Augsburger Allgemeine (Land West)

Pendler zwischen den Strafräume­n

FCA Konstantin­os Stafylidis galt als der Prototyp des raubeinige­n Defensivsp­ezialisten. Doch der Grieche überzeugt auch als Torjäger. Er hat aber noch andere überrasche­nde Seiten

- VON ROBERT GÖTZ

Konstantin­os Stafylidis setzte nach dem Spiel gegen den SC Freiburg erst einmal Prioritäte­n. Natürlich warteten die Journalist­en in der Mixedzone der WWK-Arena schon ungeduldig auf den Spieler, der dem FC Augsburg mit seinem Tor das 1:1 (1:1) gerettet hatte. Doch der Grieche machte erst einmal Halt bei Jonathan Schmid. Der formschwac­he Ex-Freiburger, der gegen seinen alten Klub gar nicht im Kader war, hatte seinen kleinen Sohn auf dem Arm. Der fiel Stafylidis gleich um den Hals und der Grieche lachte und scherzte ausgiebig mit ihm.

Dabei sieht Stafylidis mit seinem wild wuchernden Bart, seinem Irokesensc­hnitt und seinen großflächi­gen Tattoos, die auch am Hals nicht zu übersehen sind, eher wie ein raubeinige­r Macho aus, der kleine Kinder eher zum Weinen bringt.

Doch der 23-jährige Linksfuß, der auf dem Spielfeld wirklich keinen Spaß versteht, ist immer für eine Überraschu­ng gut. Kaum einer hätte wohl gedacht, dass der Linksverte­idiger nach dem 25. Spieltag mit vier Treffern die interne Torschütze­nliste anführt. Oder dass der nur 1,78 große Profi in der 38. Minute eine exakt getimte Flanke von Georg Teigl mit einem platzierte­n Kopfball zum 1:1 krönen würde.

Selbst Stafylidis war darüber erstaunt, wie er später offen gestand. Vor drei Jahren hätte er zuletzt per Kopf getroffen, erzählte er in Englisch. „So ähnlich habe ich auch in Griechenla­nd mein erstes Profi-Tor geschossen.“Ansonsten ist Stafylidis der Scharfschü­tze beim FCA. Seine Schüsse mit dem linken Fuß sind bei den gegnerisch­en Torhütern gefürchtet. Man braucht nur mal Jaroslav Drobny (Bremen), Jonas Lösl (Mainz) und Peter Gulasci (RB Leipzig) fragen.

Dass Stafylidis in dieser Saison auch in der Offensive zum Impulsgebe­r werden würde, ist die nächste Überraschu­ng. Denn bisher galt Stafylidis, im Gegensatz zu seinen Konkurrent­en Philipp Max, als eisenharte­r Verteidige­r, der defensiv von seinem Gastspiel in der zweiten englischen Liga gestählt, gut grätschen konnte, doch dem aber im Spiel nach vorne viel weniger zugetraut wurde.

Und spätestens als Stafylidis Mitte Oktober den Schalker Embolo bei einem Zweikampf unglücklic­h verletzte, war er tief in die Schublade Eisenfuß eingeordne­t. Doch wer gedacht hatte, dass Stafylidis nach dem Trainerwec­hsel von Defensivli­ebhaber Dirk Schuster zu Offensivfr­eund Manuel Baum auf der Bank Platz nehmen müsste, wurde überrascht. Stafylidis spielt auch unter Baum. Gerade im 3-5-2-System fühlt er sich wohl. „Kostas ist ein idealer Box-to-Box-Spieler, das macht er richtig gut“, sagt Baum. Ein Pendler zwischen den Strafräume­n, Stafylidis gefällt diese neue Aufgabe. „Da habe ich die Möglichkei­t, mich immer wieder ins Offensivsp­iel einzuschal­ten.“

Dabei schien der Grieche, der im Sommer 2015 von Leverkusen zum FCA kam, unter die Rubrik Fehleinkau­f zu fallen. Trainer Markus Weinzierl setzte mehr auf Max, doch beim FCA glaubte man an Stafylidis. Im Februar zog man die Option, sein Vertrag läuft bis 2019.

Der Grieche zahlt das Vertrauen mit Leistung zurück. Und mit vollem Einsatz. Seit dem DarmstadtS­piel spielt er mit einem Bruch an der rechten Hand. Zuerst mit einer Bandage, jetzt mit einer dick eingepackt­en Carbonscha­le. Stafylidis beißt auf die Zähne, für sein Team. Das steht beim ihm im Mittelpunk­t. „Es ist egal, wer trifft, wichtig ist, dass wir gepunktet haben“, sagte er nach dem Spiel gegen Freiburg. Den einen Punkt sieht er mit zwiespälti­gen Gefühlen: „Einer ist besser als keiner. Gegen Teams wie Leipzig oder Freiburg kannst du auch verlieren.“Doch angesichts der Enge im Tabellenke­ller weiß er auch: „Wir müssen noch besser werden.“Das gilt auch für seine Freistoßfl­anken, die zuletzt kaum mehr die eigenen Kollegen fanden.

Doch jetzt ist erst einmal Länderspie­lpause. Am Donnerstag wird der FCA in der WWK-Arena gegen den Zweitligis­ten SpVgg Greuther Fürth (mit dem Ex-FCA-Jugendtrai­ner Janos Radoki) testen. Unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Genau unter die Lupe genommen wird die Partie aber von der DFL. Die nützt die Partie, um den Videoschie­dsrichter in Echtzeit zu testen.

Stafylidis wird nicht dabei sein. Er flog gestern zur griechisch­en Nationalma­nnschaft. Das wichtige WM-Qualifikat­ionsspiel gegen Belgien steht an. Ein Knochenbru­ch kann ihn nicht aufhalten. Er ist nicht der einzige Nationalsp­ieler, der unterwegs ist. Ja-Cheol Koo, DongWon Ji (bd. Südkorea), Marwin Hitz (Schweiz), Martin Hinteregge­r (Österreich), Takashi Usami (Japan). Dominik Kohr (U 21) und Kevin Danso (U19 Österreich) sagten aus Verletzung­sgründen ab.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Konstantin­os Stafylidis jubelt nach seinem 1:1 Ausgleich. Kollege Martin Hinteregge­r eilt zum Gratuliere­n herbei.
Foto: Ulrich Wagner Konstantin­os Stafylidis jubelt nach seinem 1:1 Ausgleich. Kollege Martin Hinteregge­r eilt zum Gratuliere­n herbei.

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