Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein altes Haus unein Neubauprojekt
Bürgerentscheid Bleibt die Strasser-Villa im Gersthofer Stadtzenerhalten oder muss sie weichen, damit ein Gebäudekomplex mit Einzelhandel, Wohnungen und Praxen entstehen kair beantworten Fragen, die sich den Wählern stellen
Gersthofen
Am Sonntag in einer Woche endet Gersthofens erster Bürgerentscheid. Schon seit 10. Januar können mehr als 16700 Gersthofer per Post abstimmen, am 12. Februar haben zusätzlich noch zwei Wahllokale geöffnet. Doch worum geht es genau? Hier versuchen wir noch einmal, die wichtigsten Fragen zu klären.
Worüber wird abgestimmt?
Über den Verbleib der Strasser-Villa und des dazugehörigen Grundstücks im Besitz der Stadt Gersthofen. Der Stadtrat will beides an den Unternehmer Peter Pletschacher veräußern. Dieser will die Villa abreißen, weil sie seinen Plänen für den Wohn- und Geschäftskomplex Goldene Mitte im Weg ist.
Wer ist gegen den Abriss?
Die aus mehreren Familien bestehende BI „Werte erhalten, Neues gestalten“um den früheren Bürgermeister Siegfried Deffner hat rund 2000 Unterschriften gesammelt und so einen Bürgerentscheid erzwungen. Unterstützt werden sie von acht Stadträten: der kompletten Gruppierung Pro Gersthofen, Angehörigen der SPD/Grünen-Fraktion sowie der FW-Fraktion.
Und wer ist dafür?
Die Mehrheit des Stadtrates mit Bürgermeister Michael Wörle an der Spitze. Im Einzelnen sind dies die Fraktionen von CSU und WIR sowie Angehörige der Fraktionen von FW und SPD/Grünen. Sie sind bereit, die Villa zu opfern, weil sie Pletschachers Bauvorhaben für einen Fortschritt für die Gersthofer Innenstadt halten.
Die Villa ist eines der wenigen erhaltenen alten Gersthofer Gebäude. Steht sie eigentlich unter Denkmalschutz?
Nein. Zwar stimmt es, dass so gut wie keine älteren Gebäude in Gersthofen erhalten sind. Die Villa wurde laut einer im Terrazzoboden verewigten Jahreszahl 1922 errichtet. Sie hat ihren Namen von der Familie Strasser, die sowohl die ersten Hausherren stellte, als auch eine Brauerei in Gersthofen führte. In ähnlichem Baustil wie die Villa ist auf der gegenüberliegenden Seite der Bahnhofstraße der Gasthof Strasser gehalten. Später wurde die Villa als Arztpraxis genutzt. Davon ist aber heute nichts mehr zu sehen. Seit vielen Jahren ist nach einer aufwendigen Sanierung vor 20 Jahren, die 700 000 Mark verschlang, das städtische Kulturamt dort untergebracht.
Was ist eigentlich das Gersthofer Loch, von dem so oft die Rede ist?
Dabei handelt es sich um das knapp 7000 Quadratmeter große Areal zwischen Schul- und Donauwörther Straße. Es gehört bereits Peter Pletschacher und liegt brach, seit der Geschäftsmann das erste Mal mit seinen Plänen gescheitert ist. Er hat auch das davor liegende Kirnerhaus an der Ecke Bahnhof-/Schulstraße gekauft und will nun noch die Strasser-Villa.
Und ohne die kann er nicht bauen?
Doch. Das könnte er schon. Pletschacher hat aber mehrfach betont, dass er das nicht will, weil er mit dem Grundstück der Villa eine bessere und schönere Lösung hinbekommt. Die Kritiker sagen dagegen, dem Dasinger Geschäftsmann gehe es nur ums Geld, was Pletschacher wiederum zurückweist. Sein Argument: In diesem Falle hätte er schon längst gebaut.
Was genau ist eigentlich geplant?
Entstehen soll nach dem bisherigen Konzept von Peter Pletschacher und seinem Architekten Klaus Kehr- baum ein Gebäudekomplex Wohnungen, Praxen und Büros s wie Einzelhandel. Das Investitio volumen soll dafür bis zu 40 Mill nen Euro betragen.
Und das braucht man in Gersth fen?
Genau das bezweifeln die Kritik Sie befürchten, dass dem bestehe den Einkaufscenter City-Center, schräg gegenüberliegt, das Was abgegraben wird. Allerdings erg ein Einzelhandelsgutachten im J 2008, dass im Gersthofer Stadtze trum noch Bedarf nach hochwer gem Einzelhandel besteht.
Pletschacher und sein Archit Klaus Kehrbaum zeigen imm wieder Modelle und Pläne. Wird d Gebäudekomplex genau so aus hen?
Nein. Was und wie gebaut wi müssten der Stadtrat und der Inv tor aushandeln, sobald sie den B gerentscheid gewonnen haben. D bei sind noch etliche Fragen off wie Bürgermeister Michel Wö jetzt noch einmal betont hat: Frag nach der Anzahl der Stockwerke geplanten Gebäudes oder dana
die Kreuzung in der Stadtmitte einem Einkaufszentrum an dieStelle funktionieren wird, würin den Ausschüssen und im dtrat geklärt. Verwaltung und dtrat würden letztlich entschei, wie es mit dem Bau weitergeht. d ohne eine grundlegende Enteidung für eine funktionierende kehrsführung werde dieser nicht tande kommen, sagt Wörle. Krir wie der frühere Bürgermeister gfried Deffner sagen dagegen, s Stadtrat und -verwaltung Pletacher nicht gewachsen seien und h dessen Pfeife tanzen würden.
d was passiert, wenn die BI gent?
nn bleibt die Villa im Besitz der dt. Für diesen Fall hat Pletschar bereits angekündigt, das Loch ter unbebaut zu lassen und in eien Jahren einen neuen Anlauf zu ernehmen. Ob dies tatsächlich ritt, ist allerdings offen, zumal mand weiß, ob die Gersthofer dtpolitik noch einmal verkaufseit wäre. Denkbar sind auch ane Alternativen: Pletschacher baut auf dem schon ihm gehörenden ände, er verkauft an einen ande- ren Investor, er verkauft an die Stadt.
Bedeutet das nicht zunächst Stillstand in der Innenstadt-Entwicklung?
Zu der gehören ja mehr Themen als nur die Goldene Mitte. Unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids will die Stadtverwaltung weiter an den Themen der Stadtentwicklung arbeiten. Dazu gehören sowohl die verbesserte Verkehrssituation in der Innenstadt mit der Donauwörther-, Augsburger-, Bauern- und Bahnhofstraße wie auch die Attraktivität der Innenstadt an sich.
Was ist damit gemeint?
Die Verkehrsberuhigung für die gesamte Bahnhofstraße, eine bessere Strasser-Kreuzung, eine attraktivere Innenstadt. Bürgermeister Wörle sagt: „All diese Punkte lassen sich mit und ohne das Bauprojekt, welches der Bauunternehmer Herr Pletschacher aktuell plant, bearbeiten.“
Was ist eigentlich dieser Shared Space, von dem immer wieder die Rede ist?
Hat zunächst nichts mit dem Bürgerentscheid zu tun. Aber er ist Ergebnis eines Architektenwettbewerbs, zu dem fünf Büros eingeladen wurden. Ende 2012 entschied sich die Fachjury für einen Vorschlag des Büros Morpho-Logic. Hier sollen die künftigen Einzelhandelsflächen im „Loch“verbunden werden mit dem Rathausplatz. Die Villa bleibt in diesem Konzept erhalten, das Kirner-Haus soll einem „Neuen Markt“weichen. Die Bahnhofstraße wird dem Konzept zufolge zur Ortsstraße heruntergestuft, und Shared Space entsteht. Das bedeutet, es gibt keine Trennung mehr zwischen Straßen- und Fußgängerbereichen, alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt und müssen aufeinander Rücksicht nehmen. Die Bahnhofstraße wird auf diese Weise verkehrsberuhigt. Doch dazu muss erst die Verkehrssituation an der Kreuzung Bahnhof-/Bauern-/ Augsburger/Donauwörther Straße geklärt werden.
Wenn die Bürgerinitiative gewinnt, kann die Villa nie mehr abgerissen werden?
Sehr wohl kann sie das noch – und das aus mehreren Gründen. Erstens gilt ein Bürgerentscheid nur ein Jahr lang. Danach könnte der Stadtrat theoretisch wieder neu entscheiden. Auch die Vertreter der Bürgerinitiative räumen ein, dass es nötig sein könnte, die Villa eines Tages abzureißen, weil sie zum Beispiel einem Verkehrsprojekt im Weg ist. Pletschachers Plänen aber wollen sie die Villa und das dazugehörige Grundstück nicht preisgeben.
Wenn der Bürgerentscheid den Abriss ermöglicht und das „Gersthofer Loch“bebaut wird, wo entstehen die erforderlichen zusätzlichen Parkplätze?
Sie werden in einer Tiefgarage im Untergeschoss der neuen Bebauung untergebracht. Deren Ein- und Ausfahrt soll an der Donauwörther Straße liegen. Eine – schon einmal angedachte – Verbindung von Rathaustiefgarage mit der neuen Anlage wird als nicht sinnvoll erachtet. Die bisherige Einfahrt unter dem Rathausplatz neben dem Gasthof Strasser soll erhalten bleiben.
Wie viel kostet die Bebauung des „Gersthofer Lochs“die Stadt?
Zunächst einmal nichts: Bauträger und Investor ist Peter Pletschacher. Er hat die bisherigen Planentwürfe in Auftrag gegeben. Bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen für einen Investor werden deren Kosten in der Regel dem Bauwerber über vertragliche Vereinbarungen in Rechnung gestellt.