Augsburger Allgemeine (Land West)
Ohne Umsteigen zum Flughafen – wär’ das was?
Hintergrund In München wird heute der erste Spatenstich für die zweite S-Bahn-Stammstrecke zelebriert. In Augsburg und Schwaben sind mit dem Milliardenprojekt große Hoffnungen verbunden
München
Jetzt also soll es losgehen – nach gefühlt 30 Jahren Debatte. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und BahnVorstand Roland Pofalla wollen heute am Marienhof in München – wo zum selben Zweck schon einmal ein Loch gegraben wurde, das danach wieder zugeschüttet werden musste – den ersten Spatenstich für die zweite S-Bahn-Stammstrecke zelebrieren. Die Hoffnungen, aber auch die Zweifel, die sich mit dem gigantischen 3,8-Milliarden-EuroProjekt in der Pendler-Region Nummer 1 in Deutschland verbinden, sind groß. Ob zum Beispiel der Wunsch der Augsburger nach einer Direktverbindung zum Flughafen München in Erfüllung geht, steht noch in den Sternen.
Im Kern geht es bei der zweiten Stammstrecke, die bis 2025 fertig gebaut sein soll, um zwei große politische Versprechen. Erstens: Sie soll nicht nur den Pendlern in München und dessen Umland nutzen, indem sie bessere Verbindungen und im Fall einer Blockade der ersten Stammstrecke ein Ausweichen der den sein. Das ist mit dem Innenminister so besprochen.“
Im Innenministerium wird dies auf Nachfrage bestätigt – teilweise zumindest. „Ja, das ist in Planung“, sagt eine Sprecherin, „die Planungen sind aber noch nicht abgesichert.“Der Minister vertrete die Auffassung, es sei „alles machbar, wenn man nur will.“Das gelte auch für eine mögliche Direktverbindung zum Flughafen.
Bei der IHK Schwaben beharrt man indes auf der Forderung nach einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen Augsburg, dem Münchner Zentrum und dem Flughafen. Und mehr noch: „Ein solcher AirportExpress mit wenigen Stopps könnte auch ab Ulm, Donauwörth oder aus dem Allgäu eingesetzt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Peter Saalfrank. Jetzt komme es vor allem darauf an, die zweite Stammstrecke so zu bauen, „dass dort nicht nur S-Bahn-Züge fahren können, sondern auch ein schneller Regionalexpress.“Nur so werde die zweite Stammstrecke dem Anspruch der Staatsregierung gerecht. „Es wäre nicht akzeptabel, mit Milliardenaufwand eine Verkehrsinfrastruktur für Jahrzehnte zu schaffen, die ausschließlich Münchner Verkehrsprobleme löst“, sagt Saalfrank. An diesem Punkt trifft er sich mit jenen Kritikern, die dem Projekt grundsätzlich skeptisch gegenüber stehen. Im Landtag sind das vor allem Freie Wähler und Grüne. Der Allgäuer Abgeordnete Bernhard Pohl (Freie Wähler) etwa weist darauf hin, „dass man das Geld nur einmal ausgeben kann“. Bei den Grünen betonen Fraktionschef Ludwig Hartmann und der Verkehrspolitiker Markus Ganserer, dass Forderungen nach Verbesserungen im Bahnverkehr seit Jahren schon „wegen angeblich knapper Finanzmittel zurückgewiesen“würden und dass das Geld dort eingesetzt werden müsse, „wo die Schwachstellen sind“.
Bei der SPD in Schwaben, so der Abgeordnete Harald Güller, herrscht die Erwartung, dass die Staatsregierung zu ihren Aussagen stehe, „dass trotz der Milliardeninvestition in München auch in Schwaben und den anderen Regierungsbezirken ihrer Größe entsprechend Projekte finanziert werden. Hier gilt es wachsam zu sein! Blindes Vertrauen ist fehl am Platze.“
An der Notwendigkeit des Milliardenprojektes aber zweifeln weder Güller noch die schwäbischen CSUPolitiker. Der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) freut sich zum Beispiel ausdrücklich, „dass so ein großes Infrastrukturprojekt überhaupt in die Umsetzung kommt“.
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