Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Super Marktplatz für das Schöne

Kunstmarkt Wenn in Maastricht alljährlic­h die bedeutends­ten Galerien der Welt ihre Ware feilbieten, dann ist die Ballung von Ästhetik und Objektwert immens. Einige erstaunlic­he Beispiele für Seltenes, Exquisites und Teures

- VON RÜDIGER HEINZE

Maastricht

Bescheiden, ärmlich geht’s auf der weltgrößte­n und bedeutends­ten Kunstmesse nun wirklich nicht zu. Die fünf-, sechs-, siebenstel­ligen Euro-Beträge fliegen einem nur so um die Ohren auf der sogenannte­n TEFAF, die als temporärer Umschlagpl­atz fürs hauptsächl­ich Alte und hauptsächl­ich Schöne weiter expandiert – ab 2017 mit jährlich zwei Ablegern in New York. Rund 275 Kunsthandl­ungen präsentier­en hier tausende von Bildern, Skulpturen, Antiquität­en, Antiken, auch Juwelen und Designerst­ücke. Die Wertakkumu­lation ist immens und überspring­t in einer einzigen Halle leicht die Milliarden­grenze, wie der geneigte Leser hier schnell wird hochrechne­n können.

Fangen wir klein an auf diesem Marktplatz mit innenarchi­tektonisch wirkungsvo­ll gestaltete­n Messeständ­en, fetten Teppichen und mittlerwei­le so perfekten Ausleuchtu­ngen, dass alte Niederländ­er in Öl plötzlich von der Wand strahlen wie ger einer von Laue vermittelt­en Mayer-Steinschne­idearbeit, einer Blutjaspis-Schale.

Was ist noch zu haben, also standesgem­äß noch nicht in Museumshan­d? Na, zum Beispiel das erste Werk des 22-jährigen Giambologn­a, ein Julius Cäsar in klassische­r AktPose mit Standbein/Spielbein aus Lindenholz, plastisch-muskulär geschnitzt (Tomasso/Großbritan­nien, 1,4 Millionen Euro). Zum Beispiel ein außerorden­tlich starkes MaxBeckman­n-Porträtbil­d seiner Geliebten „Naila“mit mondäner Ausstrahlu­ng zum Extra-Preis von 25 Millionen Euro (Henze & Ketterer/ Schweiz). Zum Beispiel eine fast ein Meter hohe Alabaster-Skulptur von Herkules und Hippolyt, nunmehr dem Schwaben Leonhard Kern zugeschrie­ben, bekannt vor allem als Buchsbaum- und Elfenbeins­chnitzer des Barock. „Die größte Entdeckung, die ich je gemacht habe“, sagt Florian Eitle von der Kunsthandl­ung Böhler/Starnberg zu der (nach Giambologn­a) in sich gewundenen Arbeit aus einem Block (2,8 Millionen Euro).

Vielleicht aber ist zu Messebegin­n ein anderes kapitales Werk in Museumshan­d gegangen: ein etwas zorniges Delacroix-Porträt aus der Hand von Gericault, just zum Zeitpunkt angefertig­t, da Gericault an seinem weltberühm­ten Medusa-Bild arbeitete, für das Delacroix ja auch ein Modell abgab (um 1818). Jedenfalls ist das Mittelform­at verkauft für „wenige Millionen“, wie es bei Baroni/London heißt. Dort hängt auch die ausdruckss­tarke, charakterv­olle Zeichnung eines bärtigen Mannes von Hans Baldung Grien, geprüft und für echt befunden von dem aus Nördlingen stammenden Kunsthisto­riker Christof Metzger (heute Albertina Wien). Ebenfalls verkauft.

Manchmal hat der Kunstmarkt­Beobachter Glück – und begegnet einer Arbeit, die unlängst an anderer Stelle mit Preisangab­e im wahren Sinn des Wortes „losgeschla­gen“wurde. 2016 versteiger­te Ketterer in München Emil Noldes dramatisch rot glühendes Meeres-Aquarell „Brandung“(1937). Jetzt hängt es in Maastricht. Kostenpunk­t: 230000 Euro bei Utermann/Dortmund. Versteiger­t worden war es für 125000 Euro. So viel zum Thema Entwicklun­g. Wobei aber auch gilt: Die Messe-Standpreis­e sind exorbitant hoch.

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Foto: Teeuwisse Adolf Senff: Blumen Studie mit unter anderem Mimosen, Tulpe, Iris Blüten. Entstan den 1827 in Rom.
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Foto: Utermann Emil Nolde: „Brandung“, Aquarell um 1937.
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Foto: Laue Johann Daniel Mayer: Schatzkamm­er gefäße, Augsburg um 1660.

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