Augsburger Allgemeine (Land West)

Polizei reagiert auf Motorradlä­rm

Stauden Das Problem auf der „Rennstreck­e“ist nicht alleine das Tempo. Jetzt sind Leitlinien im Gespräch. Und ein Versuch mit Smileys

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Mickhausen Jetzt ist es wieder so weit. Mit den wärmeren Tagen steigt auch die Zahl der Motorradfa­hrer. Doch gerade für die Bürger in Mickhausen, vor allem im Ortsteil Münster hört damit der Spaß auf. Denn vor allem an Wochenende­n ertönt zunehmend das Motorengeh­eul auf der sogenannte­n Rennstreck­e zwischen Birkach und Mickhausen. Dann ist er vorbei mit der Ruhe in den Stauden.

Denn viele Motorradfa­hrer fahren die Strecke nicht einfach ab und sind dann wieder fort. Meist wird mehrmals am Berg auf und ab gefahren, Videos werden gemacht und sogar Zeiten gestoppt. Dabei ist die Geschwindi­gkeit gar nicht das Problem. So sieht es zumindest Gernot Hasmüller, Leiter der Schwabmünc­hner Polizeiins­pektion. „Wir haben zweimal eine langfristi­ge Messung durchgefüh­rt. Im Juni lag die Durchschni­ttsgeschwi­ndigkeit bei 75, im August bei 82 km/h“, sagt Hasmüller.

Trotzdem schuf die Strecke im Vorjahr viel Missstimmu­ng. Zwei Unfälle und fünf Verletzte Ende Juni 2016 sorgten für Diskussion. Bei einem wurde überhöhte Geschwindi­gkeit, beim anderen fehlende Fahrpraxis als Ursache ermittelt. Dabei wurde der Vorwurf laut, die Polizei lasse sich vor Ort nicht sehen und am Wochenende, wann der größte „Andrang“herrscht, sei sie nie da. Daher besuchte Hasmüller nun die Bürgervers­ammlungen in Mickhausen und Münster. „Die Vorwürfe kann ich so nicht stehen lassen“, begründete er seine Anwesenhei­t. Er belegte, dass die Polizei sich um die „Rennstreck­e“kümmere. „Zwischen Juli und September waren wir 37 Mal vor Ort“, stellt er klar. Dabei gab es 49 Anzeigen und Verwarnung­en. Auch dem Vorwurf, die Polizei kontrollie­re lieber frisierte Mofas statt große Motorräder entkräftet­e er. „Allein 2015 wurden 150 Motorräder im Bereich der Strecke kontrollie­rt. Nur eines war manipulier­t“. Darin sieht der Polizist auch das Hauptprobl­em.

„Es ist nicht die Geschwindi­gkeit, die gefahren wird. Es ist der Lärm, der dabei entsteht.“Doch da sind der Polizei die Hände gebunden. „Alle diese Maschinen sind zugelassen, die Anbauten haben eine Allgemeine Betriebser­laubnis (ABE)“, so Hasmüller. Vor allem die zugelassen­en Tuningteil­e sind aber das Pro- blem. Die Motoren drehen höher, die Auspuffanl­agen gehen in Sachen „Geräuschen­twicklung“bis an die erlaubte Obergrenze. „Wir diskutiere­n über Flüsterasp­halt und Lärmschutz­wände, aber gleichzeit­ig lässt es die Gesetzgebu­ng zu, dass eine starke Motorsport­lobby solche Geräte auf den Markt bringen darf,“schimpft Polizist Hasmüller. Gegen die genehmigte­n Lärmquelle­n könne die Polizei nicht vorgehen. „Da können wir kontrollie­ren, was wir wollen“, klagt er.

Gernot Hasmüller möchte die Probleme nicht unter den Teppich kehren. Es sei nur schwer, effektiv etwas zu bewirken. „Sobald wir kontrollie­ren, wird das per Handy über die sozialen Netzwerke von den Motorradfa­hrern verbreitet und keiner kommt mehr“, erzählt Hasmüller. Hinzu kommt, dass im fließenden Verkehr die Fahrerhaft­ung gilt. Dazu müssen die Fahrer angehalten werden. „Alles andere bringt nichts, denn bei einem Motorradfa­hrer mit Helm ist die Beweisführ­ung ansonsten schwierig“.

Beim Ruf nach einer Sperrung der Strecke für Motorräder winkt der Polizeiche­f ab. Mit einer Ausnahme wurde gegen alle Sperrungsv­ersuche in Bayern erfolgreic­h geklagt. „Die Sperrungen sind rechtlich meist nicht haltbar, das haben mir auch betroffene Kollegen so dargestell­t“, erklärt Hasmüller. Doch er will nicht aufgeben. So hat er die Sitzbänke am Parkplatz entfernen lassen. „So gemütlich brauchen es die Motorradfa­hrer nicht haben.“Ferner könnte er sich Optimierun­gen vorstellen: „Mit einer doppelten Leitlinie lässt sich optisch ein klares Zeichen setzen.“Das Problem ist, dass die alte Markierung entfernt werden muss und eventuell eine Teilsperru­ng nötig ist. Eine weitere Option sieht er in der Lärmpräven­tion. Hasmüller berichtet von einem Modell aus Baden-Württember­g. Dort wurden nahe einer Rehaklinik Leitpfoste­n installier­t, die neben Tempo auch Lärm messen. Über ein Display am Straßenran­d werden die Fahrer dann entweder „gelobt“, oder zu einer moderatere­n Fahrweise aufgeforde­rt. Ähnlich wirken die bekannten Smileys von Radaranlag­en in vielen Orten. Bei diesem Versuch in BadenWürtt­emberg konnte der Schallpege­l nahezu halbiert werden. „Daher haben wir den Verkehrsbe­hörden vorgeschla­gen, dies hier ebenfalls zu testen“, so Hasmüller.

Bis es zu einem Test eines solchen Systems kommt, wird die Polizei, unterstütz­t durch die Verkehrspo­lizei, weiter vor Ort sein. „Heuer gehen wir es wieder an.“

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Archivfoto: Reinhold Radloff Schwere Motorradun­fälle haben sich auf der „Rennstreck­e“in den vergangene­n Jah ren immer wieder ereignet. Die Polizei hat jetzt mehr Präsenz angekündig­t und hat weitere Vorschläge für mehr Sicherheit.
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Gernot Hasmüller

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