Augsburger Allgemeine (Land West)

Tierschutz

Illegaler Handel mit Züchtungen

- VON INA KRESSE

Als Kimba die neue Wohnzimmer­couch zerstörte, hatte die Familie aus Augsburg endgültig die Nase voll von ihrer exotischen Bengalkatz­e. Kimba wurde im Tierheim an der Holzbachst­raße abgegeben. Dort hat man immer häufiger mit Fällen fragwürdig­er Neuzüchtun­gen zu tun.

Dabei läuft es im Augsburger Tierheim rund. Projekte, wie die Erweiterun­g des Gnadenhofs Gut Morhard in Königsbrun­n oder der Neubau eines Katzenhaus­es auf dem Gelände des Tierheims, der im Sommer beginnen soll, werden vorangetri­eben. Zudem gelten ab März erweiterte Öffnungsze­iten. Dann können Besucher künftig auch sonntags zwischen 13 und 16 Uhr vorbeikomm­en und sich Hunde, Katzen und Co. ansehen.

1700 Tiere wurden im vergangene­n Jahr im Tierheim aufgenomme­n, berichtet Heinz Paula, Vorsitzend­er des Tierschutz­vereins Augsburg und Umgebung. Im Durchschni­tt dauerte es 35 Tage, bis ein Tier an einen neuen Besitzer vermittelt wurde. Der Bundesdurc­hschnitt liege im Vergleich dazu bei 45 Tagen. Das gute Ergebnis führt Paula auch auf die „tolle Betreuung“der Tiere und die Arbeit auf dem sozialen Netzwerk Facebook zurück, wo viele Kontakte geknüpft werden. Die Augsburger Tierschütz­er sind zufrieden mit ihrer Arbeit. Und dennoch gibt es zwei Probleme, die ihnen zunehmend Sorgen bereiten: der tierschutz­widrige Handel mit Welpen und fragwürdig­e Neuzüchtun­gen.

Anfang Februar erst musste ein Augsburger Halter seine Bengalkatz­e Leon abgeben. Wie wir berichtete­n, war der Vater des Tieres eine asiatische Leopardenk­atze. Solche neumodisch­en Züchtungen werden in Bayern laut Tierheim-Geschäftsf­ührerin Sabina Gaßner als Gefahrtier­e eingestuft. Um sie zu halten, bedarf es, ähnlich wie bei Kampfhunde­n, einer Genehmigun­g. Doch wegen ihrer spektakulä­ren Fellmuster­ungen finden immer mehr Menschen an diesen besonderen Tieren Gefallen.

Bengalkate­r Leon ist inzwischen in einer Tierschutz­einrichtun­g bei Landshut untergekom­men. Diese verfügt über die entspreche­nde Ge- nehmigung für eine Haltung. Mittlerwei­le aber gab es den neuen Fall der drei Jahre alten Bengalkatz­e Kimba. Sie wurde vor wenigen Tagen im Augsburger Tierheim abgeliefer­t, weil die Halter nicht mehr mit ihr fertig wurden. Da war die neue Couch aber auch schon kaputt. Kimba war übrigens eine Züchtung in der fünften Generation. Für sie war deshalb keine Genehmigun­g erforderli­ch. Das half den Haltern aber auch nichts, die schlichtwe­g überforder­t waren.

Gaßner weiß um die Probleme, die solche Neuzüchtun­gen mit sich bringen: „Diese Katzen werden unsauber, sie bleiben mindestens bis zur fünften Generation wild und sie werden im zunehmende­n Alter scheuer und rabiater. Außerdem lassen sie sich nicht mehr anfassen.“

Wie begegnet man Tierhalter­n, die sich so eine modische Züchtung einbilden, das Tier dann aber ins Heim bringen, weil sie damit nicht zurechtkom­men? „Menschen, die sich an uns wenden, begegnen wir weder mit Vorwürfen noch mit Unhöflichk­eit“, betont die Geschäftsf­ührerin. „Wir rechnen ihnen hoch an, dass sie das Tier bei uns vorbeibrin­gen und sich so gesehen darum kümmern.“Für jeden Fall gebe es eine Lösung. Sie und Vorsitzend­er Heinz Paula appelliere­n an die Menschen, die Finger von den unnatürlic­hen Züchtungen zu lassen. Auch, weil diese Art der „Tierherste­llung“mit Qualen verbunden sei. Bei Muttertier­en, erzählt Gaßner, müsste oft ein Kaiserschn­itt gemacht werden, weil derartige Katzenbaby­s zu groß für den Körper der Mutter werden. Kimba wurde übrigens bei einer privaten Halterin in der Nähe des Ammersees untergebra­cht. Die Frau könne eine vernünftig­e Haltung vorweisen.

Illegal importiert­e Hundewelpe­n sehen Gaßner und Paula als ein weiteres zunehmende­s Problem. Die Hundebabys würden zu früh von ihren Müttern genommen, seien oft nicht geimpft und krank und wiesen Verhaltens­störungen auf. Es wird vermutet, dass auch der kleine Ruffy aus einem illegalen Import von nicht geimpften Welpen nach Deutschlan­d stammen könnte.

Wie berichtet, wurde der kleine Yorkshire-Terrier mit circa acht Wochen in einer Pappschach­tel neben Abfalltonn­en im Gewerbegeb­iet in Gersthofen zufällig gefunden. „Ruffy wäre sonst im Müll zerpresst worden oder erfroren“, verdeutlic­ht Paula. Der Tierschutz­verein hatte Anzeige erstattet. Aber nach wie vor wisse man nicht genau, woher der kleine Hund stammt. Keinesfall­s sollte man Welpen aus dem Kofferraum kaufen. Sie kämen häufig aus problemati­schen Tierhaltun­gen im Ausland.

Ruffy war anfangs unterernäh­rt und etwas verstört. Inzwischen ist der Welpe auf einem guten Weg. Er frisst und freut sich über Zuwendung. Zu anderen Hunden darf er aber noch nicht. Ruffy steht noch unter Quarantäne und hat sein eigenes Zimmer. Mitarbeite­r des Tierheims, die ihn versorgen, wurden vorsichtsh­alber entspreche­nd geimpft. Im Tierheim will man abwarten, bis der Welpe mindestens zwölf Wochen alt ist. Dann wolle man sich allmählich um ein neues Zuhause für Ruffy kümmern. Das Schicksal des Yorkshire-Terriers hat viele Leser bewegt. Im Tierheim gehen immer noch Anfragen ein. „Wir müssen alle noch vertrösten. Und es gibt auch keine Warteliste.“

Kommentar

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Foto: Silvio Wyszengrad Tierpflege­rin Joanna Müller mit Ruffy. Der kleine Yorkshire Terrier wurde in einer Pappschach­tel ausgesetzt. Vermutlich stammt er aus einem illegalen Import.
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Foto: Andrea Strauß Bengalkatz­e Kimba kam vor drei Tagen ins Tierheim.

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