Augsburger Allgemeine (Land West)

Joseph war Kindersold­at

Krieg An manchen Orten auf der Welt werden Kinder gezwungen zu kämpfen. Hier erzählt ein zehnjährig­er Junge, wie es ihm erging

- VON JÜRGEN BÄTZ

Der zehn Jahre alte Joseph hebt sein rotes T-Shirt an und zeigt eine große Narbe. Sie reicht quer über seinen Bauch. Der Junge wurde von einer Gewehrkuge­l getroffen. Das passierte in der Demokratis­chen Republik Kongo. Das Land liegt mitten in Afrika. Joseph hatte Glück und kam in ein Krankenhau­s.

Joseph heißt eigentlich anders. Aber sein richtiger Name soll nicht genannt werden, um ihn zu schützen. Der Junge hat schon viel Schlimmes erlebt. Er wurde als Kind entführt, in seiner Heimat Uganda. Das ist ein Nachbarlan­d des Kongo. Dann wurde er gezwungen, für eine Gruppe von Rebellen zu arbeiten. Diese schwer bewaffnete­n Rebellen kämpfen gegen die Regierung des Landes. Kinder und Jugendlich­e wie Joseph, die sich in der Gewalt von bewaffnete­n Gruppen befinden, werden Kindersold­aten genannt. Sie werden oft gezwungen, mit Waffen zu kämpfen, obwohl sie noch Kinder sind. Oder sie werden gezwungen, für Rebellen zu arbeiten, so als wären sie Sklaven und hätten gar keine Rechte. Das ist natürlich verboten. Aber in Ländern, in denen es Bürgerkrie­ge oder andere Konflikte gibt, können Polizei oder Militär das nicht kontrollie­ren.

Experten schätzen: Weltweit gibt es Zehntausen­de Kindersol- daten. Wenn Kindersold­aten freikommen, brauchen sie erst mal Hilfe. Viele haben Schrecklic­hes erlebt. Sie müssen viel darüber sprechen, damit es ihnen besser geht. Joseph und viele andere Kinder müssen auch erst mal Lesen und Schreiben lernen.

Joseph wird von der Hilfsorgan­isation Unicef in einem Heim in der Stadt Goma betreut. Er bekommt dort ein ganz spezielles Training: Er übt Capoeira. Das ist eine brasiliani­sche Kampfkunst. Zu Trommelmu- sik machen Joseph und seine Kameraden Bewegungen wie Kung-Fu-Kämpfer. Aber Capoeira ist mehr Akrobatik als Kampfsport. Schläge werden nur angedeutet, Joseph darf sein Gegenüber nie berühren.

Experten sagen, das sei ein gutes Training für die früheren Kindersold­aten. Dank Capoeira können sie körperlich auch mal Dampf ablassen – aber immer in kontrollie­rter Form. Joseph freut sich, dass er endlich wieder frei ist. „Jetzt hoffe ich, dass wir meine Familie finden können“, sagt er. Seine Eltern hat er nicht mehr gesehen, seit er zu den Rebellen verschlepp­t wurde. Unicef hilft ihm nun bei der Suche.

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Joseph

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