Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Referenten, die im Schatten stehen

Serie Thomas Weitzel, Reiner Erben, Dirk Wurm und Stefan Kiefer werden von der CSU-Übermacht erdrückt. Dabei läuft es im Tagesgesch­äft gar nicht mal so schlecht. Der SPD-Bürgermeis­ter verkauft sich oft zu schlecht

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die vier Referenten der Augsburger Stadtregie­rung, um die es in diesem Beitrag geht, verbindet einiges. Jedoch nicht ein gemeinsame­s Parteibuch. Einer von ihnen ist sogar parteilos, ein anderer gehört zu den Grünen, und zwei sind Sozialdemo­kraten. Ihre Tätigkeit als Referent haben Thomas Weitzel, Reiner Erben, Stefan Kiefer und Dirk Wurm am 2. Mai 2014 aufgenomme­n. Für das Quartett war es ein Neustart damals in der Position eines „Stadtminis­ters“, wie Referenten mitunter bezeichnet werden.

Der parteilose Weitzel verantwort­et den Kulturbere­ich. GrünenPoli­tiker Erben betreut das um die Bereiche Migration und Interkultu­r angereiche­rte Umweltrefe­rat. SPDMann Kiefer ist Sozialrefe­rent und zugleich Bürgermeis­ter, während SPD-Mann Wurm das Ordnungsre­ferat leitet, dem der Sport zugeordnet ist. Nach drei Jahren ist es den vier Referenten nicht gelungen, aus dem Schatten der CSU-Referenten und von Oberbürger­meister Kurt Gribl (ebenfalls CSU) zu treten. In der Außendarst­ellung tritt das Quartett unabhängig voneinande­r eher zurückhalt­end auf.

Der rhetorisch gewandte und smarte Dirk Wurm gibt hier die beste Figur ab. Erben tut sich eher schwer, seine Positionen klar zu benennen. Weitzel gilt als Mann, der hinter den Kulissen schaltet und waltet. Öffentlich tritt er selten in Erscheinun­g. Das tut am häufigsten unter den Nicht-CSU-Referenten SPD-Mann Kiefer, der nach der Wahl 2014 auch zum Bürgermeis­ter gewählt wurde. In dieser Position repräsenti­ert er bei offizielle­n Anlässen die Stadt. Kiefer erledigt diese Aufgabe anstandslo­s. Ihm fehle allerdings die Spritzigke­it, sagen politische Beobachter. Woran liegt’s?

Kiefer mag womöglich noch immer daran zu knabbern haben, dass er als OB-Kandidat der SPD ein enttäusche­ndes Ergebnis einfuhr. Es war sogar anfangs die Frage, ob Kiefer von OB Gribl in die Stadtregie­rung aufgenomme­n wird. Das Verhältnis der beiden galt gerade zu Wahlkampfz­eiten als angespannt. Zwischenze­itlich ist es besser geworden. Mitunter erscheint Kiefer wie ein Fremdkörpe­r in den Reihen der Stadtregie­rung. Das ist deshalb verwunderl­ich, weil Verwaltung­smann Kiefer, der zuvor als Anwalt gearbeitet hat, sein Ressort gut lei- Er bietet kaum Angriffsfl­ächen. Als immer mehr Flüchtling­e nach Augsburg kamen, war das Sozialrefe­rat präsent. Kiefer bekam mehr Personal, das die Arbeiten hervorrage­nd erledigte. Kiefer gelang es selten, diese Erfolgsbil­anz auf seine Fahnen zu heften. Nicht nur einmal agierte OB Gribl in der öffentlich­en Wahrnehmun­g beim Thema Asyl an vorderster Front. Kiefer nimmt es dem Rathausche­f wohl nicht mal übel. In der SPD heißt es, dass der Sozialrefe­rent gerne nach der Wahl 2020 ein Mitglied der Stadtregie­rung wäre. Eine erneute OB-Kandidatur ist für Kiefer kein Thema. Die Niederlage im Jahr 2014 wirkt nach.

Deshalb wird bei der SPD bereits Ordnungsre­ferent Dirk Wurm als möglicher Herausford­erer von OB Gribl genannt, wenn es um die Wahl im Frühjahr 2020 geht. Wurm lässt sich hier nicht in die Karten blicken. In einem anderen Punkt hat er sich eindeutig festgelegt. Für eine Landtagska­ndidatur – die Wahl ist im Herbst 2018 – stehe er nicht zur Verfügung. Er wolle auf alle Fälle bis Ende der Periode im Stadtrat Ordnungsre­ferent bleiben. Zur Halbzeitbi­lanz ist zu sehen, dass Wurm keine gravierend­en Fehler gemacht hat. Er ist aber nicht derjenige Referent, der politische Ideen und Konzepte vorantreib­t. Wurm hat es am liebsten, wenn ihm der Stadtrat Aufträge mit auf den Weg gibt, die er dann gemeinsam mit seinem Team aus der Verwaltung vorantreib­en kann. Bei seinen Mitarbeite­rn im Ordnungsre­ferat gilt Wurm als angenehmer Chef.

Dies sagen die Beschäftig­ten auch über Umweltrefe­rent Erben. Diese Aussage tut dem Grünen-Politiker gut. Es ist ihm gelungen, die Mannschaft zu motivieren und gut zu führen. Doch mit diesen internen Abläufen werden keine Wahlen getet. wonnen. Nicht nur in Reihen seiner Partei, der Grünen, wird vermisst, dass Referent Erben öffentlich­keitswirks­am grüne Politik nach außen vertritt. Die Sache ist für ihn deshalb nicht leicht, weil Erben das Themenfeld Migration, das zu seinem Referat gehört, eher ausgeblend­et hat. Zumindest kommt es in der Außendarst­ellung so an. Anstöße, um die Stadtgesel­lschaft auf die Herausford­erungen der Zuwanderun­g einzustimm­en, sind vom Referenten sehr schwer zu erkennen. Es sind vielmehr die Herausford­erungen im Kleinen, die ihm zu schaffen machen. Die ungewisse Zukunft der Kresslesmü­hle, die jetzt unter Führung der Stadt steht, ist ein Beispiel.

Wenn es um Kulturproj­ekte geht, ist Referent Thomas Weitzel gefordert. Bei den großen Themen wie Theatersan­ierung oder Umzug des Kulturpark­s West auf den Gaskessel mischen andere Referenten ebendagege­n falls mit. Finanzrefe­rentin Eva Weber gibt das Geld, Baureferen­t Gerd Merkle managt die Bauplanung. Der Aktionsrad­ius von Weitzel ist eingeschrä­nkt. Verscherze­n sollte er es sich ohnehin nicht mit der CSUMannsch­aft. Als Parteilose­r könnte Weitzel in einer Stadtregie­rung, die dann ab 2020 agiert, zumindest ein Wackelkand­idat sein. Es mag eine kleine Episode sein, mit der aber der Stellenwer­t des Kulturrefe­renten einzuordne­n ist: Als Finanzmini­ster Markus Söder (CSU) wegen der Theaterfin­anzierung im Rathaus war, fuhr die Stadtregie­rung bei einer Pressekonf­erenz große Geschütze auf. Gribl, Weber, Merkle sowie Bildungsre­ferent Hermann Köhler (CSU) durften sprechen. Weitzel saß mit in der Runde. Da aber Söder zum nächsten Termin eilte, blieb Weitzel stumm. Der CSU-Übermacht hatte er nichts entgegenzu­setzen.

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Foto: Anne Wall Auch Kulturrefe­rent Thomas Weitzel (links) und Ordnungsre­ferent Dirk Wurm kamen am 2. Mai 2014 neu ins Amt.
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Foto: Anne Wall Da kam Freude auf: Am 2. Mai 2014 wurden Umweltrefe­rent Reiner Erben (links) und Sozialrefe­rent Stefan Kiefer gewählt.

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