Augsburger Allgemeine (Land West)
„Es muss doch nicht gleich so ein Riesengebiet sein“
Hochwasserschutz Die Debatte um die Flutpolder erreicht Wertingen. Auch dort sehen Bauern das Projekt mit Sorge. Bürgermeister Lehmeier sagt, warum sich Lauinger eigentlich freuen sollten
Wertingen
Einen Aufschrei hat es zuletzt in Lauingen gegeben. Die Albertus-Magnus-Stadt wurde, zumindest für die Lauinger Stadträte völlig überraschend, FlutpolderStandort. Im Süden der Stadt soll der Flutpolder Helmeringen entstehen. Die Ankündigung von Umweltministerin Ulrike Scharf im Dezember hatte die Lauinger Stadträte kalt erwischt, denn in der öffentlichen Diskussion war das nun geplante Hochwasserbecken im Süden Lauingens gar nicht aufgetaucht.
Wertingens Bürgermeister Willy Lehmeier könnte ebenfalls überrascht sein. Der zweite FlutpolderStandort im Landkreis Dillingen heißt Neugeschüttwörth südlich der Donau bei Gremheim. Nach dem jetzigen Entwurf hätte er eine Fläche von 1800 Hektar und könnte 32 Millionen Kubikmeter Wasser fassen. Immerhin 213 Hektar im Donauried lägen auf Wertinger Flur. ist dennoch nicht ungehalten. Wertingen plane gegenwärtig in der Stadt den Hochwasserschutz an der Zusam, der Millionen kosten dürfte. „Was wir hier in Wertingen machen müssen, muss die Stadt zu 50 Prozent bezahlen“, sagt Lehmeier. Zwei Millionen Euro stehen im Raum. In Lauingen bezahle der Freistaat den Hochwasserschutz mit dem Flutpolder dagegen zu 100 Prozent. „Die Lauinger müssten sich eigentlich freuen“, meint der Wertinger Rathauschef.
Lehmeier sieht die Planung auf einem richtigen Weg. Zuvor seien Polder nördlich der Donau zwischen den Städten im Gespräch gewesen. Künftig soll das Wasser „dorthin laufen, wo keine Wohnbebauung ist“. Die Gesellschaft müsse sich etwas gegen Hochwasser überlegen. Und Wertingen, das im Hochwasserschutz-Bündnis eingebunden sei, werde „ganz unaufgeregt“über den Flutpolder Neugeschüttwörth diskutieren. Der ökonomische Aus- schuss der Stadt Wertingen befasse sich mit diesem Thema. „Wir werden gemeinsam mit den Landwirten eine vernünftige Lösung suchen“, sagt der Wertinger Bürgermeister. Wertingens Wirtschaftsreferent Alfred Schneid hofft, dass sich die Zuschüsse des Freistaats für den Hochwasserschutz an der Zusam weiter erhöhen könnten. Denn damit trage Wertingen dazu bei, dass die Donau bei Hochwasser entlastet wird.
Einer der vom Flutpolder Neugeschüttwörth betroffenen Landwirte ist Karl Wagner, der Ortsobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Wertingen. Das Thema Flutpolder hat in den vergangenen Monaten in der öffentlichen Diskussion in Wertingen kaum eine Rolle gespielt. Karl Wagner hat Äcker und Wiesen im Donauried – in dem Gebiet, wo der Flutpolder Neugeschüttwörth kommen soll. Was dem Wertinger missfällt: Es hätten bereits zwei Versammlungen des Wasserwirtschaftsamts in der NordLehmeier schwabenhalle in Höchstädt stattgefunden, aus Wertingen sei aber niemand dort gewesen. „Man will jetzt das Hochwasser ins Donauried laufen lassen, bis in Wertingen der Judenberg kommt“, sagt Wagner. Es sei bisher schon so, dass Felder, wenn der Riedstrom bei Hochwasser anspringe, nicht bewirtschaftet werden könnten. Denn dann steige das Grundwasser an, und Bauern könnten mit ihren Maschinen die Felder nicht befahren.
Karl Wagner befürchtet: „Wenn der Riesenpolder mit Wasser gefüllt wird, ist auf den Feldern alles kaputt.“Jetzt werde verkündet, dass die Landwirte nach dem Fluten der Polder entschädigt werden. „Aber ich glaube nicht, dass dies ganz der Fall sein wird“, sagt der BBV-Ortsvorsitzende. Er sehe den Flutpolder Neugeschüttwörth jedenfalls mit Sorge. Dass man etwas gegen Hochwasser tun müsse, sei klar, sagt Wagner. „Aber es muss doch nicht gleich so ein Riesengebiet sein.“