Augsburger Allgemeine (Land West)
Merkel startet ihre Kanzlerkandidatur im Umfragetief
Parteien Union demonstriert bei der Nominierung Einmütigkeit. Aber erstmals wird sie von der SPD knapp überholt
München Das hätte bis vor kurzem kaum jemand für möglich gehalten: Die SPD liegt in einer neuen Umfrage erstmals seit vielen Jahren vor der Union. Diese Hiobsbotschaft für CDU und CSU platzte am Montag in München mitten in die gemeinsame offizielle Präsentation von Angela Merkel als gemeinsame Kanzlerkandidatin. Würde jetzt schon gewählt und träfen die Ergebnisse des Instituts Insa so ein, bekäme die SPD mit Herausforderer Martin Schulz 31 Prozent, die Union nur noch 30. Die Umfrage hatte die Bild-Zeitung in Auftrag gegeben.
Schon Anfang Dezember hatte sich die CDU auf einem Parteitag eindeutig für eine vierte Spitzenkandidatur ihrer Vorsitzenden ausgesprochen. Die Schwesterpartei CSU hatte seitdem ein klares Bekenntnis zu Merkel verweigert. Am Montag wurde das politische Tauziehen beendet: Einhellig sprach sich auch die CSU-Spitze für Merkel aus. CSU-Chef Horst Seehofer sagte nach einem zweitägigen Treffen der Parteipräsidien: „Wir haben eine vorzügliche Kanzlerin – national wie international. Jetzt arbeiten wir an unserem Zukunftsprogramm.“Zur zweimonatigen Hängepartie sagte Merkel: „Wir brauchten auch die Zeit, um uns zu vergewissern über die Frage: Sind die Gemeinsamkeiten tragfähig?“
Trotz unüberbrückbar scheinender Differenzen in der Asylpolitik wollen beide Parteien geschlossen in den Wahlkampf gehen. Für Merkel war es wichtig, dass die Union jetzt in zwei Dingen Klarheit habe: Dass bis zum Sommer ein gemeinsames Wahlprogramm erarbeitet werde und nun auch die CSU ihre Kanzlerkandidatur unterstütze.
Die CSU-Forderung nach einer Obergrenze für neu eintreffende Flüchtlinge, die Merkel auch im Fall eines Wahlsieges nicht umsetzen will, ist mit den Münchner Beschlüssen nicht vom Tisch. Die beiden Parteichefs betonten, dass sie nicht bereit seien, von ihren Ansichten zur Obergrenze abzuweichen. Zugleich zeigten sie sich überzeugt, dass die Meinungsunterschiede keine negativen Folgen für die Union bei der Wahl haben werden. Seehofer betonte, dass das aktuelle Umfragetief das von ihm ausgegebene Wahlziel von mindestens 40 Prozent nicht beeinflusse. Die Union habe für sich erklärt, nach der Wahl am 24. September im Bundestag die stärkste Fraktion mit einer Kanzlerin Merkel und einer von CDU/CSU geführten Bundesregierung zu stellen.
Ähnlich formulierten es die Parteipräsidien in einer gemeinsamen Münchner Erklärung: „Durch unsere gemeinsame Stärke können wir die Bildung einer rot-rot-grünen Bundesregierung verhindern.“In dem Papier bekennt sich die Union zu ihren gemeinsamen Wurzeln und benennt die Themen innere Sicherheit, soziale Marktwirtschaft, den Erhalt der Europäischen Union sowie das klassische Familienbild als Eckpfeiler der künftigen Politik. Um den Fachkräftebedarf zu decken, sei zudem eine Steuerung der Einwanderung notwendig.
Ohne eine gemeinsame Erklärung blieb am Nachmittag ein Koalitionsgipfel in München, an dem neben Merkel und Seehofer auch der noch amtierende SPD-Chef Sigmar Gabriel teilnahm. Inhalte des zweistündigen Gesprächs waren geplante Maßnahmen in der Sicherheits- und Asylpolitik. Unter anderem sollen Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus Deutschland beschleunigt werden. (bom, dpa, afp) »Leitartikel
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Koalitionsgipfel ohne gemeinsame Erklärung