Augsburger Allgemeine (Land West)
14 Luchse sind vermisst
Interview WWF-Luchs-Experte Moritz Klose erklärt, warum die Tiere noch immer gejagt werden, obwohl das verboten ist. Und er sagt auch, was dagegen getan wird
Eine Woche voller Luchse geht zu Ende. Hast du alle Quiz-Fragen lösen können? Zum Abschluss der Luchs-Serie auf Capito haben wir uns mit Moritz Klose unterhalten. Der LuchsExperte bei der Naturschutzorganisation WWF betreut verschiedene Luchsprojekte in Deutschland, bei denen wieder Tiere in Wäldern angesiedelt wurden. Er hat mit Capito über die Probleme der Luchse gesprochen und auch erklärt, warum es Wilderer auf die Tiere abgesehen haben.
Warum haben denn Menschen früher den Luchs gejagt, sodass er aus den Wäldern verschwunden ist?
Moritz Klose: Der Luchs wurde als Konkurrent angesehen, weil er Wildtiere wie Rehe und Rothirsche jagte. Und er fraß auch Nutztiere, nachdem der Mensch die Wildtierbestände zu stark bejagt hatte. Das gefiel vielen Menschen nicht. Der Luchs wurde deshalb als Schädling bezeichnet. Deshalb wurde er gnadenlos gejagt und ist dann relativ schnell verschwunden.
Wann?
Moritz Klose: Das kommt auf die Region an. Im Bayerischen Wald wurde der letzte frei lebende Luchs 1846 erschossen.
Manche Menschen haben Angst vor dem Luchs. Warum ist das denn so?
Moritz Klose: Ich glaube, dass das gar nicht so viele sind. Sie sind vielleicht unsicher oder denken, der Luchs ist ein Raubtier und muss daher gefährlich sein. Tatsächlich sind Luchse aber meistens scheu und heimlich. Es gibt keine Aufzeichnungen, dass jemals ein Luchs einen Menschen angegriffen hat.
Im Bayerischen Wald wurden vor etwa 40 Jahren wieder Luchse angesiedelt. Rund 40 Tiere leben dort. Es kommt aber auch immer wieder vor, dass Luchse erschossen werden. In den vergangenen Jahren waren es fünf Tiere. Wer macht so etwas?
Moritz Klose: Man weiß nicht, wer so etwas macht, weil man noch niemanden erwischt hat und auch noch niemand verurteilt wurde. Es gibt gerade aber einen Tatverdächtigen, gegen den ermittelt wird. Wir vermuten, dass die Wilderer einzelne gewissenlose Kriminelle sind.
Und warum töten diese Menschen Luchse?
Moritz Klose: Im Bayerischen Wald gibt es mancherorts noch immer viel Ablehnung gegen den Luchs und gegen den Naturschutzgedanken, die Tiere wieder anzusiedeln. Manche Menschen befürchten auch, dass die Luchse alle Rehe wegfressen. Und es ist auch nicht auszuschließen, dass manche diese Tiere jagen, weil es Trophäen für sie sind.
Was wird gegen die Wilderei getan?
Moritz Klose: Es läuft schleppend an. Inzwischen haben auch die Politiker und die Polizei eingesehen, dass etwas getan werden muss. Die Polizei ermittelt nun stärker, wenn ein toter Luchs gefunden wurde. Der WWF hat Belohnungen ausgesetzt und macht sich dafür stark, dass es runde Tische gibt. Daran sitzen dann zum Beispiel Jäger, Politiker und Naturschützer und sprechen über die Luchse. Außerdem muss die Stärke des Gesetzes zu spüren sein. Die Tötung von Luchsen ist verboten. Die Tiere sind streng geschützt.
Welche Strafen gibt es da?
Moritz Klose: Wer einen Luchs erschießt, dem drohen bis zu fünf Jahre Haft oder 50 000 Euro Geldstrafe.
Und woher wissen Sie, wie viele Luchse es überhaupt gibt?
Moritz Klose: Das Luchsprojekt Bayerischer Wald hat zum Beispiel Kamerafallen aufgestellt. Wenn ein Luchs daran vorbeiläuft, löst die Kamera aus und macht ein Bild von dem Tier. So können wir schauen, welcher Luchs das war. Luchse kann man nämlich am Fell voneinander unterscheiden. Durch diese Kamerafallen wissen wir auch, dass 14 Luchse aus ihrem Revier verschwunden sind. Sie waren auf Fotos und wurden seitdem nicht mehr gesehen. Luchse sind ihrem Revier treu. Da kommt nur infrage, dass sie gestorben sind oder verbotenerweise getötet wurden.