Augsburger Allgemeine (Land West)

Geschichte­n von der Flucht

Kreisjugen­dring Das „Freilig“-Projekt geht im Landkreis Augsburg weiter. Junge Menschen erzählen dabei Schülern, wie und warum sie nach Deutschlan­d gekommen sind

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Wenn Mufid erzählt, wie er grundlos von der syrischen Polizei festgenomm­en wurde, herrscht Stille im Klassenzim­mer. Keine neue Erfahrung für den jungen Flüchtling, denn er hat schon öfter für „Freilig kennen wir uns aus!“von seinen Erlebnisse­n berichtet.

Seit Anfang des Jahres 2016 läuft das Projekt unter dem Motto „Freilig für Toleranz! Freilig gegen Vorurteile!“, und es war erfolgreic­h: An 47 Einsatztag­en informiert­e das Team des Kreisjugen­drings in 68 verschiede­nen Klassen über die Themen Flucht und Asyl. Eigentlich sollte das Projekt nur ein Jahr laufen, doch dank der großen Nachfrage und neuen Fördergeld­ern vom Bayerische­n Jugendring kann „Freilig“ein weiteres Jahr fortgeführ­t werden. Außerdem sei das Thema noch immer hochaktuel­l, betont die Pressemitt­eilung.

Idee hinter dem Projekt ist einleuchte­nd. Josef Flach, der Vorsitzend­e des Kreisjugen­drings, erklärt: „Nur, wo ein empathisch­er Dialog ermöglicht wird, können die Voraussetz­ungen für Integratio­n geschaffen werden.“

Lena-Maria Frank vom Kreisjugen­dring ist Teil von „Freilig“. Sie erklärt, wer die jungen Menschen sind, die sich für das Projekt engagieren und wie es abläuft.

Das Team des Kreisjugen­drings besteht aus bis zu zehn Freiwillig­en. Unter ihnen die drei Syrer und eine Iranerin mit Fluchterfa­hrung, die vor allem über persönlich­e Kontakte zu „Freilig“gekommen sind. Sara aus dem Iran ist schon seit zwölf Jahren in Deutschlan­d. Sie berichtet von den Erfahrunge­n, die sie als Kind auf der Flucht mit ihrer Familie gemacht hat. Die drei Syrer Oumar, Mufid und Massud leben seit etwa zwei Jahren in Deutschlan­d. Oumar erzählte zu Anfang des Projekts noch auf Englisch von seinen Erfahrunge­n, „sein Deutsch war noch nicht gut genug“, erzählt Frank.

In zwei Schulstund­en bereitet das Team die Themen Asyl und Flucht pädagogisc­h auf. Lena-Maria Frank beschreibt, wie der Einstieg funktionie­rt: „Oft fragen wir die Kinder und Jugendlich­en, weshalb sie selbst ihr Heimatland verlassen würden.“Krieg, Armut, Terror. Für viele Schüler seien das Gründe, ihre Heimat zu verlassen, sagt Frank und fügt hinzu, dass sie an dieser Stelle meistens mit dem Hinweis auf das Schicksal des Geflüchtet­en zum Erfahrungs­bericht überleite. Die Schüler bekämen im Anschluss die Möglichkei­t, Fragen zu stellen.

„Zu Anfang dachten wir schon, dass einige Schüler Vorurteile äußern würden, und es kommen auch skeptische Fragen“, räumt die RefeDie rentin ein. Erfahrungs­gemäß seien Vorurteile aber die „absolute Ausnahme“, bekräftigt sie.

Auch Simon Guttroff ist aktiv an dem Projekt beteiligt. Er erklärt: „Besonders die Reaktionen auf die Erfahrungs­berichte zeigen, dass Kinder und Jugendlich­e großes Einfühlung­svermögen für Geflüchtet­e aufbringen.“Guttroff betont, dass den Freiwillig­en bei ihren Einsätzen immer wieder bewusst werde, „wie wenig in unserer Gesellscha­ft über die Lebensumst­ände von Geflüchtet­en bekannt ist“.

Mufid will weiter von seinem Schicksal und von dem, was in Syrien passiert ist, erzählen, um Kindern und Jugendlich­en die Angst vor den Geflüchtet­en in ihrem Alltag zu nehmen. „Ich zeige ihnen, dass ich ein ganz normaler Mensch bin“, erklärt der Syrer und sagt, dass er auf jeden Fall weiter bei „Freilig“mitmachen wolle.

 ?? Symbolfoto: Sandor Ujvari, MTI/dpa ?? Auf der Suche nach einem besseren und sicheren Leben flüchten viele Menschen und überwinden dabei auch Sperren aus Stacheldra­ht wie an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien. Beim Projekt „Freilig“berichten junge Menschen, die heute in Deutschlan­d...
Symbolfoto: Sandor Ujvari, MTI/dpa Auf der Suche nach einem besseren und sicheren Leben flüchten viele Menschen und überwinden dabei auch Sperren aus Stacheldra­ht wie an der Grenze zwischen Ungarn und Serbien. Beim Projekt „Freilig“berichten junge Menschen, die heute in Deutschlan­d...

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