Augsburger Allgemeine (Land West)
Buhlen um Bio Kunden
Lebensmittel In Supermärkten finden sich immer mehr ökologisch erzeugte Waren. Das setzt reinen Bioläden zu
Nürnberg
Am Anfang war es die Biomilch. Später kamen Karotten, Sellerie, Lauch und Gurken aus Bioanbau dazu. Inzwischen füllen Bioprodukte in konventionellen Supermärkten ganze Regalreihen. Naturkost, einst Nischenprodukt für ernährungsbewusste Ökofreaks, ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und damit auch im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel.
Zumindest ein Grundsortiment an Bioprodukten ist aus den meisten Supermärkten, Drogeriemärkten oder Discountern nicht mehr wegzudenken – zum wachsenden Missfallen des klassischen Naturkosthandels. Der will nun die weltgrößte Messe für Naturkost und Naturwaren Biofach (15. bis 18. Februar) in Nürnberg nutzen, um sich gegen die wachsende Konkurrenz neu aufzustellen – auch mit der Rückbesinnung auf seine Wurzeln. Der Naturkostfachhandel versucht, mit der Besinnung auf die „eigenen Stärken“zu punkten. Dazu gehört für die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren, Elke Röder, das konsequente Bioangebot: „Bei uns muss der Kunde nicht wie im konventionellen Lebensmittelhandel ständig schauen, ob das Produkt auch wirklich Bio ist.“
Dabei hatte lange eine Art Burgfrieden zwischen dem Naturkosthandel und dem konventionellen Lebensmitteleinzelhandel bestanden. Dazu haben nach Experteneinschätzung nicht zuletzt die Jahr für Jahr hohen Wachstumsraten bei Biolebensmitteln beigetragen, die lange beide gleichermaßen zu Gewinnern des Bio-Booms machten.
Inzwischen schließen Marktforscher einen schärferen Wettbewerb zwischen dem konventionellen Lebensmitteleinzelhandel und der klassischen Naturkostbranche nicht mehr aus. „Ich gehe davon aus, dass die Supermärkte ihr Biosortiment weiter ausbauen und zur verstärkten Konkurrenz für den Biofachhandel werden“, prognostiziert etwa der GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth.
Auch wenn die Naturkostbranche im Jahr 2016 gemessen am Umsatz noch einmal um fünf Prozent gewachsen ist – aktuelle Entwicklungen weisen nach Adlwarths Beobachtung eher auf Marktverschiebungen hin: „Gerade in den vergangenen Monaten haben Supermärkte bei Naturkost stark zugelegt. Es gelingt ihnen mehr und mehr, Kundenströme zu sich umzulenken“, berichtet der Nürnberger Konsumforscher.
Jüngste Zahlen der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) scheinen das zu bestätigten: Während der klassische Supermarkt seinen Anteil am Gesamtumsatz mit Biolebensmitteln 2016 um 14,6 Prozent auf 5,45 Milliarden Euro steigern konnte, wuchs der Naturkostumsatz mit Biolebensmitteln lediglich um 5,0 Prozent auf 2,85 Milliarden Euro. Der Rest von 1,18 Milliarden verteilt sich unter anderem auf Wochenmärkte, Reformhäuser und den Versandhandel.
Den Handelsexperten Adlwarth wundert diese Entwicklung nicht: „Wenn Verbraucher in ihrem Supermarkt immer mehr Bioprodukte vorfinden, ist es eine Frage der Bequemlichkeit, sich gleich dort mit Biolebensmitteln einzudecken. Den Weg zum Biomarkt sparen sie sich.“
Dass die Supermärkte den Trend der Zeit erkannt haben, zeigt sich etwa bei Rewe. Kunden der 3300 Rewe-Supermärkte könnten – je nach Saison und Ernte – aus bis zu 500 verschiedenen Biolebensmitteln auswählen, berichtet Rewe-Pressesprecher Andreas Krämer.