Augsburger Allgemeine (Land West)

Auf Rad und Roller sicher durch den Verkehr

Mobilität Nicht nur Kinder sollen in der neuen Verkehrssc­hule in Kutzenhaus­en das Radfahren üben. Es geht um viel mehr

- VON MANUELA RAUCH www.kutzenhaus­en.de

„Wenn wir nur ein Kind vor einem Unfall bewahren, hat es sich schon gelohnt.“Bürgermeis­terin Silvia Kugelmann

Kutzenhaus­en Mehr als 6000 junge Fußgänger im Alter von sechs bis 15 Jahren verunglück­ten im letzten Jahr auf deutschen Straßen. Laut Statistisc­hem Bundesamt ist die Zahl der Fahrradunf­älle sogar noch höher. 2016 waren es über 9000 Kinder, die mit dem Rad zu Schaden kamen. Das ist eine Zunahme von rund 1,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In Kutzenhaus­en will man präventiv etwas tun, damit junge Menschen noch sicherer durch den Straßenver­kehr kommen. Neben dem Bahnhof wird einer der modernsten Jugendverk­ehrsübungs­plätze in ganz Bayern gebaut. Vor mehr als einem Jahr wurde das Projekt mit der Unterschri­ft der beteiligte­n Gemeinden aus dem westlichen Landkreis, dem Landratsam­t Augsburg und der Kreisverke­hrswacht Augsburg besiegelt. Die interkommu­nale Kooperatio­n ist eine bislang einmalige Sache, sagt Kutzenhaus­ens Bürgermeis­terin Silvia Kugelmann, die stolz darauf ist, dass die neue Verkehrssc­hule bald zum Aushängesc­hild der Gemeinde gehört. „Wenn wir nur ein Kind vor einem Unfall bewahren, hat es sich schon gelohnt“, findet sie.

Ende Oktober soll die Anlage fertig sein. Die mobile Verkehrssc­hule, die einst mit einem Lastwagen voller Fahrräder und Verkehrssc­hilder die Gemeinden anfuhr, gibt es dann nicht mehr. „In Kutzenhaus­en lassen sich bald alle wichtigen Szenarien aus dem echten Straßenver­kehr trainieren“, sagt Kugelmann. Wie genau das aussehen könnte, erklärt Martin Schomanek, Vorsitzend­er der Verkehrswa­cht Augsburg. „Angefangen von Zebrastrei­fen über Bushaltest­ellen bis hin zum Kreisverke­hr haben wir alles.“Sogar eine eigens geschaltet­e Ampelanlag­e gehört dazu.

Schomanek freut sich auf den Neubau, der vor wenigen Tagen mit Bodenbohru­ngen begonnen hatte. Vor ihm liegen Entwürfe und Pläne auf meterlange­n Papierböge­n. Auf einer der Karten hat Schomanek das kleine Modell vom Schulungsg­ebäude gestellt. Dort wird künftig die Theorie gebüffelt, bevor es raus „auf die Straße“geht. Im Gebäude gibt es neben einem Schulungsr­aum auch ein Materialla­ger und eine vollausges­tattete Fahrradwer­kstatt. Man werde rund 25 Räder anschaffen. „Hinzu kommen auch behinderte­ngerechte Fahrräder und Fahrzeuge wie Roller für die Kleinsten“, sagt Schomanek. Schnell wird klar, es geht nicht nur ums Radfahren. Schomanek spricht von Multifunkt­ionalität. „Das Training beginnt hier eigentlich schon im Vorschulal­ter mit dem sicheren Überqueren der Fahrbahn.“Denn das ist, gerade für die jüngeren Kinder, eine oft brenzlige Angelegenh­eit. Auch wenn der Verkehrser­zieher weiterhin die Kindergärt­en vor Ort besuchen wird, soll es in Kutzenhaus­en eines Tages ergänzende Kursangebo­te für Kinder und Eltern geben.

In der zweiten Klasse der Grundschul­e wird auf der Anlage das richtige Ein- und Aussteigen in den Schulbus geübt und in der vierten Klasse kommt der obligatori­sche Fahrradfüh­rerschein dazu. Wer das heiß ersehnte Papier in den Händen hält, darf von da an ganz alleine in die Schule radeln, so sehen das zumindest die Schulen am liebsten. Spätestens dann müsse das Erlernte sitzen, sagt Schomanek. Vor allem, weil der Nachwuchs jetzt zunehmend aktiver wird. „Die Kids wechseln vielleicht die Schule und fahren auch mal alleine in die Stadt. Da müssen sie sicher sein.“

Obwohl die Anlage während der Schulzeite­n von den Kindern genutzt wird, hat die Verkehrswa­cht noch mehr Ideen. Die Mobilität nimmt zu, insbesonde­re bei älteren Menschen, sagt Schomanek. „Die Verkaufsza­hlen der E-Bikes sind doch ein Beleg dafür.“Doch mit dem Trend steige auch das Unfallrisi­ko. In Workshops sollen Radler die wichtigste­n Funktionsw­eisen der modernen Zweiräder kennenlern­en, Neulinge können auf dem E-Bike Simulator erste Fahrversuc­he machen. Mobilität im Alter ist eins der Kernthemen der Verkehrswa­cht. Dazu gehört auch der Rollator-Kurs, der den Senioren zeigt, wie man sich richtig mit der Gehhilfe bewegt. Die Vorteile einer zentralen Übungsanla­ge liegen auf der Hand, erklärt Projektlei­terin Marianne Birkle. Im echten Straßenver­kehr geraten viele Betroffene unter Druck und werden ängstlich. Birkle sagt: „Das geht mitunter so weit, dass Senioren lieber daheim bleiben, statt mit dem Rollator zu laufen.“In Kutzenhaus­en könnte der Kurs nicht nur für Senioren, sondern auch für Pflegekräf­te oder Angehörige stattfinde­n. I

Bauarbeite­n: Wie es mit der Ju gendverkeh­rsschule voran geht, kann auf der Internetse­ite der Gemein de Kutzenhaus­en verfolgt werden unter

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Foto: Manuela Rauch Die Bodenarbei­ten für die Jugendver kehrsschul­e haben begonnen. Schon im Oktober soll dort der Unterricht begin nen.

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