Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Visier russischer Hacker?

Frankreich Präsidents­chaftskand­idat Macron klagt über gezielte Falschmeld­ungen

- VON BIRGIT HOLZER

Paris

Zuerst versuchte Emmanuel Macron, Gerüchte über eine angebliche homosexuel­le Liaison mit dem Präsidente­n der staatliche­n Radiosende­r Radio France, Mathieu Gallet, humorvoll abzutun. Diese seien unangenehm für seine Frau Brigitte, erklärte der 39-jährige Präsidents­chaftskand­idat kürzlich vor Anhängern. „Da sie von morgens bis abends mein Leben mit mir teilt, fragt sie sich, wie ich das rein physisch hinbekomme“, sagte er mit einem spöttische­n Lächeln.

Da viele Menschen das Vertrauen in den affärenbel­asteten konservati­ven Kandidaten François Fillon verloren haben, schlüpft Macron gerade in die Rolle des Favoriten: Umfragen zufolge könnte er neben Rechtspopu­listin Marine Le Pen in die zweite Runde der Präsidente­nwahl Anfang Mai einziehen – und in der Stichwahl siegen. So wird er mehr und mehr zur Zielscheib­e, auch von Gegnern aus dem Ausland.

Dem Generalsek­retär seiner Partei „En Marche!“(„In Bewegung!“), Richard Ferrand, zufolge wurde das Computersy­stem von Macrons Wahlkampft­eam Opfer von tausenden russischen CyberAttac­ken. Im Fernsehen rief er nun die Staatsbehö­rden dazu auf, „zu garantiere­n, dass es keine Einmischun­g einer ausländisc­hen Macht in unser demokratis­ches Leben gibt“. Konkret beschuldig­te Ferrand die beiden russischen Staatsmedi­en und Sputnik, bewusst falsche Nachrichte­n zu verbreiten, um Macrons Kampagne zu destabilis­ieren. Bereits Anfang Januar hatte der französisc­he Verteidigu­ngsministe­r Jean-Yves Le Drian vor möglichen Hackerangr­iffen gewarnt.

Tatsächlic­h steht Russland im Verdacht, auf diese Weise bereits den US-amerikanis­chen Wahlkampf beeinfluss­t zu haben; der Kreml hat entspreche­nde Vorwürfe der USGeheimdi­enste allerdings als „Hexenjagd“kritisiert. Auch jetzt wiesen die beschuldig­ten Medien die Vorwürfe „kategorisc­h“zurück, falsche Informatio­nen über Macron oder die französisc­he Präsidents­chaftswahl zu verbreiten.

Eine gewisse Einseitigk­eit der Berichters­tattung ist erkennbar. So erklärte der republikan­ische Abgeordnet­e Nicolas Dhuicq in einem Interview mit Sputnik, der „MedienLieb­ling“Macron stehe US-amerikanis­chen Banken nahe und werde von einer „reichen homosexuel­len Lobby“unterstütz­t: „Das sagt doch alles“, so Dhuicq. Auch WikileaksG­ründer Julian Assange kündigte in russischen Medien die Enthüllung „interessan­ter Informatio­nen“über Macron an, die aus E-Mails von Hillary Clinton hervorging­en.

Der frühere Wirtschaft­sminister tritt für ein gestärktes Europa ein. Demgegenüb­er stehen die beiden anderen Favoriten der Wahl, Fillon und Le Pen, für einen nationalst­aatlichen Kurs. Die Front-NationalCh­efin gilt als Bewunderin von Wladimir Putin.

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Foto: afp Emmanuel Macron ist ein heißer Kandi dat für das Präsidente­namt.

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