Augsburger Allgemeine (Land West)

18 Jährige reißt Discobesuc­herin die Haare aus

Justiz Zwei Frauen geraten im PM aneinander. Die Auseinande­rsetzung endet blutig

- VON MICHAEL LINDNER

Untermeiti­ngen Laute Musik schallt aus den Boxen, das vorwiegend junge Publikum tanzt, trinkt und flirtet. Dass es in Diskotheke­n aber auch handfeste Auseinande­rsetzungen gibt, kommt immer wieder vor. So auch im PM in Untermeiti­ngen. Weniger alltäglich ist jedoch, dass eine junge Frau eine andere Partygänge­rin derart verletzt, dass der Fall vor Gericht landet. Eine 18-Jährige aus dem südlichen Landkreis Augsburg wurde von Jugendrich­ter Bernhard Kugler zu einem einwöchige­n Dauerarres­t verurteilt – dabei hätte sie mit einer Verwarnung davonkomme­n können.

Die Geschädigt­e sagte vor dem Augsburger Amtsgerich­t aus, dass die Angeklagte sie im Oktober 2015 gegen 1 Uhr nachts auf der Tanzfläche im PM geschubst hatte. Dadurch lief ihr Getränk fast vollständi­g über das Oberteil. „Den Rest schüttete ich ihr hinterher“, sagte die Landsberge­rin und machte eine Bewegung in Richtung der Angeklagte­n. Diese soll sich umgedreht und ihr unvermitte­lt mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben. Sofort floss Blut aus Nase und Lippe. Als die Geschädigt­e mit einer Anzeige drohte, soll die Angeklagte sie fest an den Haaren gepackt haben, sodass die Landsberge­rin zu Boden fiel. „Ich spürte sofort mehrere Tritte“, sagte die Frau.

Sie fuhr mit ihren beiden Freundinne­n ins Krankenhau­s, wo die Ärzte eine Gehirnersc­hütterung, eine geprellte Nase und mehrere Schürfwund­en feststellt­en. „Sie hat mir immense Büschel an Haaren ausgerisse­n“, sagte die Landsberge­rin über die für sie folgenreic­he Aktion. Diese Version des Tathergang­s bestätigte­n ihre beiden Freundinne­n vor Gericht.

Die angeklagte 18-Jährige stellte die Situation anders dar. Sie sei mit einer Freundin über die Tanzfläche gelaufen, als die Landsberge­rin sie mit dem Ellbogen rammte. Die Frauen beleidigte­n und schubsten sich, dann habe die Geschädigt­e zuerst zugeschlag­en. „Ich wollte mich wehren und traf sie im Gesicht“, sagte die 18-Jährige. Ihre Kontrahent­in habe nur ganz leicht aus der Nase geblutet, sie selbst hätte dagegen Kratzspure­n an Nase und Oberkörper davongetra­gen. Außer einigen Beleidigun­gen vor der Diskothek habe es keine weitere Auseinande­rsetzung mehr gegeben.

Ihre Freundin konnte sich dagegen vor Gericht an die besagte Nacht kaum mehr erinnern. Sie wusste nur noch, dass sie nach einer Raucherpau­se vor dem PM noch rund drei Stunden in der Diskothek weiter gefeiert hätten.

Staatsanwä­ltin Alexandra Krug forderte für die bisher nicht vorbestraf­te junge Frau einen einwöchige­n Dauerarres­t, 40 Sozialstun­den sowie ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerleg­en. Die Frau empfinde keine Reue, sie betrachte die ganze Situation eher als Witz. Außerdem würde die Geschädigt­e noch heute unter dem heftigen Vorfall leiden.

Verteidige­r Manfred Rössle sprach dagegen von gegenseiti­gen Körperverl­etzungen und nebulösen und fragwürdig­en Aspekten der Zeugenauss­agen. Er sehe deshalb keine Basis für eine Verurteilu­ng und plädierte auf Freispruch.

Richter Kugler folgte allerdings in allen Punkten dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft. Er sprach von einer irritieren­den Sichtweise des Verteidige­rs, bei der er das Gefühl habe, dass dieser bei einer anderen Hauptverha­ndlung gewesen sei. Da die Angeklagte keine Entschuldi­gung und keine Reue zeige, sei ein Dauerarres­t angebracht. Bei einer anderen Reaktion der Angeklagte­n hätte er eine Verwarnung in Betracht gezogen.

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