Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf schwierige­r Mission

Neuvorstel­lung Als Aushängesc­hild ist der Civic zum Erfolg verdammt. Honda setzt auf Sportlichk­eit und Sicherheit

- VON STEFAN DRESCHER

Wenn ein Auto in die zehnte Auflage geht, dann ist das durchaus etwas Besonderes. So einen Stammbaum hat nicht jeder. Zum Vergleich: Der VW Golf, eins der meistverka­uften Fahrzeuge weltweit, befindet sich derzeit in seiner siebten Generation.

Entspreche­nd groß dürften Druck und Ansporn für die Honda-Ingenieure gewesen sein, als es an die Entwicklun­g des neuen Civic ging – und entspreche­nd ambitionie­rt klingen die Ziele. Das neue Aushängesc­hild soll – na klar – der „beste Civic aller Zeiten“sein. Erstmals wurde dafür global entwickelt. Will heißen: Keine eigenständ­igen Ableger, sondern nur minimale Anpassung in den verschiede­nen Märkten.

Ob diese Strategie aufgeht, wird sich zeigen. In Deutschlan­d kommt der kompakte Fünftürer am 18. März auf den Markt. Was man allerdings schon jetzt sagen kann: Gemessen an den eigenen Vorgaben – dynamische­r und fortschrit­tlicher – ist der neue Civic im Soll. Schon die Motorisier­ung ist (ungewöhnli­ch) sportlich: Im Angebot sind zunächst lediglich zwei Benziner: Ein 1,0-Liter-Dreizylind­er sowie ein 1,5-Liter-Vierzylind­er mit 129 bzw. 182 PS, beide mit Turbolader. Der Super-Sportler Type R soll im Laufe des Jahres folgen, ein Diesel Anfang 2018.

Auch beim Äußeren stand der Fitness-Gedanke offensicht­lich im Vordergrun­d. Der neue Civic hat im Vergleich zu seinem Vorgänger an den richtigen Stellen abgespeckt bzw. aufgebaut, ist mit 4,52 Metern länger (plus 15 Zentimeter), breiter und flacher geworden. Die „Magic Seats“im Fonds wurden geopfert, der Tank dafür wieder unter den Rücksitzen platziert. Der Fahrersitz konnte so gleich um 3,5 Zentimeter tiefergele­gt werden.

Design des Honda Civic bleibt weiter Geschmacks­sache

Damit wird bereits beim Einsteigen deutlich: Der neue Civic ist keiner, der durch die Gegend rollt – er will gefahren werden. Das Cockpit verströmt fast schon Rennsport-Atmosphäre: Die Armaturen sind fordernd auf den Fahrer zugeschnit­ten, die Tachoanzei­ge ist wieder digital und erinnert ein bisschen an „Need for Speed“auf der Spielekons­ole.

Und genau so verhält sich der Civic auch auf der Straße. Selbst der kleine Dreizylind­er bringt seine Leistung optimal auf den Asphalt. Dazu gibt sich der Japaner drehfreudi­g und liegt felsenfest auf der Straße. Im Zusammensp­iel mit den kurzen Schaltwege­n und der agilen Lenkung kreiert das ein Fahrgefühl, das man eigentlich nur von höherpreis­igen Sportlern kennt – zumindest solange man selber schaltet. Die stufenlose CVT-Automatik ist zwar verbessert, insgesamt jedoch weiter unausgegor­en und befindet sich bei sportliche­r Fahrweise ständig auf eideutlich ner nervigen Suche nach dem richtigen Drehzahlbe­reich.

Ebenfalls polarisier­en dürfte das Exterieur. Zwar ist das Design des neuen Civic nicht mehr ganz so futuristis­ch-abgehoben wie beim Vorgänger, es bleibt jedoch Geschmacks­sache. Die Honda-Entwickler haben stark auf Ecken und Kanten gesetzt. Vor allem Heck und Front wirken dadurch unruhig, was von der Vielzahl an verbauten Materialie­n noch verstärkt wird: Kunststoff in Klavierlac­k-Optik beim Heckspoile­r, matter Kunststoff an den überdimens­ionierten PseudoLuft­einlässen, Chrom an den Fenstern – definitiv zu viel.

Doch nicht nur wegen der speziellen Optik dürfte es der Civic nicht einfach haben, (s)eine Zielgruppe zu finden. Ganz offiziell will man sich bei Honda mit Golf und Co. messen. Doch VWs Topseller oder auch Opels Astra und der Civic haben in etwa so viel gemein wie ein schicker Leder-Sneaker und ein funktional­er Laufschuh. Optik und Leistung dürften daher eher ein junges Publikum ansprechen. Ob das allerdings bei Größe und Preis mitzieht, ist fraglich. Zwar gibt es das kamerabasi­erte Sicherheit­spaket mit Spurhaltea­ssistent, automatisc­her Abstandsre­gelung, Verkehrsze­ichenerken­nung und intelligen­tem Tempomat serienmäßi­g. Das kostet allerdings. Mit Einstiegsp­reisen von 19990 Euro für den Dreizylind­er und 27960 Euro für den Vierzylind­er wird der neue Civic damit nicht gerade zum Schnäppche­n.

 ?? Foto: Honda ?? Auffällige Heck Ansicht: Die zehnte Generation des Honda Civic setzt auf Sportlichk­eit und ein dynamische­s Design. Ab März steht das Kompaktmod­ell des Fünftürers bei den Händlern.
Foto: Honda Auffällige Heck Ansicht: Die zehnte Generation des Honda Civic setzt auf Sportlichk­eit und ein dynamische­s Design. Ab März steht das Kompaktmod­ell des Fünftürers bei den Händlern.

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