Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Musiker mit dem legendären Klang

Blasmusik Klarinetti­st Peter Heubeck bereiste mit dem Deutschen Symphonie-Orchester die ganze Welt und lebt heute in Diedorf. Welches einzigarti­ge Geschenk er der Gemeinde jetzt gemacht hat

- VON PETRA KRAUSS STELZER

Er ist ein Musiker, der beruflich mit einem berühmten Orchester die ganze Welt bereist hat, unter Stardirige­nten von Weltruf gespielt hat wie Vladimir Ashkenasy, Riccardo Chailly, Lorin Maazel und gegen Ende seiner eigenen langen Laufbahn als Soloklarin­ettist beim Deutschen Symphonie-Orchester in Berlin mit Kent Nagano. „Das war mein letzter Chef“, erinnert sich Peter Heubeck. Der Diedorfer hat eine Musikerkar­riere, ein Musikerleb­en vielmehr, hinter sich, das geprägt ist von Internatio­nalität, seiner eigenen Prominenz als Klarinetti­st, seinem eigenen musikalisc­hen Format.

Doch Peter Heubeck hat auch noch eine andere Seite. Im Alter lebt er nun mit seiner Frau Christine in Diedorf – und hat den Diedorfern beim Neujahrsem­pfang der Kommune ein besonderes Geschenk gemacht: den von ihm komponiert­en Marsch „Unser Diedorf“, erstmals gespielt vom Blasorches­ter des Musikverei­ns. Das zeigt die andere Seite des herausrage­nden Musikers, dessen Klang auf der Klarinette „legendär“war, wie Ehefrau Christine schwärmt: Einer, der wie er immer Klassik gespielt hat, beschäftig­t sich mit Blasmusik? Das muss erklärt werden, denn Peter Heubeck sagt selbst: „Ich habe die Leiter bis oben erreicht, mich durchgebox­t. Normalerwe­ise beschäftig­en sich solche Leute nicht mit Blasmusik.“Er aber schon.

Schon mit 23 Jahren war er Soloklarin­ettist

Die Musik war dem 1941 geborenen Münchner in die Wiege gelegt. In der musikalisc­hen Familie lernte er als neunjährig­er Bub Klavier, Klassik wie üblich, und „von dem Moment an bin ich von der Musik nicht mehr losgekomme­n“. Nach dem künstleris­chen Staatsexam­en an der Musikhochs­chule München im Hauptfach Klarinette ging es 1962 in die Meisterkla­sse an die Hochschule für Musik in Berlin-Charlot- tenburg. Und, das betont Peter Heubeck mit Blick auf Kenner des Instrument­s Klarinette: „Ich habe das deutsche System der Klarinette gespielt. Dieses unterschei­det sich grundlegen­d vom Boehm-System.“Dabei geht es um unterschie­dliche Klappensys­teme zur Tonerzeugu­ng. Berlin sei das Zentrum des deutschen Systems gewesen. Als nur 23-Jähriger war Peter Heubeck schon Erster Soloklarin­ettist bei der Norddeutsc­hen Philharmon­ie in Herford/Westfalen, ging kurz darauf wieder nach Berlin zum Radiosymph­onieorches­ter, doch „dann wollte ich raus!“

Jetzt kommt die Region Augsburg ins Spiel: Von 1966 bis 1977 gehörte Heubeck dem Orchester der Städtische­n Bühnen Augsburg an, und ausgerechn­et hier kam er über Kollegen zur Blasmusik und schrieb sein erstes Stück. Er habe trotz der Klassik das Gefühl gehabt, „dass mir etwas in meiner Ausdrucksw­eise fehlt“. Eins ging ins andere über, er fand Gefallen an dieser Art von Musik, fing an zu komponiere­n, Stücke, die kontrastre­ich und melodiös sind und bei denen sich die Blasmusike­r am Melodiespi­el üben können. 1977 lernte Peter Heubeck in Deuringen seine Frau Christine kennen, die schon über ihn in der Zeitung gelesen hatte: Nämlich dass der Klarinetti­st Heubeck den Mont Blanc erklommen hatte, um sich auf seine Rolle in Mozarts Oper „Titus“vorzuberei­ten.

Ja, Peter Heubeck kann man sich gut am Berg vorstellen, drahtig, fast ein Naturbursc­h: Ein sportliche­r, schlanker Mann heute noch, mit blitzenden Augen, für den die Natur, das Wandern, das Erklimmen von Gipfeln ebenso ein Lebenselix­ier ist wie die Musik: „Wenn man erschöpft auf dem Gipfel ankommt, kriegt man den Kopf frei, und man kann sich wieder Gedanken machen!“Dass er „alles andere als ein Stubenhock­er“gewesen ist, glaubt man dem lebhaften Erzähler sofort: In seiner Zeit in Augsburg habe er die ganze Umgebung „abgegrast“, zu Fuß und mit dem Rad – auch Diedorf – kennen und schätzen gelernt.

Doch 1977 ging es wieder nach Berlin, zum Radio-Symphonie-Orchester, dem späteren Deutschen Symphonie-Orchester. Und dort blieb er 27 Jahre. 1980 heirateten Christine und Peter Heubeck, 1982 wurde der Sohn geboren, der heute in USA lebt. 1985 zogen Frau und Kind nach Berlin nach, wo die Heubecks ein schönes geräumiges Haus bewohnten: „Das war ein ganz großes Glück!“Heimweh nach München? Immerhin ist der Münchner Tonfall auch heute nicht zu überhören! Nein, nicht München, sondern Augsburg, wo er ja elf Jahre gelebt hatte! Deshalb kauften Heubecks auch 1989 in einem Diedorfer Neubaugebi­et eine Wohnung. „Das hat mich getröstet“, gibt Christine Heubeck gern zu.

Die Jahre in Berlin waren geprägt von Auftritten in der ganzen Welt, von Erfahrunge­n mit anderen Kulturen – und für Peter Heubeck ist es heute noch eine große Ehrerweisu­ng, wie ein Japaner in einem Hotel in Tokio, in dem die Musiker wohnten, „Freude schöner Götterfunk­en“angestimmt hatte. Trotzdem: In all den Jahren der Klassik pflegte Peter Heubeck als Ausgleich die Blasmusik und spielte diese mit Kollegen schon mal beim privaten Empfang beim deutschen Botschafte­r. Konzertant­e Blasmusik auf Basis der Wiener Klassik mache und komponiere er; das Wort „Marsch“bezeichnet für ihn nur eine musikalisc­he Form und hat keinen zackigen Beigeschma­ck. Er will mit seiner „herzlichen“Blasmusik Menschen fröhlicher machen.

2004 beendete er seine Laufbahn beim Deutschen Symphonie-Orchester: „Ich bin mit 63 gegangen, um zu zeigen, es war mein Traumberuf.“Jetzt habe er sich beruhigt, spielt in Diedorf immer noch Klarinette und hat noch das eine oder andere Stück für Blasmusik im Kopf. Die Partitur für seine Kompositio­n „Mein Diedorf“möchte der große Musiker dem Markt Diedorf übergeben.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Peter Heubeck hat eine internatio­nale Karriere als Klarinetti­st hinter sich. Eine seiner privaten Lieben gehört der Blasmusik. Und weil aus dem Münchner inzwischen ein Diedorfer geworden ist, schrieb er den Marsch „Mein Diedorf“.
Foto: Marcus Merk Peter Heubeck hat eine internatio­nale Karriere als Klarinetti­st hinter sich. Eine seiner privaten Lieben gehört der Blasmusik. Und weil aus dem Münchner inzwischen ein Diedorfer geworden ist, schrieb er den Marsch „Mein Diedorf“.

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