Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein spannendes Experiment
Diese Woche Die Stadt will die Künstler des Kulturparks West nach Oberhausen holen. Die bisherigen Betreiber aber bleiben außen vor. Weitermachen wollen sie dennoch – anderswo und ohne Zuschüsse
Diese Woche gab die Stadt Augsburg bekannt, wie der Umzug des Kulturpark Wests von der Sommestraße zum Gaswerk-Areal laufen kann. Dort sollen rund 5000 Quadratmeter Raum für Ateliers und Proberäume entstehen (wir berichteten). Das Gebäudeensemble dort ist ein Juwel der Industriekultur, die an so vielen anderen Stellen in Augsburg abgerissen wurde. In Oberhausen bewahrt sich die Stadt mit den Gebäuden ihre Vergangenheit. Dass nun dort, wo früher Gas produziert wurde, ein Kulturareal entstehen soll, ist eine schöne Pointe. Ein Gewinn für die Stadt, ganz sicher.
Und die Stadt sieht in der kreativen Mischung, die es auf dem Gaswerk-Areal geben soll, noch einmal neues Potenzial. Denn zusätzlich zu den Künstlern und den Musikbands kommt für die nächsten Jahre auch das Theater Augsburg hinzu, das auf dem Gaswerk-Areal mit Werkstätten und einer eigenen Bühne eine Ausweichspielstätte findet. Die städtischen Verantwortlichen versprechen sich neue Kooperationen und Synergien zwischen den Bands, den Künstlern und den Theatermitarbeitern. Es wäre schön, wenn es so kommt, wenn die Mieter dort tatsächlich etwas mit den anderen kreativen Mietern anfangen können.
Die Stadt geht bei ihren Planungen bislang davon aus, dass rund drei Viertel der Künstler und Bands, die heute im Kulturpark West Räume gemietet haben, umziehen. Ob es wirklich so viele werden, steht noch nicht fest. Bisher handelt es sich nur um Absichtserklärungen der Bands und Künstler.
Doch es könnte auch sein, dass die Kreativen aus dem Kulturpark West sich am Ende anders entscheiden. Denn Thomas Lindner und Peter Bommas, die beiden Geschäftsführer der gemeinnützigen Kulturpark West GmbH, gehören zu den maßgeblichen Kräften, die vor 15 Jahren für das Kreativareal in Kriegshaber gekämpft haben. Im Konstrukt der Stadt spielen sie künftig aber keine Rolle mehr.
Beide wollen den Betrieb ihrer gGmbH aber nicht einstellen, nur weil in zwei Jahren der Standort Kulturpark West aufgelöst wird. Sie stünden bereits mit Privatleuten in Verhandlung über neue Flächen, sagen Bommas und Lindner. Ihr Geschäftsmodell trägt sich anscheinend auch – vorausgesetzt die Immobilien eignen sich – ohne städtische Zuschüsse.
Wenn der Kulturpark West gGmbH das tatsächlich gelingt – und sie hat das ja schon an der Ballonfabrik mit 2000 Quadratmetern Fläche geschafft –, stellt sich andersherum die Frage, warum die Stadt ein ähnliches, kommunal subventioniertes Angebot bereithält, für das ja dann auch Steuergelder verwendet werden. Die Antwort, warum die Stadt sich in diesem Bereich engagiert, ist erst einmal klar: Sie will ihr Versprechen halten, das sie den Künstlern des Kulturparks West gegeben hat. Demnach soll jeder Künstler nach Ablauf des Mietvertrags im Kulturpark West anderswo neue Räume bekommen.
Die Diskussion um die Entwicklung des Gaswerk-Areals zeigt, dass sich das Verhältnis zwischen Stadt und den Betreibern des Kulturparks West deutlich abgekühlt hat. Kulturreferent Thomas Weitzel sagt, vergaberechtliche Gründe stünden einer weiteren Zusammenarbeit im Weg. Der Betrieb in Oberhausen müsste europaweit ausgeschrieben werden und man müsste am Ende den wirtschaftlichsten Betreiber wählen. Mit irgendeinem europäischen Betreiber sei aber nicht mehr sichergestellt, dass auf dem Gaswerk-Areal eine Plattform vor allem für lokale Kulturschaffende bereitstehe. Deshalb werde die Stadt dies selbst als Betreiber sicherstellen.
Die Betreiber des Kulturparks West stellen es anders dar. Sie hätten bis zur letzten Kommunalwahl 2014 in Kontakt mit den Stadtwerken gestanden und nach einem Betreibermodell für eine künftige kulturelle Nutzung gesucht. Richard Goerlich – noch als Popkultur-Beauftragter der Stadt Augsburg – war stets Kritiker eines bloßen Umzugs. Man brauche, sagte er, eine „Vision“für das Areal. Heute ist Goerlich Sprecher der Stadt – und offenbar kein unbedingter Befürworter der Betreiber des Kulturparks West. Die haben sich – etwa durch die Gründung eines Kulturrats („wir brauchen keinen Popkulturbeauftragten“) – immer wieder in politische Diskussionen eingemischt. Dem Klima zwischen Goerlich auf der einen sowie Bommas und Lindner auf der anderen Seite war das wohl nicht gerade förderlich.
Wenn die Kreativen auf dem Gaswerk-Areal nun direkt Mietverträge mit der Stadt abschließen, muss sich erst zeigen, ob die kollektive Zusammenarbeit ähnlich funktioniert wie aktuell in Kriegshaber. Gerade über die Strukturen, die dort über die gGmbH, aber auch über die ansässigen Vereine existieren, konnten sich die freien Kreativen der Stadt ein solches Gehör verschaffen. Inwieweit eine städtisch organisierte Struktur solche Entwicklungen fördert, muss man abwarten.