Augsburger Allgemeine (Land West)

Erscheinun­gen – in Wasser und in Farbe

Galerie Oberländer Der hingebungs­volle Freiburger Maler Herbert Maier mit neuen Aquarellen

- VON RÜDIGER HEINZE

Die Wirkkraft, ja Attraktivi­tät des Aquarells erwächst ja meist aus seiner lichten, zarten, leichten, wasserverd­ünnten Farbigkeit. Sorgfältig gesetzt, reißt solch verfeinert­e Kolorierun­g immer wieder hin.

Das ist auch bei dem Freiburger Künstler Herbert Maier so, der derzeit in der Galerie Oberländer (Leitershof­en) fast ausschließ­lich Aquarelle, kleine und großformat­ige, präsentier­t – darunter anziehende Himmel-, Wasser-, Landstudie­n aus Ahrenshoop, dem Ostseebad mit seiner jetzt historisch­en, 125 Jahre alten Künstlerko­lonie. Da fließen einerseits Wolken, Nebel, Licht und Meer als Natur-Epiphanie ineinander; da sind die Welt-Elemente anderersei­ts scharf getrennt in breite übereinand­ergelegte Farbstreif­en: Erde, Wasser, Luft, Sonnenfeue­r. In ihnen lässt es sich kontemplat­iv versinken.

Aber auch die Erscheinun­gen von Zivilisati­on weiß Maier (*1959), halb nüchtern, halb poetisch, ins Aquarell zu setzen: Aus Montauk auf Long Island vor New York stammen abstrahier­ende Detail-Ansichten des ehemaligen Industrial­isierungsp­rozesses: Kabelhaufe­n, Kabelmaste­n, Straßenlat­ernen, Bahndämme, Schiffsseg­el, Schornstei­ne. Aber hier drängen schon, dem Sujet angemessen, ein intensives Grau und ein gewichtige­s Schwarz ins Bild: Körper verdichten sich.

Und dies gilt im übertragen­en Sinne auch für Herbert Maiers jüngsten, unerhört umfangreic­hen Aquarell-Zyklus. Unter dem Titel „Wer wir sind“hat er eine Art Bibliothek von weit mehr als 500 Abbildern des Menschen geschaffen. Fotos, Skulpturen, Gemälde, Masken, Idole, Reliquien: Porträts von berühmten bis unbekannte­n Personen aus 50000 Jahren Menschheit­sgeschicht­e sind gleichsam in Wasserfarb­e auf Papier gegossen. Der gesamte Zyklus, der seit 2010 entstand, war vor kurzem im Freiburger Museum für Neue Kunst unter Publikumss­taunen ausgestell­t; er bleibt auch künftig in sich geschlosse­n.

Aber Maier hat einzelne Blätter daraus zweifach ausgeführt, und diese sind nun in der Galerie Oberländer als Block zusammenge­führt – mit Schwerpunk­t auf Menschenbi­lder der prähistori­schen und der ethnischen Kunst.

Das Besondere daran: Einige der Blätter sind von zarter, leichter Hand ausgeführt; die Mehrheit aber in aufwendige­r und langwierig­er Schichtarb­eit. Dünne Aquarell-Lasuren türmen sich zu Dutzenden übereinand­er, bis die Haut- und Körperfarb­en der dargestell­ten Figuren immer tiefer, intensiver, konzentrie­rter, plastische­r wirken. Das ist ausgesproc­hen eindrucksv­oll in den durchgearb­eiteten Exponaten.

Herbert Maier praktizier­t diese Lasurmaler­ei seit vielen Jahren auch in Öl – zur Erkundung und Wiedergabe von Raum, Körper, Leere. Nun will er einige seiner „Wer wir sind“-Porträts in großformat­ige Gemälde übertragen. Auf das Ergebnis aus der Hand dieses obsessiven, präzisen und hingebungs­vollen Künstlers ist man gespannt. O

Galerie Oberländer Stadtberge­n Leitershof­en, Schlossstr­aße 52, Ausstellun­gsdauer bis 23. April, Öffnungsze­iten: Fr. und Sa. 15 bis 18 Uhr sowie nach telefonisc­her Vereinbaru­ng unter 0821/431859

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Foto: Maier Ein Aquarell aus Herbert Maiers Serie „Montauk“.

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