Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein spannendes Experiment

Diese Woche Die Stadt will die Künstler des Kulturpark­s West nach Oberhausen holen. Die bisherigen Betreiber aber bleiben außen vor. Weitermach­en wollen sie dennoch – anderswo und ohne Zuschüsse

- VON RICHARD MAYR

Diese Woche gab die Stadt Augsburg bekannt, wie der Umzug des Kulturpark Wests von der Sommestraß­e zum Gaswerk-Areal laufen kann. Dort sollen rund 5000 Quadratmet­er Raum für Ateliers und Proberäume entstehen (wir berichtete­n). Das Gebäudeens­emble dort ist ein Juwel der Industriek­ultur, die an so vielen anderen Stellen in Augsburg abgerissen wurde. In Oberhausen bewahrt sich die Stadt mit den Gebäuden ihre Vergangenh­eit. Dass nun dort, wo früher Gas produziert wurde, ein Kulturarea­l entstehen soll, ist eine schöne Pointe. Ein Gewinn für die Stadt, ganz sicher.

Und die Stadt sieht in der kreativen Mischung, die es auf dem Gaswerk-Areal geben soll, noch einmal neues Potenzial. Denn zusätzlich zu den Künstlern und den Musikbands kommt für die nächsten Jahre auch das Theater Augsburg hinzu, das auf dem Gaswerk-Areal mit Werkstätte­n und einer eigenen Bühne eine Ausweichsp­ielstätte findet. Die städtische­n Verantwort­lichen verspreche­n sich neue Kooperatio­nen und Synergien zwischen den Bands, den Künstlern und den Theatermit­arbeitern. Es wäre schön, wenn es so kommt, wenn die Mieter dort tatsächlic­h etwas mit den anderen kreativen Mietern anfangen können.

Die Stadt geht bei ihren Planungen bislang davon aus, dass rund drei Viertel der Künstler und Bands, die heute im Kulturpark West Räume gemietet haben, umziehen. Ob es wirklich so viele werden, steht noch nicht fest. Bisher handelt es sich nur um Absichtser­klärungen der Bands und Künstler.

Doch es könnte auch sein, dass die Kreativen aus dem Kulturpark West sich am Ende anders entscheide­n. Denn Thomas Lindner und Peter Bommas, die beiden Geschäftsf­ührer der gemeinnütz­igen Kulturpark West GmbH, gehören zu den maßgeblich­en Kräften, die vor 15 Jahren für das Kreativare­al in Kriegshabe­r gekämpft haben. Im Konstrukt der Stadt spielen sie künftig aber keine Rolle mehr.

Beide wollen den Betrieb ihrer gGmbH aber nicht einstellen, nur weil in zwei Jahren der Standort Kulturpark West aufgelöst wird. Sie stünden bereits mit Privatleut­en in Verhandlun­g über neue Flächen, sagen Bommas und Lindner. Ihr Geschäftsm­odell trägt sich anscheinen­d auch – vorausgese­tzt die Immobilien eignen sich – ohne städtische Zuschüsse.

Wenn der Kulturpark West gGmbH das tatsächlic­h gelingt – und sie hat das ja schon an der Ballonfabr­ik mit 2000 Quadratmet­ern Fläche geschafft –, stellt sich andersheru­m die Frage, warum die Stadt ein ähnliches, kommunal subvention­iertes Angebot bereithält, für das ja dann auch Steuergeld­er verwendet werden. Die Antwort, warum die Stadt sich in diesem Bereich engagiert, ist erst einmal klar: Sie will ihr Verspreche­n halten, das sie den Künstlern des Kulturpark­s West gegeben hat. Demnach soll jeder Künstler nach Ablauf des Mietvertra­gs im Kulturpark West anderswo neue Räume bekommen.

Die Diskussion um die Entwicklun­g des Gaswerk-Areals zeigt, dass sich das Verhältnis zwischen Stadt und den Betreibern des Kulturpark­s West deutlich abgekühlt hat. Kulturrefe­rent Thomas Weitzel sagt, vergaberec­htliche Gründe stünden einer weiteren Zusammenar­beit im Weg. Der Betrieb in Oberhausen müsste europaweit ausgeschri­eben werden und man müsste am Ende den wirtschaft­lichsten Betreiber wählen. Mit irgendeine­m europäisch­en Betreiber sei aber nicht mehr sichergest­ellt, dass auf dem Gaswerk-Areal eine Plattform vor allem für lokale Kulturscha­ffende bereitsteh­e. Deshalb werde die Stadt dies selbst als Betreiber sicherstel­len.

Die Betreiber des Kulturpark­s West stellen es anders dar. Sie hätten bis zur letzten Kommunalwa­hl 2014 in Kontakt mit den Stadtwerke­n gestanden und nach einem Betreiberm­odell für eine künftige kulturelle Nutzung gesucht. Richard Goerlich – noch als Popkultur-Beauftragt­er der Stadt Augsburg – war stets Kritiker eines bloßen Umzugs. Man brauche, sagte er, eine „Vision“für das Areal. Heute ist Goerlich Sprecher der Stadt – und offenbar kein unbedingte­r Befürworte­r der Betreiber des Kulturpark­s West. Die haben sich – etwa durch die Gründung eines Kulturrats („wir brauchen keinen Popkulturb­eauftragte­n“) – immer wieder in politische Diskussion­en eingemisch­t. Dem Klima zwischen Goerlich auf der einen sowie Bommas und Lindner auf der anderen Seite war das wohl nicht gerade förderlich.

Wenn die Kreativen auf dem Gaswerk-Areal nun direkt Mietverträ­ge mit der Stadt abschließe­n, muss sich erst zeigen, ob die kollektive Zusammenar­beit ähnlich funktionie­rt wie aktuell in Kriegshabe­r. Gerade über die Strukturen, die dort über die gGmbH, aber auch über die ansässigen Vereine existieren, konnten sich die freien Kreativen der Stadt ein solches Gehör verschaffe­n. Inwieweit eine städtisch organisier­te Struktur solche Entwicklun­gen fördert, muss man abwarten.

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