Augsburger Allgemeine (Land West)
Briten feiern ihr „Schätzchen der Truppen“
Geburtstag Vera Lynn sang einst vor Soldaten. Die Felsen von Dover sind in der Erinnerung fest mit ihr verknüpft
We’ll meet again / Don’t know where / Don’t know when
Augsburg
Wahrscheinlich werden einmal Nachrufe auf Vera Lynn mit dieser Liedzeile beginnen. Wir werden uns wieder treffen, ich weiß nicht, wo, ich weiß nicht, wann... Mancher Nachruf mag bereits geschrieben sein, glücklicherweise wird er nicht benötigt. Denn Vera Lynn ist gestern hundert Jahre alt geworden – und selbst an diesem Tag, sagte sie zuvor, werde sie in Gedanken bei den britischen Weltkriegssoldaten sein, für die sie einst sang. Einen ihrer größten Hits „We’ll Meet Again“, der 1939 veröffentlicht wurde. Oder „The White Cliffs of Dover“von 1942.
In der kollektiven Erinnerung der Briten sind die Sängerin, die am 20. März 1917 in East Ham im heutigen Osten Londons, geboren wurde und die Kreidefelsen fest verknüpft. Die Felsen seien für die Soldaten das Letzte gewesen, das sie von der Heimat vor der Abreise gesehen hätten – und das Erste für jene, die das Glück gehabt hätten, heimzukehren, sagte sie. Umso mehr freute sie sich, dass ihr zu Ehren am Montag ihr Porträt auf die Felsen von Dover projiziert wurde. Sie sei „verzückt“.
Und regelrecht verzückt sind auch britische Medien, die Lynn in diesen Tagen ausgiebig würdigen. Die Sängerin reiste – wie eine britische Marlene Dietrich – während des Zweiten Weltkriegs um die Welt, um die Moral der britischen Armee aufrechtzuerhalten, daher ihr Spitzname „Forces’ Sweetheart“(„Schätzchen der Truppen“). Nicht nur die Soldaten, eine ganze Kriegsgeneration fand sich in ihren Liedern wieder. 1952 schaffte Lynn es dann als erste britische Künstlerin an die Spitze der US-Charts mit „Auf Wiederseh’n Sweetheart“.
Seit 1975 darf sie sich „Dame“nennen – Queen Elisabeth II. hatte die Klempnertochter in den Adelsstand erhoben. Zum Geburtstag schickte sie Lynn einen Brief mit den herzlichsten Wünschen. Auf der ganzen Insel wurde sie gefeiert.
Noch als 97-Jährige war ein Musikalbum von Lynn erschienen, das es in die britischen Top 20 Charts schaffte – ein Weltrekord. Ihr aktuelles Album „Vera Lynn 100“, das am 17. März veröffentlicht wurde, ist eine Sammlung ihrer größten Hits. Sie selbst singt übrigens nicht mehr, nicht einmal mehr zuhause, sagte sie dem Sender BBC.
Und als Journalisten sie gestern nach dem Rezept für ein langes Leben fragten, meinte sie: „Bleiben Sie aktiv, bleiben Sie interessiert, lesen Sie Bücher, schauen Sie fern und versuchen Sie, auf dem Laufenden zu bleiben.“