Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Tage des Gasthauses Schuster sind gezählt
Stadtmitte Das Neusässer Wirtshaus hat eine lange Geschichte. Doch jetzt wird es abgerissen. Auf dem Areal entstehen Wohn- und Geschäftshäuser. Bei der Planung wollen viele mitreden
Neusäß Nach 330 Jahren ist es vorbei: Das Gasthaus Schuster in Neusäß hat geschlossen und wird abgerissen. Geplant ist auf dem Grundstück und dem umliegenden Gelände eine Bebauung mit Wohn- und Geschäftshäusern. Der für das Schuster-Areal aufgestellte Bebauungsplan sorgt für Diskussion.
Drei Stunden lang sprachen die Mitglieder des Planungs- und Umweltausschusses über die Vielzahl an Anmerkungen, die von Behörden, Architekten und Nachbarn zu den Planungen eingegangen sind. Mehrere Themen stehen im Zentrum: die Zahl der Besucherstellplätze, die Zufahrt zu den Tiefgaragen der Häuser und die Verkehrsbelastung der angrenzenden Fliederstraße. Die geplante Bebauung reicht im Norden bis zur Tankstelle, die laut Bauamtsleiter Gerald Adolf ebenfalls weichen wird.
Das neu zu bebauende Areal in der Stadtmitte wird von der Hauptstraße, Parkstraße und Fliederstraße eingefasst. Investor Johann Schuster hat das Gasthaus Schuster an der Hauptstraße geschlossen, „aus Altersgründen sowie aus gesundheitlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen“, wie der 66-Jährige auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt. Es sei schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Die bayerisch-schwäbische Küche sei außerdem nicht mehr so gefragt.
Die Wirtshauskultur gebe es heutzutage in einer Stadt wie Neusäß nicht mehr so wie früher, als die Zahl der Stammtische größer war, bedauert Schuster. Das Neusässer Gasthaus hat eine lange Familientradition. Wirt Johann Schuster bedankt sich bei den Stammgästen, die dem Haus die Treue gehalten haben. Er hat den Betrieb, in dessen Saal Neusässer Familien Feste gefeiert haben oder auch viele Faschingsbälle stattfanden, von der Mutter übernommen. Doch die Tage des Hauses sind gezählt: „Das Gebäude wird abgerissen“, sagt Schuster. Auf dem Grundstück sei ein Geschäftshaus geplant. Was genau dort hineinkommen wird, könne er momentan noch nicht sagen. „Ich muss erst wissen, was ich bauen darf.“Schuster schließt aber nicht aus, dass in dem Haus wieder eine Gastronomie betrieben wird. Voraus- setzung sei allerdings, dass er einen zuverlässigen Pächter finden wird. Das Hotel „Neusässer Hof“nebenan will Schuster erweitern und sanieren. Das Gebäude sei immerhin inzwischen 60 Jahre alt. Es bleibe im Familienbesitz.
Bei der Stadtverwaltung gehen die Planungen für das zentrale Areal in Neusäß inzwischen ins Detail. Der Bebauungsplan „Südliche Hauptstraße“lag von Mitte Dezember bis Mitte Januar für alle zur Einsicht aus. Ein dicker Stapel an Stellungnahmen liegt nun vor: ● Straßenbahn Die Stadtwerke Augsburg Verkehrs-GmbH verwies darauf, dass die Straßenbahn eines Tages in Richtung Hauptstraße verlängert werden könnte und dafür genügend Platz einkalkuliert werden sollte. Die Stadträte sahen hier jedoch keinen Grund, die Planung zu ändern. Sollte die Straßenbahn kommen, könnte sie mittels Ampeln im fließenden Verkehr „mitschwimmen“, so Bürgermeister Richard Greiner. ● Häuserhöhe Richtung Westen und Süden sollen die Mehrfamilienhäuser dreigeschossig abgestuft werden. Damit sei eine bessere Nutzung für Freibereiche wie Dachterrassen möglich, erklärte Stadtbaumeister Dietmar Krenz. Nur SPD-Stadtrat Ulrich Englaender gefiel diese Planung nicht: „So schauen die Nachbarn im Osten auf eine viergeschossige Wand,“kritisierte er. ● Verkehr 36 Anwohner der Park-, Nelken und Fliederstraße äußerten ihre Bedenken wegen einer erhöhten Verkehrsbelastung. Sie befürchten mehr Autos durch die Tiefgaragen, die zusätzlichen Stellplätze und den Schleichverkehr. Die Stadt hat zu dieser Frage ein Fachbüro eingeschaltet. Bauamtsleiter Gerald Adolf betonte, dass die wesentliche Erschließung des Gebietes, auch die des Hotels, über die Hauptstraße erfolgen werde. Der Verkehr soll von dort über die Stichstraße zu den Tiefgaragen geleitet werden, die bereits zum Netto-Markt führt. Nur zwei Wohnhäuser würden über die Fliederstraße erschlossen, so Bürgermeister Greiner. Der Verkehr in der Fliederstraße werde nach Schätzungen von 500 Kraftfahrzeugen in 24 Stunden auf 700 ansteigen. Ganz anders wird es in der Hauptstraße ausschauen, so Adolf: Hier werde sich der Verkehr verdreifachen.