Augsburger Allgemeine (Land West)
Der gemalte Steuerbescheid
Geschichte Eine Karte und ihre Geheimnisse: Werner Malcher ist dem besonderen Dokument auf den Grund gegangen
Heutzutage sind es geheime CDs, die Steuerhinterzieher zittern lassen und Fahnder auf die Spur von Schwarzgeld bringen. Vor etwa 250 Jahren gab es die Datensätze auf Speichermedien nicht. Dafür aber Karten, auf denen peinlich genau beschrieben war, wer an wen und was zu entrichten hatte. Eine solche Karte hat der Heimatforscher Werner Malcher aus Altenmünster entschlüsselt. Eine Replik in Originalgröße vermacht er nächste Woche dem Museum Zusmarshausen. Dann wird der Bankkaufmann auch so manches Geheimnis der „Pflegamtskarte Zusmarshausen“von 1768 lüften.
Zwei Monate hat Werner Malcher gebraucht, um die Legende der Karte zu übersetzen. Sie gibt jetzt auf neun Seiten einen spannenden Einblick ins Leben der Menschen im Jahr 1768. Auf der etwa einen Quadratmeter großen Karte, die im Original im Staatsarchiv in München aufbewahrt wird, sind alle Ortschaften, Mühlen und Höfe des damaligen Pflegamtes Zusmarshausen mit dazugehörigem Grundbesitz aufgezeichnet. Äcker und Wälder sind mit „Jauchert“definiert und Wiesen in „Tagwerk“. Bei den Wiesen ist außerdem angegeben, ob sie „einmädig“oder „zweimädig“sind. Abgaben in Naturalien wie Roggen und Hafer wurden in „Schaff“, „Metzen“und „Vierling“berechnet, Geld in Gulden, Kreuzer und Heller.
Wichtig war freilich auch die Information, welcher Ort oder Hof an wen Abgaben zu leisten hatte: Zu allererst an den Grundherrn. „Dann waren auch noch viele andere Empfänger zu befriedigen: zum Beispiel das Hofkastenamt, das Erbschenkamt, der Erbmarschall, der Schulmeister oder der Mesner“, erklärt Malcher. Aufgeführt war auch das „Kuchelgeld“: So hieß das Kostgeld für den Fürstbischof.
Eine weitere Besonderheit ist eine deutlich gezeichnete rote Linie auf der Karte: „Die Blutlinie kennzeichnete den Bereich der Gerichtsbarkeit des Hochstifts“, sagt Malcher. Das bedeutete: Bei einem Todesurteil war auch „ein Magister“aus Burgau als Augenzeuge anwesend. Auch die Enthauptungsstätte und die Galgen des „Hochgrichts“finden sich in der Karte wieder.
In Auftrag gegeben hatte sie vermutlich der letzte Fürstbischof von Augsburg, Clemens Wenzeslaus von Sachsen. Er wurde 1768 zum Fürstbischof von Augsburg gewählt und hatte natürlich ein großes Interesse an jeder Information, die klingende Münze bringen konnte. Der gemalte Steuerbescheid von Zusmarshausen ist nicht die erste Karte, die Malcher entschlüsselt hat.
Ganz aus dem Häuschen war Malcher, als er die „Burgauer Landtafel“für sich entdeckte: eine riesi- ge, 400 Jahre alte Karte, die farbenreich die Region abbildet. Tausende von Details lassen die Landschaft aus dem 17. Jahrhundert wieder lebendig erscheinen.
Ganz allgemein war Malcher durch die Lektüre von Büchern auf historische Karten gekommen. Wenn er eine Karte sah, fragte er
sich: Wie groß ist eigentlich die ganze Karte? Seine Begeisterung will der 60-Jährige jetzt weitergeben. Sein Ziel: Interesse für Geschichte wecken und sie für jedermann verständlich machen. Denn: „Geschichte kann auch sehr kompliziert sein.“Fast so wie ein Steuerbescheid.
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Termin Offiziell wird die Hochstifts karte am Sonntag, 12. März, um 15 Uhr in den Räumen des ehemaligen Notariats im Giseberthaus Zusmars hausen an Museumsleiter Andreas Decke übergeben. Werner Malcher wird in ei nem Vortrag anschließend Details zur his torischen Karte und Zusammenhänge schildern.
Abgaben an den Grundherrn, den Schulmeister oder auch den Mesner