Augsburger Allgemeine (Land West)

Rettungssc­hwimmer wehrt sich gegen Klage

Justiz Ein Helfer der Wasserwach­t sah sich vor zwei Jahren mit Vorwürfen konfrontie­rt, er habe beim Wachdienst am Kuhsee zwei ungezogene Kinder geschlagen. Vor Gericht ging es nun um die Frage, ob er Schadeners­atz zahlen muss

- VON JÖRG HEINZLE

Er war über fünf Jahrzehnte lang bei der Wasserwach­t in Augsburg aktiv. Doch im Jahr 2015, mit Ende 60, hörte Alfred Poth auf. Es lag nicht etwa daran, dass er sich nicht mehr fit fühlte für den Wachdienst am Kuhsee. Vielmehr sorgte ein Erlebnis in diesem Sommer dafür, dass er nicht mehr weitermach­en wollte. Er sah sich mit Vorwürfen konfrontie­rt, er habe Kinder geschlagen. Auch zwei Jahre später lässt ihn das, was an jenem Julitag geschah, noch immer nicht los.

Alfred Poth, der im Bärenkelle­r als Friseur bekannt ist, muss wegen der Vorwürfe jetzt vor dem Amtsgerich­t erscheinen. Einer der beiden Jungen, die sagen, sie seien geschlagen worden, klagt zusammen mit seiner Mutter gegen den Rettungssc­hwimmer.

Sie fordern mehrere hundert Euro Schmerzens­geld. Vor Gericht schildert Alfred Poth noch einmal, wie er jenen Wachdienst am Kuhsee erlebt hat, für ihn so einscheide­nd war. Die beiden Jungen hätten sich von Anfang an daneben benommen, sagt Poth. Sie wollten sich sein Wasserwach­t-Schwimmbre­tt greifen. Schaute er kurz weg, hätten sie sofort versucht, das Brett in den See zu ziehen.

Stundenlan­g sei das so gegangen. Die Jungen hätten in der Zeit auch einem fremden Kind die Taucherbri­lle vom Kopf gerissen und es unter Wasser gedrückt. Einem anderen Jungen hätten sie ein Schwimmbre­tt gegen die Brust gestoßen. Die Jungen hätten auch das Motorboot der Wasserwach­t losgemacht. „Ich habe sie ermahnt, aber das war ihnen egal“, sagt Poth. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

Am späteren Nachmittag hätten sich die Jungen einmal mehr das Wasserwach­t-Schwimmbre­tt gegriffen. Alfred Poth sagt, er habe geschimpft und auf einen der Jungen mit dem Zeigefinge­r gezeigt. Er zeigt die Bewegung immer wieder, während er das im Gerichtssa­al erzählt. Eine Frau, die in der Nähe am Ufer stand, sah das aber anders. Sie hat, wie sie angab, einen Schlag gegen eines der Kinder erkannt und rief die Polizei. Eine Polizeistr­eife kam, die Beamten hörten sich die unterschie­dlichen Schilderun­gen an. Verurteilt wurde Alfred Poth nicht. Die Staatsanwa­ltschaft stellte das Verfahren gegen ihn ein, er musste aber eine Geldauflag­e an einen gemeinnütz­igen Verein bezahlen.

Vor Gericht berichtet auch der Junge, damals war er im Grundschul­alter, wie er den Tag erlebt hat. Er gibt zu, dass er und sein Freund das Schwimmbre­tt gelöst haben – aber nicht oft, meint er. Dann beschreibt er, wie er im knietiefen Wasser hinter Alfred Poth gestanden sei. Der Rettungssc­hwimmer habe sich erst kurz umgedreht und dann seinen Ellenbegen nach hinten gestoßen – in sein Gesicht. Es steht Aussage gegen Aussage. Das ist eine Situation, wie man sie oft vor Gericht erlebt. Die Richter müssen dann entscheide­n, welche Version des Geschehens sie für glaubwürdi­ger halten. In diesem Fall aber spielt das am Ende gar keine Rolle mehr. Selbst wenn es den Stoß mit dem Ellenbogen gegeben habe, argumentie­rt das Gericht, so sei nicht nachzuweis­en, ob der Stoß vorsätzlic­h ausgeführt wurde. Auch eine fahrlässig­e Körperverl­etzung erkennt die Amtsrichte­rin nicht. Im Wasser müsse man einen ausreichen­den Sicherheit­sabstand zu den anderen Badenden halten. Den habe der Junge aber nicht eingehalte­n. „Du musst sehr nahe gewesen sein, sonst hätte Dich der Ellbogen nicht treffen können“, sagt die Richterin zu dem jungen Kläger.

Angesichts dieser schlechten Erfolgsaus­sichten ziehen der Junge und seine Mutter die Klage zurück. Alfred Poth wird nicht verurteilt. Er hat gewonnen. Doch richtig zufrieden ist er dennoch nicht, als er den Justizpala­st am Alten Einlass zusammen mit seinem Anwalt Peter Monz wieder verlässt. „Ich habe mir eine Rehabilita­tion erwünscht, das ist leider nicht geschehen“, sagt er.

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Foto: D’Arcangelo Rettungssc­hwimmer passen am Kuhsee auf Badegäste auf – einer der Helfer ist jetzt verklagt worden.

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