausen pro verkauftem Baum einen Euro. Die Idee dazu hatte Nicole Mayer. Schon als sie mit Max im Krankenhaus war, habe sie beschlossen, den Verein zu unterstützen, „wenn wir hier wieder rauskommen“.
Um die Spendensumme aufzustosammen cken, organisiert die Familie zum Christbaumverkauf immer am zweiten Adventswochenende noch ein kleines vorweihnachtliches Fest mit Glühwein- und Crêpesverkauf. Von Jahr zu Jahr wuchs die Spendensumme, inzwischen kommen die Christbaumkäufer auch bis weit aus den benachbarten Landkreisen Augsburg und Unterallgäu.