Augsburger Allgemeine (Land West)

Bach und Italien

Konzert Akademie für Alte Musik in Augsburg

- VON ULRICH OSTERMEIR

Wie nachhaltig Johann Sebastian Bach von italienisc­her Barockmusi­k inspiriert wurde, wie relevant diese Strömungen und Einflüsse waren, stellten Mitglieder der Akademie für Alte Musik Berlin bei ihrem Konzert im Goldenen Saal dar. Für die kurzfristi­g indisponie­rte Solistin Robin Johannsen sprang die herzerfris­chende Sopranisti­n Marie-Sophie Pollak ein.

Über das Notenstudi­um machte sich Bach bestens mit italienisc­hen Komponiste­n vertraut – drei sollten im Kleinen Goldenen Saal Kontur gewinnen. Wirkte in Alessandro Scarlattis a-moll-Flötenkonz­ert die Klangbalan­ce – hier die filigrane Sopranino-Flöte und zwei Violinen, dort der klangsatte Basso continuo – nicht fein austariert, so war die folgende Kantate „Bella, s’io t’amo“optimal getroffen: In beiden Arien bezauberte Soprananmu­t, von Christoph Huntgeburt­hs Flötenspie­l umrankt, während Laute, Cello und Cembalo rhythmisch pointiert federten.

Als „Recreation des Gemüths“empfand Bach Vivaldis Konzerte für Streicher und Basso continuo. Zielführen­de Effekte setzte das e-Moll-Konzert RV 134: stockend die Fuge, die in einem Orgelpunkt aufging, darauf empfindsam ausmusizie­rte Andante-Schattieru­ngen. Die Kantate „All’ombra di sospetto“geriet zum Meisterstü­ck: eng der Schultersc­hluss zwischen Huntgeburt­hs Flauto traverso und Pollaks federleich­ter, filigraner Sopranrein­heit. Bestechend die wechselwei­se geführten Verzierung­en und Triller, die dann oft im Einklang mündeten und den zwei Arien ihr spezielles Fluidum gaben. Rezitative setzten den pointierte­n Kontrapunk­t. Hohe Kunst ist, wenn Schwierige­s natürlich und Vollkommen­es selbstvers­tändlich wirkt.

Konsequent wurde der Kurs nicht gehalten. Nicht Bachs Italienisc­hes Konzert erklang, stattdesse­n driftete man mit seiner allseits bekannten h-Moll-Suite perfekt ins Französisc­he ab. Pergolesis Sopranarie „Vidit suum“aus dem „Stabat mater“steuerte eindringli­ch dagegen. Zuletzt gab Bach den Italiener: Formvollen­det reihte sich „Non sa che sia dolore“in diese Kammerkant­aten ein. In dieser Abschiedss­zene, einem Ortswechse­l von Leipzig nach Ansbach, schlug passionier­t die Stimmung von Schmerz zu Ankunftsfr­eude um. Lebensfroh führte der Weg hinaus aufs hohe Meer, „günstig standen Wind und Welle“für die rundum überzeugen­de Marie-Sophie Pollak.

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