Augsburger Allgemeine (Land West)
Was ein Verein für Männer von der Frauenquote hat
Fasching Beim bunten Abend des Gesangsvereins Liederkranz stehen die Sänger in Fischach im Mittelpunkt – mit viel Humor
Lange sah es gar nicht gut aus um die Gegenwart und vor allem Zukunft des 1850 gegründeten Männergesangvereins Liederkranz (MGV) Fischach, als zur Jahresmitte 2016 der bisherige Dirigent sein Amt gekündigt hatte. Doch mit der neuen Dirigentin Maria Dehner bekam der MGV Fischach, dem sich auch Sänger aus Willmatshofen angeschlossen haben, neuen Schwung. Dieser war dem bunten Abend nun auch deutlich anzumerken.
Und so war der bunte Abend in diesem Jahr nicht die sonst übliche Faschingsveranstaltung. Dieses Mal stand der Verein selbst im Mittelpunkt, es ging über das Vereinsleben und diverse Vorkommnisse im MGV während des Faschings, wie Vorsitzender Werner Bayer in seiner Begrüßung sagte. 32 aktive Sänger hat der Verein, zwar kein Gründungsmitglied mehr, so der Vorsitzende, jedoch müsse die ständige Alterung durchbrochen werden. Dazu – und „zwecks Erfüllung der Frauenquote“– habe man sich im Herbst „unter vielen Bewerbern eine neue, junge, noch vor dem unteren Ende der Aktiven-Altersstruktur (49 bis 87 Jahre) befindliche Dirigentin“gesucht.
Und was die aus ihren Männern gemacht und noch mit ihnen vor hat, das war unter anderem beim umgedichteten Truck-Stop-Hit „Der wilde, wilde Westen“, zu hören – übrigens auch das Motto des Abends. Maria Dehner als Indianerin, die Sänger als Cowboys und Sheriffs, so waren die meisten verkleidet. Bei insgesamt fünf umgetexteten, bekannten Songs/Hits wurde für das Publikum deutlich, wie so ein Probenabend für gewöhnlich abläuft. Da wird nach den Atemübungen und dem Einsingen schon mal ein Ton gesucht, besser, der richtige Ton gesucht. Oder könnte der Bass II, der die Passage schon recht ordentlich drauf hatte, diese vielleicht etwas geschmeidiger, mit etwas mehr Swing vortragen, fragte die Chorleiterin und sang gleich mal vor, wie das noch schöner klingen würde. Und dann hatte Maria Dehner, die übrigens gemeinsam mit Liederkranz-Schriftführer Reinhold Demmel die meisten Texte des Abends geschrieben hat, noch etwas richtigzustellen. Man habe sie nur genommen, weil zwischen Ulm und München niemand anders zu finden war und nicht nur wegen der Frauenquote. Der ob seiner Eingangsbehauptung überführte Vorsitzende machte dazu gute Miene.
Aber die meisten waren ja gekommen, um die tollen Faschingskracher zu sehen und zu hören, die sie bereits aus vielen Faschingsabenden des MGV kannten. Daran sollte es auch an diesem Abend nicht fehlen: Köstlich der Body-Boy (Otmar Fuhr), der für seinen athletischen Körper keinerlei Reizwäsche brauchte, wie er gerne von allen Seiten zeigte. Und als Liebeskraftpaket, wiewohl nun schon im Rentenalter, zu einem tollen Porsche-Cabrio kam.
Häufig spontanen Szenenapplaus gab es auch für das bekannte Duo Zwei Hagabuachane (Reinhold Demmel und Otmar Fuhr). Diese sind mittlerweile etwas gealtert, weshalb sie bei zunehmender Körperfülle von diversen Gesundheitsund Ehe-Alltagsszenen berichten. Es ist wieder einmal etwas später geworden, da erwartet den einen die Ehefrau mit einem Besenstil in der Hand: „Kehrst du aus oder fliegst du weg?“fragt der Heimkommende. „Aber die beiden Eckzähne hätten sowieso gezogen werden müssen“, nimmt er die Reaktion ziemlich gelassen. Der Zweite prahlt, er habe fünf Kilo abgenommen, was mit einem „was ist das schon? Das ist gerade mal so viel, wie wenn ein 40-Tonner ’ne Zierleiste verliert“, kommentiert wurde. Neu aufgetaucht ist in diesem Jahr die Weihnachtsfrau (Maria Dehner). Amüsant, wie sie von ihrer Bewerbung auf die Stellenanzeige „Weihnachts- mann gesucht“berichtete und mit Hinweis auf die nicht gender-konforme Ausschreibung die Stelle doch noch bekam, weshalb sie erst jetzt, also nach Weihnachten hier sei. Nicht weniger Applaus heimste der Pechvogel (Reinhold Demmel) ein. Nicht genug, was ihm als Falschfahrer auf der A8 oder zu Hause beim Deckentapezieren passierte, ihm ging einfach alles schief.
Zwischen diesen lachmuskelstrapazierenden Gassenhauern unterhielt jeweils das Ensemble 3 D (Maria Dehner mit ihren Töchtern Annika und Amelie) mit Stücken an Keyboard, Violine, Querflöte und Okarina. Dabei kamen neben bekannten Volksliedern auch Potpourris internationaler Schlager zum Vortrag. Mit dieser Mischung aus Laien-Chor, starken Einzelakteuren mit teils auch derben Einfällen und künstlerischen musikalischen Elementen ist dem MGV ein Experiment geglückt. Drei Stunden unterhaltsames Programm sind so zusammengekommen. O
Mitmachen Wer selbst mitsingen will: einfach anrufen unter Telefon 08236/1645 oder am Dienstagabend, 19.30 Uhr, zur Probe vorbeikommen.
„Kehrst du aus oder fliegst du weg?“Frage an die Ehefrau mit Besen in der Hand