Augsburger Allgemeine (Land West)
Jetzt Autofasten?
Natürlich wäre es jetzt schlicht, darauf hinzuweisen, wie unbedeutend bis Albernheit es für Welt und Umwelt ist, wenn nun ein paar Menschen für ein paar Wochen weniger Auto fahren. Nur zum Beispiel: Ein einziges Kreuzfahrtschiff bläst im Schnitt unterschiedlichste Schadstoffe in Massen in die Luft, die den Abgasen von fünf Millionen Autos entsprechen. Von Flugzeugen und Containerschiffen mal ganz zu schweigen. Aber beim Fasten geht es ja um etwas ganz anderes als Nutzendenken.
Was noch mal? Geht es um das Hinterfragen des eigenen Handelns im Spiegel globaler Verantwortung in einer konzertierten Aktion? Oder so was? Eigentlich nicht. So was ist höchstens gut für das eigene moralische Gefühl. Und wer da was tun will, der spende doch bitte für „Brot für die Welt“oder Ähnliches, da hilft er dann ja auch tatsächlich und konkret, wo es wirklich nötig ist (siehe aktuell Afrika!) – fürs Gewissen ein paar Kilometer weniger zu verdieseln, ist angesichts dessen fast zynisch …
Aber eigentlich geht es beim Fasten ja um eine persönliche Besinnung. Wer fastet, verzichtet auf lieb Gewonnenes. Um die eigene Kraft zu beweisen und um seine Wahrnehmung durch eine wesentliche Veränderung der gewohnten Abläufe zu schärfen. Es geht um das Ich-Bewusstsein und die Willensfreiheit – religiös: die Reinigung der Seele. Und die soll nachhaltig wirken. Ein paar Wochen weniger Auto zu fahren? Das reicht nur für absolute Autonarren. Für alle anderen ist es ein bisschen billig, wenn ihre Fahrten eigentlich eh unnötig sind, oder blanker Unsinn, wenn die Fahrten schlicht notwendig sind wie bei so vielen Pendlern. Fasten hat nur Sinn, wenn es eine Leidenschaft betrifft – denn nur dann sind die Leiden, die der Verzicht schafft, sinnvoll.