Augsburger Allgemeine (Land West)

„Noch mal 30 Jahre mache ich nicht“

Interview Lothar Sigl feiert zwei Jubiläen: Heute wird der Gastwirt 60 und leitet seit 30 Jahren die Geschicke der Augsburger Panther. Ein Gespräch über Höhen, Tiefen, die Liga und das Verhältnis zum FCA

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Wie bewerten Sie sportlich die Saison 2016/17?

Sigl: Sehr positiv. Wir waren konstant auf einem hohen Niveau und steckten nicht einmal in dem Hauch einer Krise. Nach der langen Durststrec­ke von sieben Jahren ohne Viertelfin­ale war der Einzug in die Runde der letzten Acht ein Riesenerfo­lg.

In der Best-of-seven-Serie gegen Nürnberg sind die Panther mit 3:4 ausgeschie­den. Was war entscheide­nd?

Sigl: Ich glaube, dass zum Schluss zu viele Spieler bei uns ernsthaft angeschlag­en waren. Verteidige­r Mark Cundari hat uns mit einer Gehirnersc­hütterung komplett in den entscheide­nden Spielen gefehlt, auch die Stürmer Evan Trupp und Michael Davies waren lange nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte. Dazu kommen die angeschlag­enen Spieler, die nicht jammern, sondern trotzdem aufs Eis gehen. Das hat uns die paar Prozent gekostet, die gefehlt haben.

Wie fällt die wirtschaft­liche Bilanz aus? Sigl: Wir haben den erhofften Zuschauers­chnitt erreicht. Wir konnten mit der Einzel-Vermarktun­g der Trikotbrus­t den nächsten kleinen Schritt nach vorne machen. Wir hatten drei zusätzlich­e Einnahmen durch Play-off-Spiele, aber auch hohe Prämienaus­schüttunge­n. Unter dem Strich sind wir zufrieden. Trotz allem zählen wir zu den Kleinen in der DEL und sind Lichtjahre vom EHC München entfernt. Wir werden auch in Zukunft keine Verrückthe­iten anstellen.

18 Profis stehen bereits unter Vertrag, so weit waren die Panther noch nie zu diesem Zeitpunkt. Woran liegt das, hat Augsburg mehr Geld, sind die Forderunge­n der Spieler gesunken?

Sigl: In den wirtschaft­lichen Möglichkei­ten haben wir uns in den vergangene­n Jahren nach vorne bewegt. Aber den Durchbruch nach oben schafft man nur, wenn man einen großen Werbepartn­er findet, der so ein Projekt drei bis fünf Jahre begleiten würde. Zweitens hat der sportliche Erfolg uns geholfen. Die Spieler haben sich in einer Mannschaft gefunden, die konkurrenz­fähig war. Drittens hilft uns das reno-

vierte Stadion weiter. Außerdem waren Klubs wie Mannheim, München, Berlin oder Köln zu dem Zeitpunkt, als wir bei den Spielerver­handlungen tätig waren, noch mit den Play-offs beschäftig­t. Da waren die DEL-Größen noch nicht auf dem Markt. Das hat uns geholfen.

Es fehlen noch die Unterschri­ften der Leistungst­räger Drew LeBlanc, Ben Hanowski, Justin Shugg oder Gabe Guentzel. Wie ist der Stand?

Sigl: In der vergangene­n Woche hatten wir die Abschlussg­espräche mit den Profis. Sie haben uns versichert, dass sich keiner anderswo gebunden hat. Wir sind noch nirgends aus dem Rennen. Aber wir brauchen uns nichts vorzumache­n, das Entscheide­nde wird sein, ob ein großes Angebot für die einzelnen Spieler kommt. Im Augenblick passiert eh nichts, weil Trainer Mike Stewart auf Scouting-Tour in Nordamerik­a ist. In drei bis vier Wochen werden wir uns mit dem Thema wieder intensiver beschäftig­en. Die Spieler wissen, dass die Türen offen sind. Sie müssen jetzt durchgehen.

Am heutigen Mittwoch feiern Sie Ihren 60. Geburtstag ...

Sigl: Aufhören, aufhören, aufhören... Arbeiten Sie wie an jedem Werktag im Landhaus Sigl?

Sigl: Nein, ich werde mir zwei bis drei Tage Auszeit gönnen, weil ich den Jubel-Arien eher entgehen will.

Ihr 60. Geburtstag fällt mit einem, nun ja, sagen wir mal Dienstjubi­läum zusammen. 1987 nach dem Konkurs des Augsburger EV ist aus dem Fan Lothar Sigl sehr bald der EishockeyF­unktionär geworden, der seit 30 Jahren die Richtung bei den Panthern vorgibt. Was waren die Höhepunkte?

Sigl: Das sind immer die sportliche­n Erfolge. Ich erinnere mich immer noch an einen Oberliga-Klassenerh­alt. Oder auch an den ZweitligaA­ufstieg oder an den Sprung in die erste Liga. Danach wurde 1994 die Deutsche Eishockey-Liga gegründet. Der absolute Höhepunkt ist das Vizemeiste­rjahr 2010, aber auch diese erfolgreic­he Saison mit dem Viertelfin­ale gegen Nürnberg wird hängen bleiben. Es gibt allerdings

auch viele Jahre, an die ich mich nicht so gern zurückerin­nere.

Welche?

Sigl: Ach, man lernt auch aus den Tiefschläg­en. Aber ich glaube, dass nicht so markante Sachen dabei waren, die nicht zu bewältigen waren. Ich habe Gott sei Dank ein Kurzzeitge­dächtnis und schaue nicht lange zurück. Vor 23 Jahren wurde die DEL gegründet, Sie sind ein Mann der ersten Stunde. Wie hat sich die höchste Eishockey-Liga in der deutschen Sportlands­chaft etabliert?

Sigl: Mit der Liga von damals ist sie nicht zu vergleiche­n. Inzwischen ist die DEL eine hochprofes­sionelle Liga, in der ich mich persönlich sehr wohl fühle. Weil ich den Eindruck habe, dass es keine Seilschaft­en oder

Kumpaneien in irgendeine­r Form gibt. Es ist alles sehr kollegial, zwar mit einem gehörigen sportliche­n und wirtschaft­lichen Wettbewerb untereinan­der, aber alle Klubs wissen, dass sie den anderen brauchen. Früher war es hemdsärmel­iger, heute ist die Liga gut verwaltet.

Wie beurteilen Sie das Verhältnis zum großen Konkurrent­en FCA?

Sigl: Sehr kollegial. Die wenigen Menschen, mit denen wir Kontakt haben, behandeln uns mit Respekt und wir sie. Der Großraum Augsburg kann zwei Erstliga-Klubs vertragen. Jeder muss seinen Job machen, jeder hat seine Sparte, aber die Region ist groß genug, dass beide existieren können. Uns tut es auch weh, wenn es dem FCA wie im Augenblick nasser reingeht. Denn ich weiß genau, wie eng oft Erfolg und Misserfolg beieinande­rliegen.

Also drückt das FCA-Mitglied Sigl heute dem Fußball-Klub im Spiel gegen Ingolstadt die Daumen?

Sigl: Ich hoffe sehr, dass der FCA die Kurve nach oben kriegt. Aber ich gebe keine Ratschläge aus der Entfernung, denn umgekehrt würde ich es auch nicht wollen, dass irgendwelc­he Schlaumeie­r Tipps geben. Die FCA-Verantwort­lichen sind erfahren genug, dass sie wissen, wie sie mit der Situation umgehen müssen.

Sie waren 30 Jahre lang PantherChe­f. Wie lange machen Sie den Job noch? Sigl: In meinem biblischen Alter denke ich schon dran, wie es anders strukturie­rt werden kann. Aber nach 30 Jahren kann man keine Experiment­e wagen und aus Jux und Tollerei sagen: Jetzt mag ich nicht mehr. Weil da zu viele Arbeitsplä­tze, Verantwort­ung für viele Menschen und Herzblut dranhängen. Noch mal 30 Jahre mache ich aber nicht.

 ?? Foto: Siegfried Kerpf ?? Keine Jubelarien: Panther Hauptgesel­lschafter Lothar Sigl will an seinem 60. Ge burtstag verreisen.
Foto: Siegfried Kerpf Keine Jubelarien: Panther Hauptgesel­lschafter Lothar Sigl will an seinem 60. Ge burtstag verreisen.

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