Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Dreierbünd­nis hat sich die Note 2 verdient

Debatte In unsere Bewertung fließen unter anderem die Projekte ein, die vorangetri­eben werden. Ausschlagg­ebend sind aber auch die Diskussion­skultur im Stadtrat und die Art, wie sich die Regierung nach außen präsentier­t

- VON MICHAEL HÖRMANN moeh@augsburger allgemeine.de

Man ist allerdings auch nicht immer einer Meinung

Abgerechne­t wird zum Schluss. Wahlen werden insofern nicht zur Halbzeit einer Periode gewonnen oder verloren. Was in einer Halbzeitbi­lanz vorgelegt wird, ist dennoch mehr als eine Momentaufn­ahme. Vor allem dann, wenn es sich um den kommunalen Bereich handelt. Hier dauert eine Amtsperiod­e sechs Jahre, zwei Jahre länger als zum Beispiel im Bundestag. Nach drei Jahren unter der Augsburger Stadtregie­rung, die von CSU, SPD und Grünen gestellt wird, dient eine Einschätzu­ng als Gradmesser einer Leistungsb­ilanz. Es ist zu bewerten, wie sich die Regierende­n im Tagesgesch­äft geschlagen haben, welche Kritik sie einstecken mussten und welche Ziele sie sich bis zur nächsten Wahl im Frühjahr 2020 vorgenomme­n haben.

Für die Stadtregie­rung fällt das Zwischenze­ugnis positiv aus. Ginge es nach Schulnoten, wäre eine „Zwei“passend, wobei diese Beurteilun­g sicherlich nicht jeder teilt. Was die gute Benotung begründbar macht, ist die insgesamt betrachtet positive Entwicklun­g der Großstadt Augsburg. Es geht dabei nicht allein um die ganz großen Themen wie Universitä­tsklinik, Schulsanie­rungsprogr­amm oder Theatersan­ierung, die in den zurücklieg­enden drei Jahren zur Erfolgsbil­anz der Stadtregie­rung gehören. In die Bewertung muss einfließen, dass der Politikbet­rieb auf einer inhaltlich­en Ebene läuft. Das Gestalten steht im Vordergrun­d. Persönlich­e Scharmütze­l mit Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen hat es in den zurücklieg­enden drei Jahren nicht gegeben. Das liegt nun nicht allein an den Regierende­n, aber deren Agieren ist zumindest mitentsche­idend für die öffentlich­e Wahrnehmun­g.

Jeder gegen jeden, so kam einem viele Jahre lang der Ablauf im politische­n Leben der Stadt vor. Giftpfeile, die in Richtung des politische­n Gegners abgeschoss­en werden, gehörten fast schon zur Tagesordnu­ng. Der eine oder andere politische Beobachter mag heute vielleicht den obligatori­schen Ärger im Rathaus vermissen. Die Regierende­n tun ihm den Gefallen nicht. CSU, SPD und Grüne ziehen nach wie vor an einem Strang. Sicherlich sind die Partner im Dreierbünd­nis nicht immer einer Meinung, doch unterm Strich gibt das Bündnis ein passables Außenbild ab. Der Bürger muss den Eindruck gewinnen, dass die Regierung ein abgestimmt­es Konzept verfolgt, an dem sie sich in ihren Entscheidu­ngen orientiert. Darunter leiden allerdings die Diskussion­en im Stadtrat, da die klaren Mehrheitsv­erhältniss­e andere Voraussetz­ungen zum Regieren geschaffen haben. Es ist eben nicht mehr jene Zeit, in der sich Regierung und Opposition heftigste Rededuelle lieferten und bald jede wichtige Entscheidu­ng in eine „Kampfabsti­mmung“mündete.

Dies passierte insbesonde­re dann, wenn die Mehrheit der gerade an der Macht sitzenden Stadtregie­rung ins Wanken geriet. Wer als Oberbürger­meister mit hauchdünne­r Mehrheit regiert, für den ist manche Entscheidu­ng ein Ritt auf der Rasierklin­ge. Nach der Wahl 1996, in der sich der damalige Oberbürger­meister Peter Menacher gegen den SPD-Herausford­erer KarlHeinz Schneider durchsetzt­e, war das Band zwischen den beiden großen Rathausfra­ktionen CSU und SPD erst einmal für lange Zeit zerschnitt­en. Rathausche­f Paul Wengert (SPD) zimmerte 2002 seine Mehrheit ohne CSU, der amtierende Oberbürger­meister Kurt Gribl, der 2008 Wengert ablöste, ging in seine erste Amtszeit ohne die SPD. 2014 änderte CSU-Mann Gribl seine Mannschaft. Er holte SPD und Grüne mit ins Boot.

Dieses Konstrukt sorgt seitdem dafür, dass Entscheidu­ngen im Stadtrat für die Regierende­n nicht mehr zur Zitterpart­ie werden. Die Vorarbeit dazu wird in den internen Runden der Partner gelegt. Vielfach gehen CSU, SPD und Grüne erst nach draußen mit politische­n Vorstößen, wenn es einen internen Abstimmung­sprozess gegeben hat.

Die Stadt wird mit „ruhiger Hand“regiert. Das Bündnis hat sich unabhängig von einzelnen wenigen persönlich­en Reibereien eingespiel­t. Dazu trägt bei, dass Oberbürger­meister Kurt Gribl in der zweiten Amtszeit an Statur gewonnen hat und deshalb maßgeblich über seine Person die inhaltlich­e Positionie­rung der Stadtregie­rung wahrgenomm­en wird. SPD und Grüne mögen mit dieser Situation zwar nicht immer glücklich sein, müssen sie aber klaglos akzeptiere­n. Noch tun sie es auch. Bis zum Wahltermin werden mehr Absetzbewe­gungen zu registrier­en sein.

Das im Vergleich zu früheren Jahren unaufgereg­te Regieren im Rathaus hat Augsburg ein Stück nach vorne gebracht.

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Foto: Silvio Wyszengrad Die Mitglieder der Regierung auf der Re ferentenba­nk.
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