Augsburger Allgemeine (Land West)
39:33 – Annett Jung ist Kreisbäuerin
Kampfabstimmung Die Sonderheimer Ortsbäuerin gewinnt das Duell gegen Ingrid Kratzer aus Hirschbach knapp. Auch die Farbe Rot spielte bei der Wahl im Landkreis Dillingen eine Rolle
„Ich gehe davon aus, dass ich es schaffe“, sagte Annett Jung noch vor Beginn der Veranstaltung gegenüber unserer Zeitung. Die ursprünglich aus Thüringen stammende Frau sollte recht behalten: Eine Stunde später verkündete Wahlleiter und Bezirksgeschäftsführer Markus Müller vom Bayerischen Bauernverband (BBV) das Endergebnis: Mit 39:33 Stimmen zog die 46-jährige Annett Jung aus dem Höchstädter Ortsteil Sonderheim am Donnerstagabend nur knapp an ihrer Konkurrentin Ingrid Kratzer, 54, aus Hirschbach vorbei.
Beide hatten sich im Vorfeld um das Amt der Kreisbäuerin beworben. Weitere Vorschläge blieben an diesem Wahlabend im Dillinger Landratsamt aus. Die scheidende Kreisbäuerin Hannelore Schmid gab noch umfangreichen Rückblick ihres Wirkens, bevor sie das „Feld räumte“. In einer jeweils vierminütigen Vorstellungsrunde zeigten beide Kandidatinnen nicht nur ihre Kompetenzen und Leistungen auf, sondern präsentierten Ideen, wie die Landwirtschaft in die Zukunft geführt werden kann. Annett Jung kam ohne Manuskript aus und sprach frei über ihre Visionen, während Ingrid Kratzer über ihre Zeit als stellvertretende Kreisbäuerin berichtete.
Von den 81 Wahlberechtigten waren 72 ins Landratsamt gekommen. Unter den anwesenden Frauen saßen auch drei Männer, die ihren Ortsverband kommissarisch aus Ermangelung einer Ortsbäuerin vertraten. „Einer muss verlieren“, zeigte sich Ingrid Kratzer aus Hirschbach nach ihrer Niederlage enttäuscht. Dass sie daraufhin alle Posten im Kreisvorstand ablehnte, war für einige Bäuerinnen im Saal unverständlich. Sie hätten sich ein Tandem aus „geballter Kompetenz“gewünscht.
Und noch eine Frage wurde am Rande der Wahlveranstaltung diskutiert: Haben sich Annett Jung und ihre neu gewählte Stellvertreterin Gabi Schmid (Donaualtheim) in Sachen Kleiderfrage im Vorfeld abgesprochen? Beide fielen in den Reihen der Frauen mit ihren leuchtenden Jacken auf. „Wenn man etwas werden will, muss man auffallen“, meinte Jung gegenüber unserer Zeitung. Es sei aber reiner Zufall gewesen, dass Gabi Schmid dieselbe Idee hatte.
Eugen Bayer, Kreisgeschäftsführer des BBV in Dillingen, hielt es für positiv, dass eine echte Wahl stattfinden konnte. In der Summe sei eine optimale weibliche Mannschaft für die nächsten fünf Jahre zusammengestellt worden. Der neuen Kreiseinen bäuerin Annett Jung stehen Gabi Schmid als Stellvertreterin sowie die Beisitzerinnen Pia Reile (Dillingen), Ramona Schweyer (Schwenningen), Maria Jäger (Gremheim), Marion Baur (Zöschingen) und Bettina Wengert (Unterbissingen) zur Seite.
Annett Jung, die 1993 nach Sonderheim zog, bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann 70 Hektar – Schwerpunkt Ackerbau und Bullenmast. Auf dem Hof betreiben sie zudem ein Hackschnitzelwerk und führen seit drei Jahren ein Gästehaus mit drei Ferienwohnungen.
Jung will in ihrem neuen Amt die Rolle der Frau im Bauernverband stärken: „Wir dürfen die Themen der Zukunft nicht den Männern überlassen.“Wenn es um den enormen Landverbrauch, den Hochwasserschutz oder den Bau der B16 in Höchstädt geht, will sie mitreden und mitgestalten.