Augsburger Allgemeine (Land West)

Wer war Elia?

Ein Platz im Himmel für den Propheten

- VON STEFANIE SCHOENE

Der zweitwicht­igste Prophet des Alten Testaments fällt aus der Reihe. Nicht nur, dass er als einziger der vielen Propheten Israels in den Himmel auffuhr. Auch im irdischen Leben unterschie­d sich seine Arbeitsauf­fassung von der seiner Vorgänger. Nils Ederberg, Referent des traditione­llen Augsburger Lehrhauses von Rabbiner Henry Brand, bezeichnet Elia in einem Vortrag als außergewöh­nlichen „Orakelmann“. Für das Judentum sei er wichtig, wenn auch nicht konstituti­v.

Elia, der zwischen 900 und 850 vor Christus im Nordreich Israels lebte, sagte dem König Ahab eine dreijährig­e Dürre voraus. „Propheten lebten gefährlich“, erklärt der Lehrhaus-Referent, der in Potsdam Aramäisch und Liturgie lehrt. Wenn positive Voraussage­n nicht eintrafen, verloren sie nicht selten ihr Leben. Elia, der die Vielgötter­ei seiner Zeit kritisiert­e, schoss mit seinem Negativ-Orakel sogar noch über dieses Ziel hinaus. Er provoziert­e zudem die Elite der königliche­n Baal-Geistlichk­eit und forderte 450 Priester auf dem Berg Karmel zu einer Machtprobe. Während Baal keinen Funken für das geplante Stieropfer entfachte, hatte Elias Gebet Erfolg. Sein Gott entzündete das Feuer – und das, obwohl die Opferstätt­e vorher noch mit Wasser getränkt worden war. Die Baal-Priester wurden hingericht­et. Elia musste fliehen. In der Wüste wird er von einem Engel genährt. Auch seine Gottesersc­heinung unterschei­det ihn von früheren und späteren Prophetenk­ollegen: Statt eines Donners oder Feuers hört er eine leise Stimme, die ihm verschiede­ne Aufgaben zuflüstert. Am Ende der dramatisch­en Elia-Erzählunge­n steigt er schließlic­h in einem Sturmwind zum Himmel auf.

Der Prophet Maleachi kündigte die Wiederkunf­t des nach jüdischer Überliefer­ung lebenden Elias an. Er werde Wegbereite­r des Messias sein. Im jüdischen Ritus hat er daher einen festen Platz. So wird etwa zum Ende des Sabbats – bevor der Alltag wieder beginnt – des Propheten gedacht. „Denn vielleicht kommt er ja in dieser Woche und mit ihm der ersehnte Erlöser. In der Volksfrömm­igkeit ist er Hoffnung und Mittler zwischen Himmel und Erde“, erklärt Nils Ederberg.

Der große, verzweifel­te Elia, wie ihn der Komponist Felix Mendelsohn in seinem berühmten Oratorium darstellt, sei der jüdischen Literatur und Exegese allerdings fremd. Zur rabbinisch­en Tradition gehöre es, Brüche und Zweifel von Auserwählt­en wegzudisku­tieren. „Propheten müssen perfekt sein. Im Gegensatz zum Christentu­m, in dem die menschlich­e Fehlbarkei­t durch anschließe­nde Gottesgnad­e wettgemach­t wird“, so Ederberg. O

Konzert Zum 100 jährigen Bestehen der Augsburger Synagoge führen das Friedberge­r Kammerorch­ester und das Augsburger Vokalensem­ble Felix Men delsohns „Elia“am 2. Juli um 17 Uhr in der Synagoge auf.

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