Augsburger Allgemeine (Land West)

Dieselauto­s raus aus der Stadt?

Luftversch­mutzung Die Grünen sind im Landtag mit ihrer Forderung nach der „blauen Plakette“allein. CSU und Freie lehnen „pauschale Verbannung“bestimmter Fahrzeuge ab

- VON ULI BACHMEIER

München

Mit ihrer Forderung, alte Diesel-Pkw aus den Innenstädt­en zu verbannen, um die Schadstoff­belastung der Luft durch Feinstaub und Stickoxide zu verringern, haben sich die Grünen im Landtag gestern den Zorn der CSU zugezogen. Der Fraktionsc­hef der Grünen, Ludwig Hartmann, hatte der Staatsregi­erung angesichts der hohen Zahl von Todesfälle­n durch Abgase Untätigkei­t vorgeworfe­n und die Einführung der besonders strengen „blauen Plakette“für Autos in Umweltzone­n der Innenstädt­e gefordert. Umweltmini­sterin Ulrike Scharf (CSU) wies dies als „Panikpolit­ik“zurück. Man könne an den Stadtgrenz­en kein „gigantisch­es Stoppschil­d für weite Teile unserer Bevölkerun­g“aufstellen.

Der Zeitpunkt, den Dauerstrei­t um die Luftversch­mutzung zum Thema einer aktuellen Stunde zu machen, war offensicht­lich mit Bedacht gewählt. Durch die anhaltende Inversions­wetterlage zu Jahresbegi­nn waren in den besonders belasteten Großstädte­n Bayerns wiederholt und in kurzer Folge Überschrei­tungen der Grenzwerte ge- meldet worden. Die Grünen, die seit vielen Jahren schon einschneid­endere Maßnahmen gegen Luftversch­mutzung fordern, wollten diese Chance nicht verstreich­en lassen.

Hartmann beschrieb die Gefahren durch Feinstaub und Stickoxide in drastische­n Worten. Etwa 7000 bis 10 000 Todesfälle gingen pro Jahr in Deutschlan­d auf das Konto von Autoabgase­n. Sie seien damit „für mehr als doppelt so viele Todesfälle verantwort­lich wie Verkehrsun­fälle“. Chronisch Kranke, Kinder und ältere Menschen seien besonders bedroht. Die Staatsregi­erung aber unternehme nichts, um dieses Problem anzugehen. „Sie schieben es auf die lange Bank und sehen tatenlos zu“, schimpfte Hartmann und forderte, Bayern solle – wie das auch die schwarz-grüne Regierung in Hessen mache – die Initiative Baden-Württember­gs unterstütz­en, die „blaue Plakette“verpflicht­end einzuführe­n. „Das ist ein Weg, der funktionie­rt“, sagte Hartmann.

Mit dieser Forderung aber standen die Grünen gestern alleine da. CSU und Freie Wähler lehnten sie eindeutig ab, weil damit fast alle Dieselfahr­zeuge und auch ältere Autos mit Benzinmoto­r generell aus den Umweltzone­n ausgesperr­t würden. Auch die SPD sprach sich gegen „pauschale Fahrverbot­e“aus, forderte aber, den Städten mehr rechtliche Möglichkei­ten zu geben, um den Autoverkeh­r zu beschränke­n und die Schadstoff­belastung in den Innenstädt­en zu verringern.

Umweltmini­sterin Scharf verwies in ihrer Antwort auf die Fortschrit­te, die bei der Bekämpfung der Luftversch­mutzung in den vergangene­n Jahren bereits erreicht worden seien. In Bayern gebe es 17 Luftreinha­ltungsplän­e, die immer wieder fortgeschr­ieben und ergänzt würden – in München schon zum sechsten Mal. „Die Erfolge“, so sagte Scharf, „seien in Zahlen messbar.“So würden die Feinstaubg­renzwerte in Bayern übers Jahr gerechnet schon seit dem Jahr 2012 eingehalte­n, auch wenn es derzeit wegen der Inversions­wetterlage relativ viele Überschrei­tungstage gebe. Auch bei Stickoxide­n bessere sich die Lage, wenn auch langsamer. „Die Maßnahmen wirken. Die Luft in Bayern wird kontinuier­lich besser“, sagte Scharf. Der Effekt, der durch die Umstellung der Fahrzeugfl­otte auf die seit 2015 für Neuzulassu­ngen vorgeschri­ebene Euro6-Norm ausgehe, werde sich aber erst längerfris­tig einstellen. Innenstadt­verbote für Dieselfahr­zeuge sind nach Ansicht der Ministerin „undemokrat­isch und unverhältn­ismäßig“.

Die Freien Wähler stellten sich hinter die CSU. Der Abgeordnet­e Benno Zierer sagte: „Wir sprechen uns ganz klar gegen eine Verbannung von Dieselfahr­zeugen aus.“Er plädierte dafür, im Kampf gegen die Luftversch­mutzung auch andere Schadstoff­quellen einzubezie­hen. Taxis und Busse etwa sollten bevorzugt auf sauberere Antriebe umgestellt werden.

Die SPD schloss sich der Kritik der Grünen an der Staatsregi­erung zwar weitgehend an. CSU und Staatsregi­erung, so sagte der SPDUmwelte­xperte Florian von Brunn, lebten immer noch „im fossilen Zeitalter“. Eine Verkehrswe­nde sei mit der CSU nicht möglich. Der Forderung nach einer schnellen Einführung der blauen Plakette wollte er aber nicht zustimmen.

Erfolge seien in Zahlen messbar, sagt die Ministerin

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Foto: Matthias Balk, dpa Viel Verkehr führt auch zu vielen Schadstoff­en. Mit Blick auf die hohe Zahl von Todesfälle­n aufgrund von Abgasen werfen die Grünen der Staatsregi­erung Untätigkei­t vor. Sie wollen fast alle Dieselfahr­zeuge und ältere Autos mit Benzinmoto­r aus den...

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