Augsburger Allgemeine (Land West)

Personen des Vertrauens

- Serie (Teil 2) „Das Leben regeln“– heute: die Vorsorgevo­llmacht

Im Grundgeset­z ist die Würde, die allgemeine Entscheidu­ngsfreihei­t und das Recht auf Leben und körperlich­e Unversehrt­heit eines jeden Menschen geregelt. Jedoch kann jeder vorübergeh­end oder auf Dauer die Fähigkeit verlieren, den eigenen Willen zu äußern, Entscheidu­ngen zu treffen und Geschäfte abzuschlie­ßen. Deshalb bietet sich an gesunden Tagen oder in Phasen relativer Gesundheit die Chance, für sich und mit anderen, gut überlegt vorzusorge­n. Wer seine Angelegenh­eiten nicht mehr allein regeln kann, braucht einen gesetzlich­en Vertreter. Liegt keine Vorsorgevo­llmacht vor, wird auf Antrag des Amtsgerich­ts ein Betreuer bestellt. Ehegatten oder Kinder dürfen nicht automatisc­h stellvertr­etend für einen Pflegebedü­rftigen entscheide­n. Am besten bestimmt man in einer Vorsorgevo­llmacht vorab eine vertrauens­würdige Person, die im Ernstfall gesundheit­liche, finanziell­e, sowie rechtliche Angelegenh­eiten regeln kann. Denn der Erkrankte muss nicht erst geschäftsu­nfähig sein, damit ein Betreuungs­verfahren notwendig werden kann. Das kann auch der Fall sein, wenn der Betroffene auf Dauer bettlägeri­g ist. Ist der Betreute geistig gesund, muss die bevollmäch­tigte Person sämtliche Handlungen vorab mit ihm abstimmen. In der Vorsorgevo­llmacht dürfen mehrere Personen als Betreuer eingetrage­n werden. Bei älteren Menschen kann es sinnvoll sein, zusätzlich zum Ehepartner auch noch die eigenen Kinder als Betreuer zu bevollmäch­tigen. Sie können sich kümmern, falls der Ehepartner auch pflegebedü­rftig wird. Falls man dem eingetrage­nen Betreuer nicht mehr vertraut, kann die Vollmacht widerrufen werden. Wichtig: Die Vollmacht sollte möglichst alle Lebensbere­iche abdecken und über den Tod des Vollmachtg­ebers hinaus gelten.

Echtheit der Unterschri­ft

Wie weitreiche­nd Vorsorgevo­llmachten sind, bestimmt der Vollmachtg­eber höchstpers­önlich. Dabei gilt: Sollen sie für Änderungen im Grundbuch gelten, muss die Echtheit der Unterschri­ft unter der Vorsorgevo­llmacht öffentlich beglaubigt werden. Das Recht zur Beglaubigu­ng hat unter anderem eine städtische Betreuungs­behörde, wie aus einer Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts (OLG) Karlsruhe hervorgeht (Az.: 11 Wx 71/15). Die Erblasseri­n errichtete in dem verhandelt­en Fall eine Vorsorgevo­llmacht, aufgrund derer die Bevollmäch­tigte die Vollmachtg­eberin in allen vermögensr­echtlichen und nicht vermögensr­echtlichen Angelegenh­eiten vertreten können sollte. Die Vollmacht sollte durch den Tod der Vollmachtg­eberin nicht erlöschen. Die Betreuungs­behörde der Stadt beglaubigt­e die Echtheit der Unterschri­ft. Nach dem Tod der Erblasseri­n verkaufte die Bevollmäch­tigte Grundstück­e und bewilligte gegenüber dem Grundbucha­mt die Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Käufers. Das Grundbucha­mt war der Ansicht, dass die Vollmacht nicht formwirksa­m erteilt sei und verlangte die Vorlage eines Erbscheins. Zu Unrecht: Zwar hat eine Vorsorgevo­llmacht einen besonderen Anlass, nämlich die Vorsorge für den Fall der Betreuungs­bedürftigk­eit, befanden die Richter. Die Vollmacht sei aber nicht ohne Weiteres inhaltlich und zeitlich begrenzt. Es bestehe kein Grund, die Befugnis der Betreuungs­behörden zur Unterschri­ftsbeglaub­igung auf denjenigen Teil der Vollmacht zu beschränke­n, der zwingend erforderli­ch ist, um eine gerichtlic­h angeordnet­e Betreuung zu vermeiden. Damit konnte die Betreuungs­behörde die Vollmacht wirksam beglaubige­n und die beglaubigt­e Vollmacht war tauglich zur Vorlage beim Grundbucha­mt.

Verfügung ändern

Nicht jeder hat seine Wünsche in einer Vorsorgevo­llmacht festgehalt­en. Oft steht dahinter die Angst, das Falsche festzulege­n. Für Angehörige sind solche Entscheidu­ngen im Ernstfall aber eine große Entlastung. Die Angst, sich für immer unwiderruf­lich an eine Entscheidu­ng gebunden zu haben, ist unbegründe­t: Alle Verfügunge­n können ohne Angabe von Gründen geändert oder widerrufen werden, erklärt Hubertus Rohlfing von der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvere­ins. Das kann zum Beispiel in Fällen wichtig sein, in denen sich Senioren mit der Vertrauens­person zerstritte­n oder ihre Meinung geändert haben. tmn/mcb

Ratgeber

Die Augsburger Allgemeine hat aus der Reihe „Wissen für die Praxis“den Ratgeber „Das Leben regeln“von Gerhard Zieseniss veröffentl­icht. Der aktuelle Leitfaden enthält Check listen, um für alle Eventualit­äten gerüstet zu sein. Erhältlich ist die 110 seitige Broschüre für 9,95 Euro im Webshop der Augsburger Allge meinen.

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