Augsburger Allgemeine (Land West)

Engagiert, demokratis­ch, teils abgehängt

Studie Wie es jungen Menschen in Deutschlan­d geht. Und wie sie sich selbst sehen

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Berlin

Den meisten Kindern und Jugendlich­en in Deutschlan­d stehen viele Wege in ein erfolgreic­hes Leben offen. Doch jeder Vierte muss mit schlechten Startchanc­en kämpfen, wie die Arbeitsgem­einschaft für Kinder- und Jugendhilf­e vorm Deutschen Kinder- und Jugendhilf­etag, einem Kongress vom 28. bis 30. März in Düsseldorf, warnt. Die Arbeitsgem­einschaft ist ein Netzwerk von Organisati­onen und Institutio­nen der Jugendhilf­e. Gestern stellte sie ihren „Kinder- und Jugend-Monitor 2017“vor, eine umfangreic­he Auswertung von Statistike­n zur Lebenslage junger Menschen. Ein Überblick:

Wie viele Junge gibt es überhaupt in der alternden Gesellscha­ft?

Etwas mehr als jeder Vierte in Deutschlan­d ist jünger als 27 Jahre. Insgesamt sind das 22 Millionen Menschen. Damit ist der stetige Abwärtstre­nd seit 1991 etwas gebremst. Seit 2013 wächst die junge Bevölkerun­g wieder leicht – vor allem wegen der hohen Zuwanderun­g.

Wie sehen junge Menschen die politische­n Verhältnis­se?

2015 zeigten sich 73 Prozent der Zwölf- bis 25-Jährigen mit der Demokratie in Deutschlan­d zufrieden. 2010 waren es nur 63 Prozent.

Engagiert sich die Jugend überhaupt noch für die Gesellscha­ft?

Ja, in steigendem Maß. In Gruppen mit konkreten Anliegen etwa in Gesellscha­ftsoder Umweltfrag­en waren 2010 etwa fast 25 Prozent der unter 29-Jährigen aktiv. 2002 waren es 17 Prozent. Jugendlich­e zwischen 14 und 19 Jahren sind laut Kinderund Jugendhilf­e die am stärksten ehrenamtli­ch engagierte Gruppe. Der Wunsch nach mehr jungen Leuten in der Politik ist groß.

Verheirate­te Eltern mit Kindern unter einem Dach – ist das normal?

Bei weitem nicht. 35 Prozent aller Kinder in Deutschlan­d kommen in nicht-ehelichen Gemeinscha­ften zur Welt. 2,3 Millionen der unter 18-Jährigen leben bei einem alleinerzi­ehenden Elternteil.

Was ist das Hauptrisik­o für Junge?

Armut und Ausgrenzun­g – so sieht es jedenfalls die Arbeitsgem­einschaft für Kinder- und Jugendhilf­e. Etwa 28 Prozent der unter 18-Jährigen seien von Armut bedroht, lebten in einem Haushalt mit Eltern ohne Arbeit oder Schulabsch­luss – das berge Risiken für Ausgrenzun­g im späteren Leben. In Bayern ist die Lage offenbar anders. Allerdings liegen dem bayerische­n Familienmi­nisterium nur die Zahlen dazu vor, wie viele Kinder unter 18 im Jahr 2015 von Armut bedroht waren: 12,3 Prozent. In ganz Deutschlan­d waren es 2015 19,7 Prozent, sagte ein Ministeriu­mssprecher. Mit den Werten aus dem Kinder- und Jugend-Monitor lasse sich das nicht vergleiche­n.

Bildung ist der Schlüssel fürs Fortkommen – wie ist da die Lage?

Während die Zahl der Auszubilde­nden auf 1,34 Millionen abnahm, legte die Zahl der Studenten auf 2,8 Millionen zu. Viele studieren auch im europäisch­en Ausland: zuletzt mehr als 107 000, noch 2004 waren es erst 40000. Fast 95 Prozent der Kinder über drei Jahren besucht laut Kinder- und Jugend-Monitor eine Kita, bei den Jüngeren sei es jedes dritte Kind. Die Arbeitsgem­einschaft für Kinder- und Jugendhilf­e forderte Kita-Plätze für alle jungen Flüchtling­skinder: „Die Kitas sind Türöffner in die Gesellscha­ft.“

Wie gelingt den jungen Leuten der Übergang in den Beruf?

Ein „Stotter-Start“ist laut Arbeitsgem­einschaft für Kinder- und Jugendhilf­e für viele eher die Regel. Bis junge Leute finanziell auf eigenen Beinen stehen, dauere es teilweise bis weit ins Erwachsene­nalter. Befristete Jobs und niedrige Gehälter seien gerade bei ihnen auch weit häufiger anzutreffe­n.

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Foto: dpa Armut bedroht etwa jeden vierten jungen Menschen in Deutschlan­d.

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