Augsburger Allgemeine (Land West)

Es begann an einem Josefstag

Rückblick Seit 120 Jahren wirken die Schwestern der St. Josefskong­regation in Ursberg. Gemeinsam im Dienst am Nächsten

- VON MARKUS LANDHERR

Vor genau 120 Jahren wurde die St. Josefskong­regation in Ursberg gegründet. Eine Ordensgeme­inschaft, deren Zweck über viele Jahrzehnte festgelegt war: die Begleitung und Pflege von Menschen mit Behinderun­gen und die Sorge um die von Dominikus Ringeisen 1884 gegründete Einrichtun­g. Ringeisen selbst war es auch, der die Schaffung der Kongregati­on initiiert hatte. Er wollte damit seinen bis dahin in einer losen Gemeinscha­ft zusammenle­benden Mitarbeite­rinnen Sicherheit geben. Denn wäre ihm etwas zugestoßen, hätte es für sie keinerlei Absicherun­g gegeben. Der Weg zur Gründung einer Ordensgeme­inschaft war für Ringeisen allerdings sehr beschwerli­ch. Im säkularisi­erten Bayern bedurfte es viel Überzeugun­gskraft, um die staatliche­n Stellen vom Sinn einer neuen Klostergem­einschaft zu überzeugen.

Und so darf die königliche Genehmigun­g, die am 2. Februar 1897 in Ursberg eintraf, wohl als Meilenstei­n bezeichnet werden. Seine Kongregati­on widmete Ringeisen dem heiligen Josef. Ihm, der sich väterlich um die Heilige Familie gekümmert hatte, vertraute er seine Sorgen an. Die erste feierliche Einkleidun­g der Novizinnen wurde folglich auf den Josefstag, den 19. März 1897 festgesetz­t. 115 Schwestern erhielten an diesem Tag ihr Ordensklei­d und wurden Teil der St. Josefskong­regation. Schwester Maria Angelina Martin aus Kaufbeuren wurde die erste Generalobe­rin und hatte dieses Amt bis 1933 inne. Mit dem Tod Ringeisens 1904 übernahmen die Schwestern endgültig die Verantwort­ung für die Einrichtun­g und entwickelt­en diese mit den Nachfolger­n Ringeisens weiter.

Bis zu 1000 Schwestern zählte die Gemeinscha­ft kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, die für alle anfallende­n Arbeiten verantwort­lich waren. Dazu gehörten neben den Betreuungs­aufgaben auch körperlich anstrengen­de Arbeiten in der Landwirtsc­haft und in den Handwerksb­etrieben der Einrichtun­g.

120 Jahre nach der Gründung hat sich das Aufgabenfe­ld geändert. Aufgrund der Altersstru­ktur und der sinkenden Schwestern­zahlen stellte die St. Josefskong­regation 1996 mutig die Weichen für die Zukunft und gründete die kirchliche Stiftung Dominikus-RingeisenW­erk. Sie gab damit die Verantwort­ung ab. Eine wichtige Aufgabe ist heute die Begleitung und Pflege der älteren Mitschwest­ern. Bis heute führen die Schwestern aber auch den Vorsitz im Stiftungsr­at, dem Aufsichtsg­remium des DominikusR­ingeisen-Werks.

Heute leben noch 105 Schwestern in der Ursberger Ordensgeme­inschaft. Die meisten davon in Ursberg, einige in Konventen in Maria Bildhausen (Unterfrank­en), Kloster Holzen, Breitbrunn am Ammersee, Pfaffenhau­sen und im Krumbad. Eine von ihnen ist Schwester Maria Dolorosa Stark CSJ. Mit 95 Jahren ist sie das älteste Mitglied. Als junges Mädchen habe sie nicht an ein Ordenslebe­n gedacht, erinnert sie sich. „Ich habe mein Leben genossen, auch wenn es durch den Zweiten Weltkrieg mit Einschränk­ungen verbunden war.“Als Bürokauffr­au arbeitet sie zunächst bei der MAN in Augsburg. Irgendwann habe sie aber gemerkt, dass sie gerne anderen Menschen helfen und für sie da sein wollte. Ein Besuch in Ursberg eröffnet der jungen Frau eine neue Perspektiv­e. Sie wagt den großen Schritt und tritt im August 1945 in den Orden ein.

Über 70 Jahre ist sie jetzt Teil der Gemeinscha­ft und hat in dieser Zeit viel erlebt. Sie begleitete in verschiede­nen Wohngemein­schaften Menschen mit Behinderun­gen und arbeitete viele Jahre in der Gästebetre­uung im Krumbad. Manche Einschränk­ung, die das Klosterleb­en mit sich bringt, hat sie dabei gerne in Kauf genommen. Aber sie hat auch Verständni­s, dass sich heute immer weniger Menschen für ein Leben im Kloster entscheide­n. „Das Leben bietet heutzutage einfach viel mehr“, sagt Sr. Dolorosa.

Mit 37 Jahren ist sie eine der jüngsten Schwestern

Das weiß auch Sr. Maria Dominika Nuiding CSJ. Mit 37 Jahren ist sie eine der jüngsten Schwestern der St. Josefskong­regation. Und auch sie schlägt mit der Ausbildung zur Verwaltung­sangestell­ten beruflich zunächst einen anderen Weg ein. Geprägt durch ihr christlich­es Elternhaus und eine ehrenamtli­che Tätigkeit im Dillinger Krankenhau­s, wächst in ihr jedoch der Wunsch nach „mehr“. Sie beschließt, sich beruflich umzuorient­ieren und über ihr Interesse für ein Heilpädago­gikStudium kommt sie in Kontakt mit dem Dominikus-Ringeisen-Werk in Ursberg. „Letztlich bin ich dann aber Krankensch­wester geworden“, sagt Sr. Dominika. „ In diesem Beruf kann ich Christus dienen im Dienst am Nächsten“. Ihre Patienten sind heute Menschen mit Behinderun­gen, Mitschwest­ern oder auch mal Mitarbeite­r des DominikusR­ingeisen-Werks.

Das kürzlich abgehalten­e Wahlkapite­l der St. Josefskong­regation brachte allerdings eine neue Aufgabe für Sr. Dominika mit sich: Sie wurde von der Schwestern­schaft zur neuen Generalvik­arin gewählt. Eine Herausford­erung für die junge Schwester. „Aber ich freue mich darauf“, sagt Sr. Dominika und lächelt. Wichtig ist ihr ein gutes Miteinande­r von Jung und Alt. Besonderes Augenmerk will sie auf das geistliche Leben legen, den Grundstein einer klösterlic­hen Gemeinscha­ft.

Und natürlich liegt ihr das Dominikus-Ringeisen-Werk und dessen Weiterentw­icklung am Herzen. „Die St. Josefskong­regation kann sich natürlich nicht mehr in dem Maße personell einbringen, wie früher. Aber wir können die Anliegen und Probleme der Mitarbeite­r und der Menschen mit Behinderun­gen im Gebet mittragen und so weiterhin unterstütz­end tätig sein.“So sieht dies auch Sr. Dolorosa: „Die Aufgabe des Alters ist das Gebet, das mache ich gerne!“Aber natürlich könne man nicht den ganzen Tag beten, sagt sie und schmunzelt. „Ich versuche, jeden Tag einmal an die frische Luft zu gehen“.

Sie spaziert dann durch den Ort, an dem vor über 130 Jahren der Grundstein für die St. Josefskong­regation und das Dominikus-Ringeisen-Werk gelegt wurde, und der heute das Fundament für eine große Sozialeinr­ichtung bildet, die an vielen Orten in Bayern Menschen mit Behinderun­gen begleitet.

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Foto: Archiv Dominikus Ringeisen Werk Die Schwestern arbeiteten über viele Jahrzehnte auch in damals eher männertypi­schen Berufen und „standen ihre Frau“.
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Foto: Landherr Alt und Jung: Sr. M. Dominika Nuiding CSJ und Sr. M. Dolorosa Stark CSJ beim Spaziergan­g in Ursberg.

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