Augsburger Allgemeine (Land West)
Der Kampf um den Schreibtisch
Warum die Augsburger Unibibliothek keine „Parkscheiben“für Reservierungen will. Freie Plätze sind jetzt aber besonders begehrt. Wie man sie bekommt
An der Uni Augsburg ist jetzt Klausurenphase. In Rekordzeit versuchen sich Studenten Vorlesungsinhalte in den Kopf zu pressen und Fachbücher zu durchkämmen. Wo sollte das besser gehen als in der Unibibliothek? Die 1738 Arbeitsplätze in den Bibliotheksgebäuden sind heiß begehrt, denn die Zahl der Studenten hat stark zugenommen. Etliche andere bayerische Universitäten haben bereits auf Kapazitätsprobleme in den Bibliotheken reagiert und eine Platzreservierung per „Parkscheibe“eingeführt. Wäre das auch in Augsburg sinnvoll?
Die Universitätsbibliothek ist ursprünglich für 12000 Studenten ausgelegt worden. „Mittlerweile haben wir 20 000“, sagt Ulrich Hohoff, Leiter der Bibliothek. Kein Wunder, dass es teilweise eng wird. Besonders die Juristen seien beim Lernen noch immer sehr auf Bücher angewiesen, so Hohoff. Deshalb sei es gerade in der Teilbibliothek Sozialwissenschaften zur Klausurenphase schwerer geworden, einen freien Tisch zu finden.
Jura-Studentin Linda Crome kann das nur bestätigen: „Ich habe im Wintersemester 2013 angefangen und war damals zwar sehr selten in der Jura-Bibliothek, aber hatte nie ein Platzproblem. Inzwischen ist es so, dass ich teilweise nicht einmal einen Korb für meine Schreibsachen bekomme oder sogar die Schließfächer alle voll sind.“
Doch auch in den übrigen Bibliotheksgebäuden ist der Ansturm groß: „Ich bin seit Semesterstart wöchentlich einmal nachmittags in der Bibliothek“, erzählt die Medienund Kommunikationsstudentin Christina Carstens. „Am Anfang des Semesters bis Weihnachten war es nie ein Problem, einen freien Platz zu finden. Nach den Weihnachtsferien gestaltete sich das etwas schwieriger und zwei bis drei Wochen später war es eigentlich unmöglich.“
Wer sich einen freien Arbeitsplatz ergattern konnte, gibt den natürlich nicht gerne wieder her. Und so wird er auch bei längerer Abwesenheit gerne mal mit den eigenen Unterlagen reserviert: „Es ist oft so, dass zwar alle Plätze belegt sind, aber nicht mal bei der Hälfte der Tische sitzt auch wirklich ein Student davor“, ärgert sich Carstens. In ihren Augen wäre es deshalb sinnvoll, auch in Augsburg ein „Parkscheibensystem“einzuführen.
Dieses System gibt es bereits an einigen bayerischen Universitäten. Und so funktioniert es: Tischplätze können mithilfe einer Parkscheibe für maximal 60 Minuten reserviert werden, danach ist es anderen Studenten erlaubt, den Platz zu übernehmen. „An meiner alten Uni in Passau gab es diese Parkuhr und ich fand das System sehr gut“, sagt Carstens. Sie räumt aber ein, dass auch dieses System übergangen werden kann, indem Freunde die Parkuhr während der Abwesenheit weiterstellen. Bibliotheksleiter Ulrich Hohoff sieht ein solches Reservierungssystem derzeit nicht für die Universität Augsburg vor: „Solange wir den Ansturm noch gut bewältigen können, wollen wir auf solche Formalien verzichten.“Auch Studenten wie Linda Crome sind gegen Parkscheiben: „Es ist schwierig, einerseits fände ich es zwar gut, wenn es das gäbe. Anderseits nimmt es einem die Freiheit und Flexibilität. Deshalb wäre ich wahrscheinlich dagegen. Ich glaube es sind Ausnahmefälle, in denen jemand nicht zügig wieder zurück an seinen Platz kommt.“
Darüber hinaus gibt es an der Uni Augsburg andere Angebote. Wer regelmäßig einen festen Tischplatz während einer Abschlussarbeit braucht, der kann die tägliche Tischplatzsuche umgehen. Denn es stehen auch spezielle Plätze bereit: „Für bestimmte Schreibtische können sich Studenten kostenlos eintragen lassen“, sagt Hohoff.
Sibylle Wittchow hat dieses Angebot während ihrer Bachelorarbeit genutzt und ist begeistert: „Besonders gefällt mir, dass man Bücher aus dem Präsenzbestand auf seinen Tisch verbuchen lassen kann und nicht jedes Mal aufs Neue die benötigte Literatur zusammensuchen muss.“Auch für die nun anstehende Masterarbeit habe sie sich wieder einen Tisch reserviert.
Wer es noch ungestörter und privater will, der kann sich kostenlos eine von 53 Glaskabinen mieten – sogenannte Carrels. „Das sind eigene Räume, die auch abgeschlossen werden können“, erklärt Ulrich Hohoff. Zur Reservierung eines dieser Räume brauche der Student allerdings eine spezielle Bescheinigung, beispielsweise des Doktorvaters. »Meinung
Abschließbare Glaskabinen als Alternative