Augsburger Allgemeine (Land West)
Mütter werden älter und Babys schwerer
Statistik Die Zahl der Kaiserschnitte im Landkreis Augsburg steigt, doch diese Eingriffe haben auch Risiken
Landkreis Augsburg Mehr als jedes fünfte Neugeborene im Landkreis hat eine Mutter, die 35 Jahre und älter ist. Das Durchschnittsalter aller Mütter beträgt 31,6 Jahre. Dies besagt eine Studie der IKK classic Krankenkasse, die Zahlen des bayerischen Landesamtes für Statistik ausgewertet hat. Die Zahlen aus den Wertachkliniken bestätigen das, in Schwabmünchen waren 18,1 Prozent und in Bobingen 19,8 Prozent der Gebärenden älter als 35 Jahre.
Betrachtet man die Entwicklung über den Zeitraum der vergangenen zehn Jahre, lässt sich ein allgemeiner Trend zu immer mehr Spätgebärenden nach Auskunft der Wertachkliniken nicht bestätigen.
Auch Birgit Hegen, Sprecherin der Hebammen in Bobingen und seit zehn Jahren in der Geburtshilfe tätig, sieht diese Entwicklung in der Zeit ihrer Berufspraxis nicht. Vermutlich ist der zeitliche Rahmen zu kurz. Denn: Anders sieht es mit Blick auf die vergangenen 20 Jahre aus. Dr. Octavian Duma, Belegarzt an der Wer-tachklinik mit eigener Praxis in Bobingen, arbeitet seit knapp zwei Jahrzehnten in der Geburtshilfe und meint, diesen Trend zu erkennen.
Auch Rebecca Eder, seit einem Jahr Hebamme an der Wertachklinik in Schwabmünchen, bestätigt seine Einschätzung. Natürlich nicht aus eigener Erfahrung, sondern aufgrund der Aussage ihrer Mutter, die bereits seit 27 Jahren ebenfalls als Hebamme arbeitet. Die steigende Zahl der Kaiserschnitte erklärt Dr. Duma zum einen damit, dass viele ältere Frauen, die unter Umständen viele Jahre auf das ersehnte Kind gewartet haben, bei der Geburt nichts mehr dem Schicksal überlassen wollen. Außerdem habe es in der Medizin eine Trendwende gegeben, der geplante Kaiserschnitt wurde enttabuisiert, sagt Dr. Duma.
Darüber hinaus gibt es aber auch noch viele andere, medizinische Gründe. Beispielsweise sind viele Säuglinge heutzutage bei der Geburt größer als früher. 4000 Gramm seien keine Seltenheit mehr, sagt Dr. Duma. Deshalb gebe es heute mehr medizinisch notwendige Kaiserschnitte, die nichts mit dem Alter der Gebärenden zu tun haben. Grundsätzlich müsse nach medizinischen Gesichtspunkten ganz individuell entschieden werden, ob ein Kind mit einem geplanten Kaiserschnitt oder spontan geboren werden sollte, erklärt Dr. Duma. Denn auch Spätgebärende könnten ihre Kinder auf natürlichem Weg über den Geburtskanal auf die Welt bringen, wenn keine besonderen Risikofaktoren dagegen sprächen.
Klar ist, auch ein Kaiserschnitt birgt Risiken. Deshalb empfiehlt auch Hebamme Birgit Hegen den Frauen, nach der medizinischen Kontrolle selbstbewusst auf den eigenen Körper zu hören. „Mit Durchhaltevermögen, Selbstvertrauen und einer positiven Einstellung können auch Frauen über 40 ohne Komplikationen spontan gebären“, erklärt die Geburtshelferin. Ältere Mütter erhöhen zudem die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsgeburten. Darauf hat das Klinikum in Augsburg erst kürzlich hingewiesen. „Eine 40-jährige Mami bekommt häufiger auf natürlichem Wege Zwillinge als eine 20-jährige Mutter“, sagt Pressesprecherin Ines Lehmann. Am Klinikum kamen im Jahr 2016 bei 2162 Geburten 2249 Kinder zur Welt. Bei den meisten Mehrlingsgeburten handelt es sich um Zwillinge.
Auch die größte Geburtsklinik der Region registriert mehr Zwillingsgeburten. Im kirchlichen Josefinum im Augsburger Stadtteil Oberhausen stieg der Anteil der Zwillinge von 1,5 Prozent der Geburten im Jahr 1997 auf 2,7 Prozent im Jahr 2016 – bei rund 3200 Geburten. Dass sich die Mehrlingsgeburten in den beiden Augsburger Häusern häufen, hat auch mit den dortigen medizinischen Möglichkeiten zu tun. Werdenden Müttern mit sogenannten Risikoschwangerschaften wird von kleineren Häusern gerne das Augsburger Klinikum oder das Josefinum mit ihren angeschlossenen Kinderkrankenhäusern empfohlen.