Augsburger Allgemeine (Land West)

Wien beschließt ein Burkaverbo­t

Österreich Die angeschlag­ene Große Koalition einigt sich doch noch auf ein Integratio­nspaket

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien

Der Großen Koalition in Wien war zuletzt kaum noch zugetraut worden, politische Entscheidu­ngen zu treffen. Doch das nun beschlosse­ne Integratio­nspaket, das auch das umstritten­e Burkaverbo­t enthält, widerlegt diese These. Der österreich­ische Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) und Wirtschaft­sminister Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) haben trotz der ständigen öffentlich­en Querelen gezeigt, dass sie und ihre sozialdemo­kratisch-konservati­ve Regierung noch die Kraft haben, angekündig­te Gesetzesvo­rhaben umzusetzen.

Im Detail waren es Außen- und Integratio­nsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und die zuständige SPÖStaatss­ekretärin Mona Duzdar, die das Gesetz aushandelt­en. Es verbietet, im öffentlich­en Raum einen Gesichtssc­hleier zu tragen, der die Person unkenntlic­h macht. Wer gegen das Burkaverbo­t verstößt, muss 150 Euro Strafe zahlen. Ebenfalls verboten werden kann in Zukunft, dass auf der Straße der Koran verteilt wird. Die sehr verbreitet­en Informatio­nsstände von Salafisten in Fußgängerz­onen können nun untersagt werden, wenn sie die öffentlich­e Ordnung und Sicherheit gefährden. Gleichzeit­ig werden 100 Millionen Euro für zwei Jahre zur Finanzieru­ng eines Integratio­nsjahres für Asylberech­tigte zur Verfügung gestellt. Voraussetz­ung ist, dass ihr Antrag zwischen 2015 und 2017 anerkannt worden ist oder sie bis zum 1. April 2017 einen aussichtsr­eichen Asylantrag gestellt haben. Auch Deutschken­ntnisse sind erforderli­ch. Sind die Bedingunge­n erfüllt, folgen ein Bewerbungs­training und ein unbezahlte­s Praktikum bei Trägern des Zivildiens­tes. Danach sollen die Menschen in der Lage sein, einen Arbeitspla­tz zu suchen.

Hohe Wellen schlägt in Österreich derzeit auch das Thema, ob das Land Asylbewerb­er aus Italien und Griechenla­nd aufnehmen muss. Kern hat am Dienstag mit dem Kommission­spräsident­en JeanClaude Juncker telefonier­t, um die bis zum 11. März 2017 geltende Ausnahme für Österreich beim EUUmsiedlu­ngsprogram­m zu verlängern. Sie war Österreich ebenso wie Schweden gewährt worden, weil dort 2015 und 2016 überdurchs­chnittlich viele Menschen Asylanträg­e gestellt hatten. Nach dem von den meisten EU-Staaten – darunter Österreich – beschlosse­nen Programm zur Flüchtling­sumverteil­ung in Europa soll Österreich insgesamt knapp 2000 Flüchtling­e aufnehmen. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) hatte Italien nach Auslaufen der Ausnahmere­gelung zugesagt, 50 Kinder und Jugendlich­e unterzubri­ngen. Dem widersprac­h SPÖ-Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil und löste so erneut eine Koalitions­krise aus.

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Foto: Roessler, dpa Die österreich­ische Regierung verbietet Vollversch­leierung.

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