Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Dreierbündnis hat sich die Note 2 verdient
Debatte In unsere Bewertung fließen unter anderem die Projekte ein, die vorangetrieben werden. Ausschlaggebend sind aber auch die Diskussionskultur im Stadtrat und die Art, wie sich die Regierung nach außen präsentiert
Man ist allerdings auch nicht immer einer Meinung
Abgerechnet wird zum Schluss. Wahlen werden insofern nicht zur Halbzeit einer Periode gewonnen oder verloren. Was in einer Halbzeitbilanz vorgelegt wird, ist dennoch mehr als eine Momentaufnahme. Vor allem dann, wenn es sich um den kommunalen Bereich handelt. Hier dauert eine Amtsperiode sechs Jahre, zwei Jahre länger als zum Beispiel im Bundestag. Nach drei Jahren unter der Augsburger Stadtregierung, die von CSU, SPD und Grünen gestellt wird, dient eine Einschätzung als Gradmesser einer Leistungsbilanz. Es ist zu bewerten, wie sich die Regierenden im Tagesgeschäft geschlagen haben, welche Kritik sie einstecken mussten und welche Ziele sie sich bis zur nächsten Wahl im Frühjahr 2020 vorgenommen haben.
Für die Stadtregierung fällt das Zwischenzeugnis positiv aus. Ginge es nach Schulnoten, wäre eine „Zwei“passend, wobei diese Beurteilung sicherlich nicht jeder teilt. Was die gute Benotung begründbar macht, ist die insgesamt betrachtet positive Entwicklung der Großstadt Augsburg. Es geht dabei nicht allein um die ganz großen Themen wie Universitätsklinik, Schulsanierungsprogramm oder Theatersanierung, die in den zurückliegenden drei Jahren zur Erfolgsbilanz der Stadtregierung gehören. In die Bewertung muss einfließen, dass der Politikbetrieb auf einer inhaltlichen Ebene läuft. Das Gestalten steht im Vordergrund. Persönliche Scharmützel mit Beschimpfungen und Beleidigungen hat es in den zurückliegenden drei Jahren nicht gegeben. Das liegt nun nicht allein an den Regierenden, aber deren Agieren ist zumindest mitentscheidend für die öffentliche Wahrnehmung.
Jeder gegen jeden, so kam einem viele Jahre lang der Ablauf im politischen Leben der Stadt vor. Giftpfeile, die in Richtung des politischen Gegners abgeschossen werden, gehörten fast schon zur Tagesordnung. Der eine oder andere politische Beobachter mag heute vielleicht den obligatorischen Ärger im Rathaus vermissen. Die Regierenden tun ihm den Gefallen nicht. CSU, SPD und Grüne ziehen nach wie vor an einem Strang. Sicherlich sind die Partner im Dreierbündnis nicht immer einer Meinung, doch unterm Strich gibt das Bündnis ein passables Außenbild ab. Der Bürger muss den Eindruck gewinnen, dass die Regierung ein abgestimmtes Konzept verfolgt, an dem sie sich in ihren Entscheidungen orientiert. Darunter leiden allerdings die Diskussionen im Stadtrat, da die klaren Mehrheitsverhältnisse andere Voraussetzungen zum Regieren geschaffen haben. Es ist eben nicht mehr jene Zeit, in der sich Regierung und Opposition heftigste Rededuelle lieferten und bald jede wichtige Entscheidung in eine „Kampfabstimmung“mündete.
Dies passierte insbesondere dann, wenn die Mehrheit der gerade an der Macht sitzenden Stadtregierung ins Wanken geriet. Wer als Oberbürgermeister mit hauchdünner Mehrheit regiert, für den ist manche Entscheidung ein Ritt auf der Rasierklinge. Nach der Wahl 1996, in der sich der damalige Oberbürgermeister Peter Menacher gegen den SPD-Herausforderer KarlHeinz Schneider durchsetzte, war das Band zwischen den beiden großen Rathausfraktionen CSU und SPD erst einmal für lange Zeit zerschnitten. Rathauschef Paul Wengert (SPD) zimmerte 2002 seine Mehrheit ohne CSU, der amtierende Oberbürgermeister Kurt Gribl, der 2008 Wengert ablöste, ging in seine erste Amtszeit ohne die SPD. 2014 änderte CSU-Mann Gribl seine Mannschaft. Er holte SPD und Grüne mit ins Boot.
Dieses Konstrukt sorgt seitdem dafür, dass Entscheidungen im Stadtrat für die Regierenden nicht mehr zur Zitterpartie werden. Die Vorarbeit dazu wird in den internen Runden der Partner gelegt. Vielfach gehen CSU, SPD und Grüne erst nach draußen mit politischen Vorstößen, wenn es einen internen Abstimmungsprozess gegeben hat.
Die Stadt wird mit „ruhiger Hand“regiert. Das Bündnis hat sich unabhängig von einzelnen wenigen persönlichen Reibereien eingespielt. Dazu trägt bei, dass Oberbürgermeister Kurt Gribl in der zweiten Amtszeit an Statur gewonnen hat und deshalb maßgeblich über seine Person die inhaltliche Positionierung der Stadtregierung wahrgenommen wird. SPD und Grüne mögen mit dieser Situation zwar nicht immer glücklich sein, müssen sie aber klaglos akzeptieren. Noch tun sie es auch. Bis zum Wahltermin werden mehr Absetzbewegungen zu registrieren sein.
Das im Vergleich zu früheren Jahren unaufgeregte Regieren im Rathaus hat Augsburg ein Stück nach vorne gebracht.