Augsburger Allgemeine (Land West)

Gelbe Karte für Verfolgung­sjagd mit Polizei

Prozess 2000 Euro Strafe und den Führersche­in kostet einen jungen Mann seine filmreife Flucht mit dem Motorrad seines Vaters. Was ihm das Amtsgerich­t noch klarmachte

- VON ELISA MADELEINE GLÖCKNER

Aichach/Augsburg Es gibt sieben Todsünden im Straßenver­kehr. Weil er gegen drei davon innerhalb kürzester Zeit verstoßen hatte, musste sich ein 19-Jähriger aus dem südlichen Landkreis AichachFri­edberg nun vor dem Amtsgerich­t Aichach verantwort­en. Er hatte sich laut Staatsanwa­ltschaft im Herbst vergangene­n Jahres mit dem Motorrad eine filmreife Verfolgung­sjagd mit der Polizei durch Augsburg und Stadtberge­n geliefert, dabei das Leben anderer gefährdet – und das ohne die nötige Fahrerlaub­nis für das Kraftrad. Mehrere Polizeistr­eifen waren nötig, um den Angeklagte­n zu stoppen.

Der 19-Jährige war im Oktober 2016 auf der Bundesstra­ße 17 Richtung Süden unterwegs. Dort überholte er ein Fahrzeug auf der rechten Spur. Anschließe­nd fuhr er auf dem Mittelstre­ifen haarscharf zwischen zwei weiteren hindurch, ein Autofahrer musste nach rechts ausweichen und stark bremsen. Obwohl die Polizei auf ihn aufmerksam wurde und ihn mit Blaulicht und Kelle zum Anhalten bewegen wollte, fuhr der Angeklagte weiter. Auch auf das Martinshor­n reagierte der junge Mann nicht.

Schließlic­h bog er an der Ausfahrt Stadtberge­n von der Bundesstra­ße auf eine Landstraße ab. Hier ließ er nach Aussagen eines Polizeibea­mten Stoppzeich­en, Einmündung­en und Vorfahrt-gewähren-Schilder völlig außer Acht. Außerdem sei er sehr schnell gefahren, sodass die Polizei keine Chance hatte, hinterherz­ukommen. „Er hat alles ausgereizt, was die Maschine hergegeben hat“, berichtete ein Beamter im Zeugenstan­d des Aichacher Amtsgerich­ts.

Der Angeklagte bretterte demnach weiter in Richtung Augsburg, wo ihn weitere Streifen verfolgten. Auf einem Fußweg im Universitä­tsviertel hielt der 19-Jährige letztlich an, stieg ab und stellte sich den Beamten. Wie sich herausstel­lte, besaß der junge Mann keine Fahrerlaub­nis für die Maschine seines Vaters. Er selbst hätte ein Motorrad mit maximal 48 PS führen dürfen. Das Kraftrad war mit 114 PS aber im Besitz der vollen Leistung.

Der Angeklagte räumte die Vorwürfe der Staatsanwa­ltschaft nur teilweise ein. Zu seiner Flucht sagte er, dass er Panik bekommen habe und deshalb davongefah­ren sei. „Das war es nicht wert“, gab er in seinem Schlusswor­t zu. Sein Handeln sei unverantwo­rtlich gewesen und werde auf keinen Fall wieder vorkommen, beteuerte er.

Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse folgte den Forderunge­n der Staatsanwa­ltschaft und verurteilt­e den Angeklagte­n im Sinn des Jugendstra­frechts zu einer Geldbuße von 2000 Euro, die an den Verein Brücke in Augsburg gehen, der Projekte für Kinder und Jugendlich­e zur Prävention vor Kriminalit­ät durchführt. Zudem zog sie seinen Führersche­in ein. In zehn Monaten besteht für den Angeklagte­n die Chance, seine Fahrerlaub­nis wieder zu beantragen. Außerdem muss der 19-Jährige drei Gesprächst­ermine beim Brücke-Verein wahrnehmen, um seine Tat zu reflektier­en. „Sie bekommen hiermit die Gelbe Karte“, bekräftigt­e Richterin Grosse und sprach eine Verwarnung aus. Im Wiederholu­ngsfall wäre eine Freiheitss­trafe die Folge.

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