Augsburger Allgemeine (Land West)
Stimme mit Gewicht
Nachruf Michael Naura prägte den deutschen Jazz nicht nur als Pianist
Michael Naura war eine Institution des Jazz in Deutschland. Dabei verlief seine Karriere in zwei unterschiedlichen Spuren. Der 1934 in Litauen geborene, noch als Kind nach Berlin gekommene Naura machte zunächst als Pianist von sich reden. Zusammen mit dem Vibraphonisten Wolfgang Schlüter gründete er Mitte der 50er Jahre eine Combo, die sich stilistisch an den damals modernen Strömungen des Jazz orientierte.
Das Naura-Quintett, 1962/63 zur besten deutschen Band gewählt, war beliebt und trat ohne Unterlass auf. „Es war schlimmer als Bergbau“, erinnerte sich Naura später. Die Nächte in verqualmten Kellern gingen an dem Pianisten nicht spurlos vorüber, 1963 erkrankte er schwer und musste mehrere Jahre pausieren. Musikerkollegen taten sich in dieser Zeit zusammen und organisierten ein Benefizkonzert, um Geld für die Behandlungskosten zusammenzubringen.
1966 betrat Naura zusammen mit Schlüter und seinem Quintett wieder die Bühne. Doch wenige Jahre später begann die zweite Karriere: 1971 wurde er Leiter der Jazzredaktion des Norddeutschen Rundfunks. Vergleichbar mit Joachim-Ernst Berendt, dem „Jazz-Papst“beim SWR, wurde er zu einer der maßgeblichen deutschen Rundfunkstimmen des Jazz. Unvergessen ist auch Nauras Zusammenarbeit mit dem Dichter Peter Rühmkorf, mit dem zusammen er Projekte unter dem Motto „Jazz und Lyrik“erarbeitete. Vielfach entfaltete Naura sein Wissen und seine Empathie für „seine“Musik auch in Zeitschriftenartikeln und Texten für Schallplatten.
Nach langer schwerer Krankheit ist Michael Naura am Montag in Hollbüllhuus bei Husum im Alter von 82 Jahren gestorben.