Augsburger Allgemeine (Land West)

Kein Platz für hochschwan­gere Frauen?

Gesundheit Im Freistaat kommen mehr Kinder auf die Welt. Gleichzeit­ig schließen viele Geburtsabt­eilungen. Wie die Entwicklun­g weitergeht und was Bayerns Ministerin Huml plant

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg

Ein Horror für jede schwangere Frau: Die Wehen setzen ein, die Nervosität steigt, die Klinik wird erreicht, doch dort heißt es: Sorry, kein Platz. Dieses Szenario scheint sich in München öfter abzuspiele­n. Doch glaubt Astrid Giesen, dass es sich bis jetzt noch um ein Münchner Phänomen handelt. Allerdings schließt die erste Vorsitzend­e des bayerische­n Hebammenve­rbandes nicht aus, dass sich die Lage für gebärende Frauen weiter zuspitzt. Denn immer mehr Geburtssta­tionen in Bayern schließen.

In unserer Region kämpfen Bürger aktuell um die Wiedereröf­fnung der Geburtssta­tion in Illertisse­n. Hebamme Giesen weiß aber auch, dass Weilheim und Bad Tölz gefährdet sind. Nach Einschätzu­ng von Siegfried Hasenbein geht die Schließung­swelle weiter. Der Geschäftsf­ührer der Bayerische­n Krankenhau­sgesellsch­aft sagt, dass das Thema in einigen kleinen Krankenhäu­sern im Freistaat diskutiert wird.

Die Gründe für das Aus der Geburtssta­tionen sind seinen Angaben nach vielfältig. Vor allem machten die steigenden Qualitätsa­nforderung­en kleinen Kliniken schwer zu schaffen. Je mehr Vorgaben erfüllt werden müssen, desto teurer werden die Angebote. Das sei gerade bei der Geburtshil­fe der Fall. Hinzu kommen die massiv gestiegene­n Haftpflich­tprämien für Hebammen und für Belegärzte. Sie steigen nicht etwa, weil mehr Fehler bei den Geburten passieren, sondern weil sich die Folgekoste­n für einzelne schwere Komplikati­onen erhöhen. Die teuren Prämien haben aber längst dazu geführt, dass immer weniger ausgebilde­te Hebammen in der Geburtshil­fe arbeiten. Dennoch werden nach Beobachtun­g von Hasenbein nur in Ausnahmefä­llen hochschwan­gere Frauen von Kliniken in Bayern abgewiesen. „Das gibt es. Das sind aber wirklich Einzelfäll­e.“

In der Zentralisi­erung der Geburtssta­tionen sieht er auch Vorteile für die Mütter. Schließlic­h steigen ganz allgemein die Qualitätsa­nforderung­en für Krankenhau­sbehandlun­gen „und das ist im Sinne des Patienten“. Allerdings warnt er davor, das Rad hier zu weit zu drehen. Denn, wenn wirklich nur noch in wenigen Gesundheit­szentren die hohen medizinisc­hen Qualitätsa­nforderung­en gewährleis­tet sind, sei die wohnortnah­e Geburtshil­fe tatsächlic­h in Gefahr.

Das Klinikum Augsburg spürt bereits einen Anstieg an Geburten. Abgelehnt werden hier keine Schwangere­n. Das Hebammente­am wurde mit Blick auf die gestiegene­n Geburtenza­hlen vergrößert und aufgrund der hauseigene­n Hebammensc­hule sei man zuversicht­lich, genügend Nachwuchs zu haben.

Auf die Diskrepanz zwischen steigenden Geburtenza­hlen und immer weniger Geburtshil­festatione­n angesproch­en, antwortet Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml gegenüber unserer Zeitung: „Die Situation bei den Geburtshil­festatione­n in Bayern beschäftig­t mich auch als zweifache Mutter sehr. Deshalb nehme ich Hinweise sehr ernst, denen zufolge in München hochschwan­gere Frauen von Kliniken abgewiesen wurden.“Dem bayerische­n Gesundheit­sministeri­um seien bislang keine solchen Fälle bekannt. „Wir werden diesen Hinweisen nachgehen.“Insgesamt hält die CSU-Politikeri­n die Geburtshil­fe in Bayern aber derzeit für „ausreichen­d und flächendec­kend gesichert“. Derzeit könne jede werdende Mutter eine Geburtshil­feabteilun­g „in zumutbarer Entfernung erreichen“. Um genau zu wissen, wie es wirklich um die Hebammen im Freistaat bestellt ist, soll nun eine umfassende Studie erstellt werden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany