Augsburger Allgemeine (Land West)
Sie passen auf Drängler und Vergessliche auf
Verkehr Schulbusbegleiter achten auf Ordnung und Sicherheit. Wie sieht das aus? Unterwegs mit Braven und Rabauken
Augsburg
Sekunden nach dem Gong rennt ein Mädchen mit offenen Schnürsenkeln über den Pausenhof. Die Schülerin stellt ihren Schulranzen nach ganz vorne, an die Öffnung in der Mauer, die den Hof begrenzt. Erst dann setzt sie sich hin, um die Schuhe zu binden. Für Gunhild Höner ein gewohntes Bild. Ein Bild, das sie jeden Mittwoch um kurz nach 12 Uhr zu sehen bekommt.
Höner ist eine von 18 Schulbusbegleitern in Augsburg. Sie sitzt einmal pro Woche mit Kindern der Grundschule Göggingen-West im Bus, der in den Stadtteil Bergheim fährt. Zu den Regeln für die Busschüler gehört: Die Ranzen werden in einer Schlange aufgestellt, in der gleichen Reihenfolge dürfen die Kinder einsteigen.
Maximal zehn Stopps liegen auf der Strecke nach Bergheim, zu manchen Uhrzeiten steigt nicht an jeder Haltestelle ein Kind aus. Rund 25 Minuten ist der Bus unterwegs. Am Schuljahresanfang fahren die Schulbusbegleiter komplett mit und helfen den Erstklässlern beim Aussteigen. Später steigen die Begleiter, die oft Eltern sind, gemeinsam mit ihren Kindern aus. Die übrigen Schüler fahren die restliche Strecke ohne Begleitung. Regeln wie die Schulranzen-Schlange haben sich eingebürgert und werden Jahr für Jahr weitergegeben. „Die Erstklässler sehen das bei den Großen“, sagt Hauptkommissar Robert Schlotterer, der in Augsburg für die Schulwegdienste zuständig ist.
Die Grundschule GöggingenWest ist die einzige in Augsburg, an der erwachsene Mitfahrer im Bus nach dem Rechten sehen. In der gesamten Region gibt es an die 500 Schulbusbegleiter. Sie achten darauf, dass die Kinder nur auf sicheren Plätzen sitzen, den Schulranzen vom Rücken nehmen und keinen Unfug anstellen. „Ich setze mich in die Nähe, wo die größten Rabauken sitzen“, sagt Höner. Keiner soll aufstehen, drängeln oder über die Lehnen klettern. Die Schulbusbegleiter kümmern sich um Ordnung und Sicherheit im Bus – so wie Schulweghelfer Schülern beim Überqueren einer Straße helfen. Für die Busbegleiter gibt es eine Schulung von der Polizei, die nach Bedarf stattfindet.
Hält sich ein Schüler wiederholt nicht an die Regeln, werden Schule, Eltern und Polizei informiert. Schlimmstenfalls droht ein Verbot, im Schulbus mitzufahren. Dass es so weit kommt, hat Hauptkommissar Schlotterer in den 15 Jahren seiner Zuständigkeit zwei Mal erlebt. Wie wichtig die Schulbusbegleiter sein können, hat Gunhild Höner schon am ersten Schultag ihres Sohnes erfahren. Der hatte sich verquatscht und vergessen, auszusteigen. Da half es, einen Erwachsenen ansprechen zu können, ohne im fahrenden Bus durch den Gang zum Fahrer stolpern zu müssen. Das war im Herbst 2015. Seit Beginn dieses Schuljahres ist Höner selbst Schulbusbegleiterin. „Es braucht engagierte Eltern, damit so etwas läuft“, sagt sie.
Schulbusbegleiter werden mehr oder weniger laufend gesucht. An der Gögginger Grundschule hören pro Schuljahr drei bis vier von ihnen auf. Meist, weil sie Eltern von Kindern sind, die die Schule verlassen. Bislang war die Suche nach Neuen stets erfolgreich – und das schon seit November 1989.