Augsburger Allgemeine (Land West)
Polizei reagiert auf Motorradlärm
Stauden Das Problem auf der „Rennstrecke“ist nicht alleine das Tempo. Jetzt sind Leitlinien im Gespräch. Und ein Versuch mit Smileys
Mickhausen Jetzt ist es wieder so weit. Mit den wärmeren Tagen steigt auch die Zahl der Motorradfahrer. Doch gerade für die Bürger in Mickhausen, vor allem im Ortsteil Münster hört damit der Spaß auf. Denn vor allem an Wochenenden ertönt zunehmend das Motorengeheul auf der sogenannten Rennstrecke zwischen Birkach und Mickhausen. Dann ist er vorbei mit der Ruhe in den Stauden.
Denn viele Motorradfahrer fahren die Strecke nicht einfach ab und sind dann wieder fort. Meist wird mehrmals am Berg auf und ab gefahren, Videos werden gemacht und sogar Zeiten gestoppt. Dabei ist die Geschwindigkeit gar nicht das Problem. So sieht es zumindest Gernot Hasmüller, Leiter der Schwabmünchner Polizeiinspektion. „Wir haben zweimal eine langfristige Messung durchgeführt. Im Juni lag die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 75, im August bei 82 km/h“, sagt Hasmüller.
Trotzdem schuf die Strecke im Vorjahr viel Missstimmung. Zwei Unfälle und fünf Verletzte Ende Juni 2016 sorgten für Diskussion. Bei einem wurde überhöhte Geschwindigkeit, beim anderen fehlende Fahrpraxis als Ursache ermittelt. Dabei wurde der Vorwurf laut, die Polizei lasse sich vor Ort nicht sehen und am Wochenende, wann der größte „Andrang“herrscht, sei sie nie da. Daher besuchte Hasmüller nun die Bürgerversammlungen in Mickhausen und Münster. „Die Vorwürfe kann ich so nicht stehen lassen“, begründete er seine Anwesenheit. Er belegte, dass die Polizei sich um die „Rennstrecke“kümmere. „Zwischen Juli und September waren wir 37 Mal vor Ort“, stellt er klar. Dabei gab es 49 Anzeigen und Verwarnungen. Auch dem Vorwurf, die Polizei kontrolliere lieber frisierte Mofas statt große Motorräder entkräftete er. „Allein 2015 wurden 150 Motorräder im Bereich der Strecke kontrolliert. Nur eines war manipuliert“. Darin sieht der Polizist auch das Hauptproblem.
„Es ist nicht die Geschwindigkeit, die gefahren wird. Es ist der Lärm, der dabei entsteht.“Doch da sind der Polizei die Hände gebunden. „Alle diese Maschinen sind zugelassen, die Anbauten haben eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE)“, so Hasmüller. Vor allem die zugelassenen Tuningteile sind aber das Pro- blem. Die Motoren drehen höher, die Auspuffanlagen gehen in Sachen „Geräuschentwicklung“bis an die erlaubte Obergrenze. „Wir diskutieren über Flüsterasphalt und Lärmschutzwände, aber gleichzeitig lässt es die Gesetzgebung zu, dass eine starke Motorsportlobby solche Geräte auf den Markt bringen darf,“schimpft Polizist Hasmüller. Gegen die genehmigten Lärmquellen könne die Polizei nicht vorgehen. „Da können wir kontrollieren, was wir wollen“, klagt er.
Gernot Hasmüller möchte die Probleme nicht unter den Teppich kehren. Es sei nur schwer, effektiv etwas zu bewirken. „Sobald wir kontrollieren, wird das per Handy über die sozialen Netzwerke von den Motorradfahrern verbreitet und keiner kommt mehr“, erzählt Hasmüller. Hinzu kommt, dass im fließenden Verkehr die Fahrerhaftung gilt. Dazu müssen die Fahrer angehalten werden. „Alles andere bringt nichts, denn bei einem Motorradfahrer mit Helm ist die Beweisführung ansonsten schwierig“.
Beim Ruf nach einer Sperrung der Strecke für Motorräder winkt der Polizeichef ab. Mit einer Ausnahme wurde gegen alle Sperrungsversuche in Bayern erfolgreich geklagt. „Die Sperrungen sind rechtlich meist nicht haltbar, das haben mir auch betroffene Kollegen so dargestellt“, erklärt Hasmüller. Doch er will nicht aufgeben. So hat er die Sitzbänke am Parkplatz entfernen lassen. „So gemütlich brauchen es die Motorradfahrer nicht haben.“Ferner könnte er sich Optimierungen vorstellen: „Mit einer doppelten Leitlinie lässt sich optisch ein klares Zeichen setzen.“Das Problem ist, dass die alte Markierung entfernt werden muss und eventuell eine Teilsperrung nötig ist. Eine weitere Option sieht er in der Lärmprävention. Hasmüller berichtet von einem Modell aus Baden-Württemberg. Dort wurden nahe einer Rehaklinik Leitpfosten installiert, die neben Tempo auch Lärm messen. Über ein Display am Straßenrand werden die Fahrer dann entweder „gelobt“, oder zu einer moderateren Fahrweise aufgefordert. Ähnlich wirken die bekannten Smileys von Radaranlagen in vielen Orten. Bei diesem Versuch in BadenWürttemberg konnte der Schallpegel nahezu halbiert werden. „Daher haben wir den Verkehrsbehörden vorgeschlagen, dies hier ebenfalls zu testen“, so Hasmüller.
Bis es zu einem Test eines solchen Systems kommt, wird die Polizei, unterstützt durch die Verkehrspolizei, weiter vor Ort sein. „Heuer gehen wir es wieder an.“