Augsburger Allgemeine (Land West)
So bewältigt Augsburg den Verkehr der Zukunft
Diese Woche Mehr Menschen legen immer mehr Wege in der Stadt zurück. Obwohl die Stadt keine Stauhochburg ist, schafft das Probleme. Wie lassen sie sich lösen?
mit der beobachteten Realität. Es gibt wenig Stau, aber einige Problemstellen: B 17, der Graben und die Rosenaustraße, die durch den Kö-Umbau stärker belastet wurden. Auch die Donauwörther Straße und mit Abstrichen die Friedberger Straße (östlich der Meringer Straße) zählen dazu.
Gleichwohl können mehr und größere Straßen nicht die Antwort sein auf die Herausforderungen der Zukunft. Denn Verkehrspolitik ist gleichzeitig Stadtplanung. Das Leitbild der autogerechten Stadt ist überholt. Das Auto ist praktisch und bequem, aber die dafür nötige Infrastruktur erwürgt die Städte.
Das gilt für mehrspurige Innenstadtstraßen samt Lärm und Luftverschmutzung (Karlstraße) genauso wie für riesige Parkplätze in Gewerbegebieten in Stadtrandlagen. Darbende Stadtteilzentren und florierende Verbrauchermärkte auf der grünen Wiese gibt es in einigen Vierteln. Der Handel hat sich in den vergangenen 30 Jahren an die automobile Gesellschaft angepasst.
All das lässt sich nicht wegzaubern. Und das Auto ist ja nach wie vor das wichtigste Verkehrsmittel in Augsburg, wie die Daten der TU Dresden zeigen. Die Schleifenstraße war vor 20 Jahren ein Zankapfel, aber ohne sie wäre die Entlastung der Innenstadt so nicht möglich gewesen – im Gegenteil.
Eine Stadt kann nicht im Alleingang versuchen, den Autoverkehr abzuschaffen, weil das im Chaos endet. Aber sie kann versuchen, mit Augenmaß die Richtung zu ändern. Das geht über die Schaffung von Alternativangeboten. Mobilitätsdrehscheibe und Fahrradstadt sind zwei Bausteine der Strategie in Augsburg. Eine volle Straßenbahn (die großen Züge fassen 200 bis 250 Fahrgäste) spart statistisch mehr als 150 Pkw ein.
In der Realität hakt es freilich bei beiden Projekten. Die Radler warten noch auf durchschlagende Verbesserungen, der Bahnhofstunnel verzögert sich und wird deutlich teurer. Aber die grundsätzliche Idee hinter den Projekten stimmt.
Die Umsetzung wird zwangsläufig darauf hinauslaufen, dem Auto etwas Platz wegzunehmen, weil der Platz in einer gewachsenen Stadt beschränkt ist. Das wird nicht ohne Probleme abgehen: Der tägliche Stau in der Donauwörther Straße ist durch den Wegfall einer Spur zugunsten der Tramtrasse nach Augsburg-Nord verursacht, der Stau auf der Friedberger Straße durch den Knoten Meringer Straße mit der querenden Tram. Das weckt Misstrauen, was die Pläne für die Linie 5 an den Knotenpunkten der Bürgermeister-Ackermann-Straße (B17 und Kriegshaberstraße) betrifft. Die Stadtwerke werden dazu ein Verkehrskonzept vorlegen müssen. Ob die Annahmen stimmen, sieht man freilich immer erst hinterher. Aber man sollte auch im Hinterkopf behalten, dass die Verkehrsumlegungen im Zusammenhang mit dem Kö-Umbau ohne große Probleme abgingen. Hier gingen die Prognosen meist auf.
In der Realität wird es ohnehin nicht darum gehen, ein striktes Entweder-oder bei den Verkehrsmitteln zu forcieren. Der Großteil der Bürger ist mal Autofahrer, mal Fahrgast im Nahverkehr, mal Radler und mal Fußgänger. Es geht darum, die Anteile etwas zu verschieben, und das geht über eine bessere Verzahnung. Größere Park-and-ride-Plätze müssen her; Mobilitätsstationen an den Knotenpunkten, wo Bus, Tram, (E-)Leihräder, Carsharing und Park-and-ride verknüpft sind, könnten zum Umsteigen einladen. Dann kann Augsburg auch die Zukunft bewältigen, wenn die Bürger täglich mehr als eine Million Wege zurücklegen.