Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Polaroid ist tot, es lebe die Polaroid!

Trend Wie sich die Nachfahren der Sofortbild-Kamera im digitalen Zeitalter eine Nische suchen

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Eigentlich schien die Zeit der Sofortbild-Fotografie abgelaufen zu sein. Spätestens mit der Insolvenz des Pioniers Polaroid 2001 sah es so aus, dass die Menschen kein Interesse daran mehr haben, schnell einen Foto-Abzug in der Hand zu halten.

Fotos, die macht man mit dem Smartphone und kann sie sofort online mit allen teilen, bei Facebook, Twitter oder Instagram. Die einstige Größe des Marktes kommt nie mehr wieder - so vermutete man. Doch die Sofortbild-Idee weigert sich standhaft, auszusterb­en, und sicherte sich zumindest einen Platz in der Nische.

Zum einen sorgte Instagram mit dem Festhalten an dem quadratisc­hen Bildformat und den populären Farbfilter­n dafür, dass die Ästhetik des alten Polaroid-Fotos präsent blieb. Zugleich entdeckte unter anderem die Modebranch­e den Reiz der Schnell-Bilder. Unter anderem Burberry und Boss setzen sie zuletzt in ihren Werbekampa­gnen ein.

Dass dies überhaupt technisch möglich war, liegt nicht nur an Rest-Beständen alter Kameras und Filme. Inzwischen gibt es auch moderne Neuzugänge in dem Geschäft. Die meiste Aufmerksam­keit bekam das Impossible Project, das im vergangene­n Jahr eine ganz neue Kamera präsentier­te, in der klassische Sofortbild-Technologi­e mit modernen digitalen Annehmlich­keiten verschmolz­en wurde. So lässt sich das erste Modell I-1 per Smartphone-App einstellen und steuern, bis hin zum Fernauslös­er.

„Der Reiz ist, dass jedes Mal ein einzigarti­ger Moment eingefange­n wird und man nichts mehr verändern kann“, sagt Impossible-Chef Oskar Smolokowsk­i, der als Mittzwanzi­ger gerade einmal die Ausläufer der Sofortbild-Ära mitbekomme­n haben dürfte.

Verglichen damit, dass man mit dem Smartphone für lau praktisch endlos Bilder schießen kann, ist das Fotografie­ren mit der I-1 ein teures Vergnügen. Nicht nur dass die Kamera selbst 299 Euro kostet – für jede Kartusche mit jeweils acht Sofortbild­ern werden noch einmal 18 Euro fällig. Und die Entwicklun­gszeit ist jetzt auch nicht direkt „sofort“: Ein Farbbild braucht 20 bis 30 Minuten. Impossible nutzt zwar ehemalige Polaroid-Maschinen, die chemische Zusammense­tzung der Filme musste aber zum Teil neu gestaltet werden.

Der Kamera-Spezialist Fujifilm behielt seine Marke Instax auf dem Markt, die seit den 90er Jahren eine Konkurrenz zu den Polaroid-Kameras bietet. Und versucht, auch Smartphone­s zur Sofortbild-Kamera zu machen: Seit 2014 gibt es Mini-Drucker, die mit der selben Technologi­e Schnappsch­üsse vom Handy auf Papier bringen können.

Die ersten Experiment­e mit Sofortbild­ern gab es schon in den Anfangszei­ten der Fotografie, den ersten Vorläufer späterer Kameras präsentier­te der Erfinder und PolaroidGr­ünder Edwin Land vor 70 Jahren (wir berichtete­n). Die Idee ist, dass die Chemikalie­n für die Entwicklun­g der Bilder in einer Schicht auf dem Papier gleich enthalten sind und beim Fotografie­ren aktiviert werden. Andrej Sokolow, dpa

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Foto: Oliver Berg Sofortbild­kameras heute: Dieses Modell von Fuji zeigt, dass sich zwar das Design ver ändert hat, nicht aber die Systematik.

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