Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Bühne für Burnout

Theaterwer­kstatt Ein Manager unter Druck. Matthias Klösels neues Stück hat Premiere im Hoffmannke­ller

- VON LAURA JOCHAM

Matthias Klösel sitzt auf einem Stuhl. Seine Ellbogen stützt er auf die Oberschenk­el, das Gesicht vergräbt er in den Händen. Klösel spielt einen Manager, die Haare zurückgebu­nden, gekleidet in Sakko, Hemd und Krawatte. Dass sich der erfolgsver­wöhnte Mann im Job überforder­t, bemerkt er zu spät. „Aber ich verrate doch die Menschen, oder nicht?“

An dieser Stelle unterbrich­t Regisseur Jürg Schlachter den Schauspiel­er. „Du bist in einem Gewissensk­onflikt, bist hochgradig erregt. Lass den Körper los.“Die Szene also noch einmal von vorn. Manager Manfred Hartmann, sein Gewissensk­onflikt, der Druck von allen Seiten, beruflich wie privat. Er denkt an seine Frau, die sich von ihm trennen, die gemeinsame Tochter wegnehmen will. „Wenn du dich privat nicht mehr verlassen kannst, bist du verlassen.“

Klösel probt an diesem Vormittag für das neue Stück der Theaterwer­kstatt Augsburg: „Burn out oder möge die Macht mit euch sein“. Geschriebe­n hat er den Text selbst. Es ist ein Monolog. Der verlangt dem Schauspiel­er mitunter viel ab. Rund einen Monat lang probt er. Pausen gönnt er sich bei der 60-minütigen Aufführung nicht. „Diese Form basiert stark auf eigenen Erlebnisse­n des Schauspiel­ers. Er muss den Kosmos der Figur finden, denn nicht jeder Fingerzeig ist dabei inszeniert“, erklärt Regisseur Schlachter.

Immer wieder erinnert er Klösel bei der Probe daran, wie sich der Protagonis­t in der jeweiligen Situation fühlen müssen. Und wie sich das auch körperlich äußert. „Der Schauspiel­er sucht nach der Atmung, den Gedanken, die hinter einer Reaktion stehen.“Zusammenge­arbeitet haben der Regisseur und der Schauspiel­er schon mehrfach. Das mache die gemeinsame Arbeit einfacher, vor allem vertrauter.

Drei Spielorte hat Klösel für die Bühneninsz­enierung ausgewählt: Die Szenen spielen im Büro, im Behandlung­szimmer eines Psychologe­n und als Ansprache vor Kollegen. Von allen Seiten erfährt der Protagonis­t Druck. Kollegen muss der erfolgsver­wöhnte Manager Kündigunge­n erklären, seiner Frau einen Seitenspru­ng. „Er kommt immer mehr in die Bredouille“, fasst Schlachter zusammen.

Inspiriert hat Klösel zu „Burn out oder möge die Macht mit euch sein“der Fall eines deutschen Topmanager­s, der vor mehreren Jahren Selbstmord beging. Offen hatte dieser über enorm hohen Druck geklagt. „Burnout als Symptom der Leistungsg­esellschaf­t, die von Schwächen, vor allem psychische­n, nichts wissen will, nimmt quer durch die Gesellscha­ftsschicht­en zu“, findet Klösel. Seine Inszenieru­ng zeige collageart­ig die Schattense­iten der globalen Leistungsk­ultur. „Wenn Körper und Psyche nicht mehr so funktionie­ren wie erwartet, kommt der Zusammenbr­uch.“Und so wird auch in dem Theaterstü­ck aus dem Antreiber ein Getriebene­r. Als Hartmann seine Kündigung erhält, schlägt die Depression in Wut um. Er gerät in Panik, schafft es nicht heraus aus der Gedankensp­irale und lässt letztlich jene büßen, die er für sein Unglück verantwort­lich macht. O

Aufführung­en sind am Mittwoch, 15. Februar, sowie Donnerstag, 23. Februar, und Mittwoch, 1. März, jeweils um 20. 30 Uhr im Hoffmannke­ller, Kasernstra­ße 4 6 in Augsburg. Reservieru­ngen sind unter der Telefonnum­mer 0821/3244900 möglich.

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Foto: Bernhard Weizenegge­r Regisseur Jürg Schlachter (links) und Schauspiel­er Matthias Klösel haben schon mehrfach zusammen gearbeitet.

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