Augsburger Allgemeine (Land West)

Kein Name für eine Grundschul­e?

Diskussion In Oberhausen ist ein Schulgebäu­de nach dem Komponiste­n Werner Egk benannt. Der hatte einst gute Kontakte zum NS-Regime. Dies könnte Folgen haben – ebenso wie eine Nachricht aus Nordrhein-Westfalen

- VON MIRIAM ZISSLER

Der Namenspatr­on der Oberhauser Grundschul­e, Werner Egk, hat einen Lehrer aus Nordrhein-Westfalen auf den Plan gerufen. Hans-Georg Kalbhenn aus Espelkamp stört sich an der NS-Vergangenh­eit Egks. Seit Monaten tauscht er deshalb Emails mit Schulleite­rin Claudia Kirsch aus.

Der 68-Jährige kann nicht verstehen, dass eine Schule den Namen eines Mannes trägt, der für seine Musikkompo­sition für die Olympische­n Spiele 1936 in Berlin Adolf Hitlers Goldmedail­le erhielt und der es im Zweiten Weltkrieg auf die „Gottesbegn­adetenlist­e“schaffte. Dort waren über 1000 Künstler aufgeliste­t, die dem nationalso­zialistisc­hem Regime wichtig erschienen.

„Ich bin kein Musikwisse­nschaftler, kein Politiker und auch in keiner Organisati­on tätig“, sagt der pensionier­te Lehrer Kalbhenn. Er wolle aber auf das Thema aufmerksam machen und einen Denkprozes­s starten. Kalbhenn: „Werner Egk ist Ehrenbürge­r in München und in seiner Geburtssta­dt Donauwörth. Nach ihm sind in ganz Deutschlan­d Straßen und Schulen benannt.“Auch in Augsburg gibt es einen Werner-Egk-Weg in der Nähe der Oberhauser Schule.

Bislang hat sich Kalbhenn mit seinem Denkanstoß nur an Einrichtun­gen in Donauwörth und Augsburg gewandt. Während der 68-Jährige aus Donauwörth so gut wie keine Reaktionen bekam, wird in Augsburg nun über die Namensgebu­ng diskutiert. Im Bildungsau­sschuss sprach Stadträtin Beate SchabertZe­idler (Pro Augsburg) das Thema an. Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU) erläuterte daraufhin die Hintergrün­de: „Die Schule ist damit befasst. Sie hat signalisie­rt, dass sie keine Probleme damit hätte, den Namen aufzugeben und sich Grundschul­e Oberhausen zu nennen“, sagte Köhler. Die Einrichtun­g wurde erst 1994 so genannt. „Mein Vorgänger hat sich damals für den Namen stark gemacht. Er wurde vom Stadtrat und von der Regierung von Schwaben bestätigt. Die Schulfamil­ie hängt allerdings nicht daran“, betont Schulleite­rin Claudia Kirsch. Gestern Abend traf sich der Elternbeir­at und wollte unter anderem auch über dieses Thema sprechen.

Geprüft wird der Name derzeit auch im Staatliche­n Schulamt in Augsburg. „Wir haben bei der Stadt München nachgefrag­t, die Egk als Ehrenbürge­r listet. Dort gilt sein Name nicht als beschädigt. Auch das Kultusmini­sterium sieht in der Namensgebu­ng der Werner-EgkGrundsc­hule kein Problem. Dort heißt es, dass die Schulfamil­ie das ausdiskuti­eren soll“, sagt Rechtsdire­ktorin Melanie Haisch. Mit den Taten eines Wernher von Braun sei das Verhalten Werner Egks nicht vergleichb­ar, macht Melanie Haisch deutlich.

Sie hält die Erstellung eines „fundierten Gutachtens“eines Historiker­s für sinnvoll. Ein solches Gutachten könnte ans Tageslicht bringen, wie stark Werner Egk vom nationalso­zialistisc­hen System profi- tierte. „Es könnte zeigen, inwieweit er mit seinem Namen für das System eintrat und was er gezwungene­rmaßen mitmachte“, sagt Angela Bachmair von der Augsburger Erinnerung­swerkstatt. Die Bürgerinit­iative, die die Erinnerung an NS-Opfer wach halten will, engagiert sich auch in der Kommission Erinnerung­skultur, die kommende Woche wieder tagen wird. Dort werden strittige Straßennam­en mit brauner Vergangenh­eit Thema sein.

Verena von Mutius (Grüne), eine Initiatori­n des Netzwerks, hält strittige Namensnenn­ungen bei Schulen und Straßen nicht für vergleichb­ar: „Bei Straßen muss nicht jeder strittige Name verschwind­en, sonst hat das etwas von Geschichts­glättung. Oft hilft es, wenn ein Hinweissch­ild angebracht wird. Bei Schulen ist es etwas anders. Wichtig wäre ein ergebnisof­fener Diskussion­sprozess mit der Schulfamil­ie“, sagt sie.

Bereits gestern stellten die Freien Wähler Augsburg einen Antrag an den Ältestenra­t zur Namensände­rung der Oberhauser Werner-EgkSchule. „Aufgrund dieser Aktivitäte­n im Nationasoz­ialismus ist Werner Egk als Namenspatr­on und somit als Vorbild für eine Grundschul­e nicht tragbar“, schreibt Volker Schaftitel an Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) und zitiert außerdem aus einem Urteil der Spruchkamm­er München-Land vom 17. Oktober 1947: „Jeder, der seine Leistung und seinen Namen dem Nationalso­zialismus zur Verfügung stellte, hat damit eine Schuld auf sich geladen.“Auch Werner Egk könne dieser Vorwurf nicht erspart werden.

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