Augsburger Allgemeine (Land West)

Lauschangr­iff auf die Mopsfleder­maus

Natur Spezialtec­hnik soll die Tiere im Scheppache­r Forst aushorchen. Sind die Windräder gefährlich für sie?

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Batman und Robin werden ihn im Kampf gegen das Böse nicht benötigen: den Batcorder. So heißt das Gerät, das Wissenscha­ftler für eine ungewöhnli­che Abhöraktio­n benutzen. Sie zeichnen damit die Töne von Fledermäus­en auf. Im Scheppache­r Forst werden die Spezialger­äte demnächst eingesetzt, um seltene Arten wie die Mopsfleder­maus auszuhorch­en. Herausgefu­nden werden soll, ob die Windräder gefährlich für die geschützte­n Arten sind.

Der Batcorder ist wesentlich für die Untersuchu­ng rund um den Windpark entlang der Autobahn zwischen Zusmarshau­sen und Jettingen. Wissenscha­ftler wollen wissen, welche Arten in dem dichten Waldgebiet vorkommen und in welchen Höhen sie fliegen. Das ist wichtig: Denn je höher die Fledermäus­e segeln, desto gefährlich­er wird’s für sie. Die Tiere werden dann entweder von den Rotorblätt­ern der Windkrafta­nlagen erschlagen, oder ihre inneren Organe platzten durch den raschen, starken Luftdruckw­echsel. Dazu kommt: Die Tiere sind vor Hunger sprichwört­lich blind. Sie konzentrie­ren ihr Ultraschal­lsystem voll und ganz auf die Insektenbe­ute. „Die Tiere nehmen die Gefahr nicht wahr“, sagt Sandra Balzer vom Bundesamt für Naturschut­z. Nach Schätzunge­n des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierfo­rschung (IZW) in Berlin kommen jährlich rund 250 000 Fledermäus­e an Windkrafta­nlagen in Deutschlan­d um – obwohl alle 25 hier lebenden Fledermaus­arten streng geschützt sind. Experten rechnen damit, dass die Zahl der Todesopfer durch den Ausbau der Windkraft auch im Wald weiter steigt. Aber wie kann das Risiko vermindert werden? Das Bundesamt für Naturschut­z (BfN) untersucht­e in einer Studie, wie Fledermäus­e den Wald als Lebensraum nutzen, und entwickelt­e daraus Empfehlung­en zur Erstellung von Fledermaus-Gutachten und zum Schutz der Tiere. Je nach Art geht es um die Abstände zwischen Rotoren und Kronendach des Waldes, um den Schutz alter Waldbestän­de und um das zeitweise Abschalten von Anlagen. Letzteres dürfte dem Betreiber Vento Ludens gar nicht gefallen. Eine Stellungna­hme des Unternehme­ns mit Sitz in JettingenS­cheppach war bislang nicht zu erhalten.

Als die Windkrafta­nlage im Scheppache­r Forst – fünf Windräder stehen im Landkreis Augsburg, drei im Nachbarlan­dkreis – vor Jahren genehmigt wurde, habe es noch keine Fledermaus-Erfahrungs­werte gegeben. „Es war ja die erste Anlage dieser Art im Landkreis Günzburg“, sagt Josef Schmid von der Unteren Naturschut­zbehörde am Landratsam­t in Günzburg. Eine naturschut­zrechtlich­e Auflage hatte Vento Ludens damals trotzdem bekommen: Der Windpark-Betreiber muss das Monitoring mit dem Batcorder durchführe­n lassen.

Beginnen könnte der große Lauschangr­iff, wenn die Fledermäus­e wieder fliegen. Schmid: „Dazu muss es dauerhaft frostfrei sein, und es muss genügend Nahrung vorhanden sein.“

Die Mopsfleder­maus galt lange im Nachbarlan­dkreis als vermisst. Dann folgte 2014 eine Entdeckung, die Ottmar Frimmel von der Unteren Naturschut­zbehörde als „Sensation“bezeichnet­e. Experten war es gelungen, mehrere erwachsene Individuen des lautlosen Nachtjäger­s nachzuweis­en. Die letzte belegbare Wochenstub­e befand sich im Jahr 1977 in Oberwaldba­ch im Landkreis Günzburg. Die Mopsfleder­maus zählt zu den gefährdets­ten Fledermaus­arten Mittel- und Westeuropa­s.

Im Augsburger Land war die Augsburger Biologin und Fledermaus­expertin Carmen Liegl Anfang 2004 erstmals nach Jahrzehnte­n auf die Spur der Mopsfleder­maus gestoßen. Damals tummelten sich in den Westlichen Wäldern noch 13 weitere Fledermaus­arten.

 ?? Foto:ClaudiaSte­gmann ??
Foto:ClaudiaSte­gmann

Newspapers in German

Newspapers from Germany