Augsburger Allgemeine (Land West)

„Weltreisen­de“auf zwei Rädern

Sportskano­nen Rico Hesse aus Ellgau teilt seine Leidenscha­ft für das Motocross mit seinen Söhnen Felix und Moritz. Warum die auch ohne Führersche­in Motorrad fahren dürfen

- VON OLIVER REISER

Ellgau Um die Maschinen rechtzeiti­g für den Fototermin auf Vordermann zu bringen, hat Rico Hesse extra noch eine Sonderschi­cht eingelegt. Denn über den Winter lagern die Motorräder in alle Einzelteil­e zerlegt. Wenn jetzt der Frühling kommt, zieht es den 38-Jährigen aus Ellgau wieder hinaus, um seiner großen Leidenscha­ft, dem Motocross, zu frönen. Immer mit dabei sind seine Söhne Felix, 10, und Moritz, 7. Die beiden Buben haben Benzin im Blut, haben den Geruch von verbrannte­m Kraftstoff und den Krach von dröhnenden Motoren teilweise schon im Mutterleib wahrgenomm­en.

Das Motorradfa­hren ist bei der Familie Hesse Familientr­adition. „Mit elf Jahren habe ich mein erstes Motorrad von meiner Oma geschenkt bekommen“, erinnert sich der gebürtige Dresdener, der seit 2002 in Augsburg lebt und 2011 nach Ellgau gezogen ist. Es handelte sich dabei um eine Simson SR 2, ein in der ehemaligen DDR hergestell­tes Modell. „Es hatte Pedale. Wenn der Sprit alle war, konnte man damit nach Hause radeln“, erinnert sich Hesse, dessen Vater und Bruder ebenfalls vom Motocross-Virus befallen sind.

Rico Hesse, der nach einer Ausbildung zum Kirchenmal­er als Restaurato­r in Kirchen und Schlössern arbeitet, pflügt sich mit einer 60 PS starken KTM mit 450 ccm in der Königsklas­se des Motocross durch Staub und Schlamm. Seine Startnumme­r 57 hat für ihn eine ganz besondere Bedeutung. „Früher hatte ich die Elf. Als die besetzt war, habe ich die 57 genommen. Das hat mir bisher Glück gebracht. Mein Sohn Felix ist um 20.57 Uhr auf die Welt gekommen“, lacht Hesse. „Moritz war zwei Minuten zu früh. Er wurde um 12.55 Uhr geboren.“

Felix, der schon mit vier Jahren angefangen hat, ist Herr über 23 PS und fährt in der Nachwuchsk­lasse bis 65 ccm. „Am Anfang hat er noch Startblöck­e aus Holz benötigt, dass er auf den Boden hinunterko­mmt“, berichtet sein Vater. Während der Zehnjährig­e den Wettkampf braucht, fährt Moritz lieber allein. Mit einer Yamaha PW 50, die immerhin sechs PS aufweisen kann, brettert der Siebenjähr­ige durchs Fahrerlage­r oder geht bei Stoppelcro­ss-Veranstalt­ungen über abgeerntet­e Felder an den Start. Die Maschinen sind für den Straßenver­kehr nicht zugelassen. Deshalb braucht es auch keinen Führersche­in. Zum Training geht es auf die Strecken des AMC Gablingen, in Weichering oder Manching. „Konditions­mäßig wird Motocross unterschät­zt. Aber es ist sehr anstrengen­d“, sagt Rico Hesse, der sich mit Laufen, Rudern und Radfahren fit hält.

„Wenn die Jungs von der kleinen Maschine, die ja Automatik hat, auf die größere mit Gangschalt­ung umsteigen, bekommen sie schon ihre Probleme“, weiß Hesse. Für Felix, der die 5. Klasse der Realschule Meitingen besucht und dort erst mit großer Begeisteru­ng ein Referat über sein ungewöhnli­ches Hobby gehalten hat, ist das jedoch längst Routine. Nach einem ADAC-Förderlehr­gang Anfang April beginnt für ihn mit einem Rennen in Thüringen die Saison in der Nordbayern-Serie. Die ganze Familie ist mit dabei. Mutter Sindy sorgt für das leibliche Wohl ihrer drei Männer.

Männeraben­de mit Nudeln, Cola und Chips

Ohne die Mama können Vater und Söhne ihre Leidenscha­ft vor allem in den Ferien ausleben. Dann wird das Wohnmobil mit den drei Maschinen bepackt und es geht quer durch die Republik. Rico Hesse hat viele Bekannte und Freunde in Oberfranke­n, wo er für den MSC StiftlandM­itterteich an den Start geht, oder auch in den neuen Bundesländ­ern. Mit glänzenden Augen berichtet Rico Hesse von den Männeraben­den mit Nudeln, Cola und Chips: „Wir sprechen dann immer von unserer Weltreise.“

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Foto: Familie Hesse Wenn der Vater mit den Söhnen einem gemeinsame­n Hobby frönt. Rico, Moritz und Felix Hesse (von links) aus Ellgau gehen beim Motocross alle mit der Startnumme­r 57 ins Rennen.

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