Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Referenten, die im Schatten stehen
Serie Thomas Weitzel, Reiner Erben, Dirk Wurm und Stefan Kiefer werden von der CSU-Übermacht erdrückt. Dabei läuft es im Tagesgeschäft gar nicht mal so schlecht. Der SPD-Bürgermeister verkauft sich oft zu schlecht
Die vier Referenten der Augsburger Stadtregierung, um die es in diesem Beitrag geht, verbindet einiges. Jedoch nicht ein gemeinsames Parteibuch. Einer von ihnen ist sogar parteilos, ein anderer gehört zu den Grünen, und zwei sind Sozialdemokraten. Ihre Tätigkeit als Referent haben Thomas Weitzel, Reiner Erben, Stefan Kiefer und Dirk Wurm am 2. Mai 2014 aufgenommen. Für das Quartett war es ein Neustart damals in der Position eines „Stadtministers“, wie Referenten mitunter bezeichnet werden.
Der parteilose Weitzel verantwortet den Kulturbereich. GrünenPolitiker Erben betreut das um die Bereiche Migration und Interkultur angereicherte Umweltreferat. SPDMann Kiefer ist Sozialreferent und zugleich Bürgermeister, während SPD-Mann Wurm das Ordnungsreferat leitet, dem der Sport zugeordnet ist. Nach drei Jahren ist es den vier Referenten nicht gelungen, aus dem Schatten der CSU-Referenten und von Oberbürgermeister Kurt Gribl (ebenfalls CSU) zu treten. In der Außendarstellung tritt das Quartett unabhängig voneinander eher zurückhaltend auf.
Der rhetorisch gewandte und smarte Dirk Wurm gibt hier die beste Figur ab. Erben tut sich eher schwer, seine Positionen klar zu benennen. Weitzel gilt als Mann, der hinter den Kulissen schaltet und waltet. Öffentlich tritt er selten in Erscheinung. Das tut am häufigsten unter den Nicht-CSU-Referenten SPD-Mann Kiefer, der nach der Wahl 2014 auch zum Bürgermeister gewählt wurde. In dieser Position repräsentiert er bei offiziellen Anlässen die Stadt. Kiefer erledigt diese Aufgabe anstandslos. Ihm fehle allerdings die Spritzigkeit, sagen politische Beobachter. Woran liegt’s?
Kiefer mag womöglich noch immer daran zu knabbern haben, dass er als OB-Kandidat der SPD ein enttäuschendes Ergebnis einfuhr. Es war sogar anfangs die Frage, ob Kiefer von OB Gribl in die Stadtregierung aufgenommen wird. Das Verhältnis der beiden galt gerade zu Wahlkampfzeiten als angespannt. Zwischenzeitlich ist es besser geworden. Mitunter erscheint Kiefer wie ein Fremdkörper in den Reihen der Stadtregierung. Das ist deshalb verwunderlich, weil Verwaltungsmann Kiefer, der zuvor als Anwalt gearbeitet hat, sein Ressort gut lei- Er bietet kaum Angriffsflächen. Als immer mehr Flüchtlinge nach Augsburg kamen, war das Sozialreferat präsent. Kiefer bekam mehr Personal, das die Arbeiten hervorragend erledigte. Kiefer gelang es selten, diese Erfolgsbilanz auf seine Fahnen zu heften. Nicht nur einmal agierte OB Gribl in der öffentlichen Wahrnehmung beim Thema Asyl an vorderster Front. Kiefer nimmt es dem Rathauschef wohl nicht mal übel. In der SPD heißt es, dass der Sozialreferent gerne nach der Wahl 2020 ein Mitglied der Stadtregierung wäre. Eine erneute OB-Kandidatur ist für Kiefer kein Thema. Die Niederlage im Jahr 2014 wirkt nach.
Deshalb wird bei der SPD bereits Ordnungsreferent Dirk Wurm als möglicher Herausforderer von OB Gribl genannt, wenn es um die Wahl im Frühjahr 2020 geht. Wurm lässt sich hier nicht in die Karten blicken. In einem anderen Punkt hat er sich eindeutig festgelegt. Für eine Landtagskandidatur – die Wahl ist im Herbst 2018 – stehe er nicht zur Verfügung. Er wolle auf alle Fälle bis Ende der Periode im Stadtrat Ordnungsreferent bleiben. Zur Halbzeitbilanz ist zu sehen, dass Wurm keine gravierenden Fehler gemacht hat. Er ist aber nicht derjenige Referent, der politische Ideen und Konzepte vorantreibt. Wurm hat es am liebsten, wenn ihm der Stadtrat Aufträge mit auf den Weg gibt, die er dann gemeinsam mit seinem Team aus der Verwaltung vorantreiben kann. Bei seinen Mitarbeitern im Ordnungsreferat gilt Wurm als angenehmer Chef.
Dies sagen die Beschäftigten auch über Umweltreferent Erben. Diese Aussage tut dem Grünen-Politiker gut. Es ist ihm gelungen, die Mannschaft zu motivieren und gut zu führen. Doch mit diesen internen Abläufen werden keine Wahlen getet. wonnen. Nicht nur in Reihen seiner Partei, der Grünen, wird vermisst, dass Referent Erben öffentlichkeitswirksam grüne Politik nach außen vertritt. Die Sache ist für ihn deshalb nicht leicht, weil Erben das Themenfeld Migration, das zu seinem Referat gehört, eher ausgeblendet hat. Zumindest kommt es in der Außendarstellung so an. Anstöße, um die Stadtgesellschaft auf die Herausforderungen der Zuwanderung einzustimmen, sind vom Referenten sehr schwer zu erkennen. Es sind vielmehr die Herausforderungen im Kleinen, die ihm zu schaffen machen. Die ungewisse Zukunft der Kresslesmühle, die jetzt unter Führung der Stadt steht, ist ein Beispiel.
Wenn es um Kulturprojekte geht, ist Referent Thomas Weitzel gefordert. Bei den großen Themen wie Theatersanierung oder Umzug des Kulturparks West auf den Gaskessel mischen andere Referenten ebendagegen falls mit. Finanzreferentin Eva Weber gibt das Geld, Baureferent Gerd Merkle managt die Bauplanung. Der Aktionsradius von Weitzel ist eingeschränkt. Verscherzen sollte er es sich ohnehin nicht mit der CSUMannschaft. Als Parteiloser könnte Weitzel in einer Stadtregierung, die dann ab 2020 agiert, zumindest ein Wackelkandidat sein. Es mag eine kleine Episode sein, mit der aber der Stellenwert des Kulturreferenten einzuordnen ist: Als Finanzminister Markus Söder (CSU) wegen der Theaterfinanzierung im Rathaus war, fuhr die Stadtregierung bei einer Pressekonferenz große Geschütze auf. Gribl, Weber, Merkle sowie Bildungsreferent Hermann Köhler (CSU) durften sprechen. Weitzel saß mit in der Runde. Da aber Söder zum nächsten Termin eilte, blieb Weitzel stumm. Der CSU-Übermacht hatte er nichts entgegenzusetzen.